Von
Wissen/Unterhaltung zu offiziellem/populärem Wissen
John
Fiske, im Jahr 2000 emeritierter Professor für Kommunikationswissenschaft
an der Universität von Madison, Wisconsin, arbeitete auf dem
vielfältigen Feld der so genannten
Cultural
Studies, wie es sich ausgehend
vom Centre for
Contemporary Cultural Studies in
Birmingham entwickelt hatte. Er legte eine ganze Reihe von stark beachteten
Büchern (z. B.
Understanding
Popular Culture, 1989;
Reading the
Popular 1989;
Power Plays Power
Works, 1993;
Media
Matters, 1994) vor, in denen er (im
Anschluss an Stuart Hall, Michail Bachtin, Michel de Certeau und Michel
Foucault) eine eigenartige Konzeption der Populärkultur entwickelte –
und hat damit das Verhältnis von Wissen und Unterhaltung reformuliert. Sein
Ansatz unterscheidet sich z. B. von dem der kritischen Theorie oder
traditionellen Formen der Ideologiekritik. War dort das Feld der
Populärkultur im Wesentlichen ein Verblendungszusammenhang, durch den eine
Kulturindustrie eine ideologische Hegemonie über den Großteil der
Rezipienten errichtet, wird sie bei Fiske zum Ort diskursiver
Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Formen des Wissens. Er wird nicht
müde zu betonen, die Konsumenten populärer Kultur dürften nicht
einfach als ‚kulturelle Deppen‘ (Hall) abgetan werden. Im Gegenteil:
Die Populärkultur ist für Fiske gerade ein Ort, an dem eine Art lokale
Opposition, Entzug, Widerstand möglich wird. Diese These hat ihm scharfe
Kritik eingebracht. ‚Pointless Populism‘ wurde ihm von William R.
Seaman
vorgehalten
und Mas‘Ud Zavarzadeh spricht gar von einem „conservative [...]
postmodernism“.
Es klingt in den Ohren der
scientific
community schrill, wenn die
vermeintlich so trivialen und zugleich ideologischen Produkte der
Unterhaltungsindustrie in ihrer Aneignung als Populärkultur mit einem
Potenzial zum Widerständigen ausgestattet werden. Ja, schlimmer noch: Die
diskursive Formation, die man Wissenschaft zu nennen pflegt, droht bei Fiske
selbst auf die Seite des hegemonialen Wissens zu rutschen. Gerade dieser Aspekt
der Wissenschaftskritik bringt ihn in eine gewisse Nähe zu den Arbeiten von
Michel Foucault, insbesondere zu dessen Überlegungen in
L‘ordre du
discours.
Der Unterschied zwischen Wissen und Unterhaltung droht nicht nur zu
verschwimmen, die Wertungen scheinen sich geradezu umzukehren.
Fiske
vertritt jedoch
nicht
das den traditionellen Formen der Ideologiekritik einfach spiegelbildlich
entgegengesetzte Extrem, Populärkultur sei per se ‚subversiv‘
oder zumindest ‚frei‘ – eine Vorstellung, die man bisweilen im
so genannten Uses-and-Gratifications-Approach
findet.
Die Verkürzung von Fiskes Ansatz auf ein liberalistisches Modell, in
welchem die Machteffekte, die immer
auch
mit Populärkultur und ihrer
Rezeption verbunden sind, einfach vergessen werden, findet sich gelegentlich
auch in der deutschen
Rezeption.
Doch die Objekte und Produkte, aus denen die Populärkultur als
Aneignungsform
generiert wird, sind für Fiske immer Mischungen aus Hegemonie
und
Ansatzpunkten für Widerstand und
Entzug (I). Die beiden Pole, zwischen denen sich der Kampf um das Populäre
ereignet, benennt er mit den – vielleicht nicht ganz glücklichen
– Termini
power-bloc
(Machtblock)
und
the
people (die
Leute).
Diese flüssigen, beweglichen und nicht-soziologischen Formationen und die
ihnen von Fiske zugeordneten Wissensformen ‚offizielles‘ vs.
‚populäres‘ Wissen sollen in II. erörtert werden.
I.
Populärkultur. Fiske, der sich
selbst als „inveterate consumer of popular
culture“
bezeichnet, beginnt seine Überlegungen mit der Annahme, dass jede Kultur
nur funktionieren kann, wenn es neben der sozio-ökonomischen und der
sexuellen auch eine
semantische
Reproduktion der tragenden Bedeutungen
gibt. Diese Reproduktion und Zirkulation von Bedeutungen, analog der Zirkulation
der Waren, generiert das Selbstverständnis einer Kultur und damit auch die
sozialen Identitäten der Einzelnen: „Culture is the constant process
of producing meanings of and from our social experience, and such meanings
necessarily produce a social identity for the people
involved.“
Folglich gibt es in jeder Gesellschaft soziale Auseinandersetzungen, nicht nur
um materielle Ressourcen (z. B. Lohnkämpfe), sondern auch um
Bedeutungen, denn „[a]ny social system needs a cultural system of meanings
that serves either to hold it in place or destabilize it, to make it more or
less amenable to
change“.
Die hegemonialen gesellschaftlichen Diskursformationen, der
‚Machtblock‘, versuchen die Bedeutungen durchzusetzen, die der
Aufrechterhaltung des Status quo dienen. Wie funktioniert das? Indem den
kulturell zirkulierenden Produkten diese Bedeutungen eingeschrieben werden:
„The resources – television, records, clothes, video games, language
– carry the interests of the economically and ideologically dominant; they
have lines of force within them that are hegemonic and that work in favor of the
status
quo.“
Die Waren bzw. Texte transportieren systemkonforme
Bedeutungen
von Selbst, Gesellschaft, Mann, Frau, Kultur, Natur etc. und versuchen diese
gleichsam den Nutzern nahe zu legen – soweit nichts Neues. Da jedes
gesellschaftliche Handeln an ein implizites Bild von der Gesellschaft und der
eigenen Position in ihr gebunden ist, beeinflussen die dominanten (oder
hegemonialen) Bedeutungen das Handeln der Einzelnen. Vornehmlich durch die
Strategie der Naturalisierung, also dem Verfahren, historisch gewachsene,
kulturspezifische, mithin veränderbare Ungerechtigkeiten, Ausschlüsse,
Grenzziehungen als
natürlich,
d. h. als unveränderbar darzustellen, wird die Permanenz einer gegebenen
Struktur
aufrechterhalten.
Und umgekehrt setzt jede abweichende, oppositionelle Haltung bis hin zur
makropolitischen Ebene einer revolutionären Verschiebung des
gesellschaftlichen Gefüges voraus, dass die Bedeutungen, die den Status quo
als ‚natürlich‘, dem ‚gesunden Menschenverstand
entsprechend‘, ‚gottgewollt‘, folglich schlicht als
unveränderbar ausweisen, zunächst verändert werden. Jedem
konkreten politischen oder sozialen Kampf geht also notwendig ein semiotischer
Kampf voraus.
Fiske
stellt zwei fundamentale Fragen an traditionelle,
‚manipulationistische‘ Ansätze. Einerseits weist er auf einen
einfachen Sachverhalt hin: Die Notwendigkeit einer ideologischen Hegemonie und
mithin der Einschreibung hegemonialer ‚lines of force‘ in die
Produkte ergibt sich nur, wenn auch Widerstand gegen die Hegemonie vorhanden
ist: Macht und Herrschaft kann es wohl nur dort geben, wo auch Rebellion und
Entzug zu finden sind. Dieses differenzielle, von Foucault hergeleitete
Machtverständnis
impliziert die Kontamination jeder Hegemonie durch Spuren des Widerstands (und
umgekehrt): „Resistance is not an essence, but a relationship, and both
sides of the relationship must be contained within its
practice.“
So betrachtet müssen schon die Produkte von konfligierenden,
oppositionellen Linien durchzogen sein. Andererseits stellt sich die simple
Frage, wieso manche Produkte sehr populär werden und manche nicht:
„[I]t is the people who finally choose which commodities they will use in
their
culture“.
Daraus folgt: „If the cultural commodities or texts do not contain
resources out of which the people can make their own meanings of their social
relations and identities, they will be rejected and will fail in the
marketplace. They will not be made
popular.“
Die Rezipienten versuchen ihre Identität, ihren evtl. Ausschluss aus
bestimmten gesellschaftlichen Bereichen, ihre Lage mit Sinn zu versehen, sich
selbst transparent zu machen, indem sie die Produkte nehmen und daraus die
Bedeutungen
‚basteln‘,
die für ihr semiotisches Überleben notwendig sind. Und Produkte, die
keine Potenziale liefern, aus denen ‚die Leute‘ (je nach Praxis)
ihre
Bedeutungen machen können, scheitern einfach deshalb, weil eine solche
Produktion für die Alltagsvollzüge notwendig ist und mithin
Lust
[pleasure] bereitet: „Semiotic
resistance results from the desire of the subordinate to exert control over the
meanings of their lives, a control that is typically denied them in their
material social
conditions.“
Auch hierin folgt Fiske Foucault, schrieb dieser doch, dass es eine Lust
gäbe, „sich zu zeigen, einen Skandal auszulösen oder Widerstand
zu
leisten“.
Fiske liefert in detaillierten Einzelanalysen viele Beispiele solcher
‚semiotischer
Guerillataktiken‘.
Er kann hier an empirische Studien anschließen: So kann die Lektüre
von Liebesromanen durch Hausfrauen keineswegs auf einen bloßen Eskapismus
reduziert werden – wie Janice Radway etwa gezeigt hat, sondern führt
durchaus zu veränderten Vorstellungen über das
Geschlechterverhältnis, welche wiederum auf die Alltagspraxis und die
innerfamiliären Machtkämpfe
zurückwirken.
Naheliegenderweise impliziert dieses Beispiel ein Modell
aktiver
Rezeption, das wenig gemein hat mit dem eines Textes, der seine dominanten
Ideologeme den Rezipienten einfach ‚aufzwingen‘ kann. Ein anderes in
den Cultural Studies stark untersuchtes Beispiel wären die zumeist mit der
Ausbreitung neuer popkultureller Musikstile verbundenen Fan-Zeitschriften
(Fanzines),
die oft mit einfachsten Mitteln hergestellt werden und sich stilistisch, aber
auch in ihren Distinktionskriterien von der ‚offiziellen‘
Musikindustrie und den von ihr vorgegebenen Kriterien abzusetzen suchen. Hier
wird die abweichende Bedeutungsproduktion zum Ausgangspunkt eigener
Textproduktion.
Ein vergleichbar gelagertes Beispiel ist das so genannte
slash
writing, welches in der
Star
Trek-Fankultur praktiziert wird. Die
Handlungen der populären Fernsehserie werden dabei umformuliert, ihre
Lücken aufgefüllt, etwa in der Weise, dass den zentralen Protagonisten
des SciFi-Abenteuers, Cpt. Kirk und Mr. Spock, eine homosexuelle Beziehung
angedichtet wird. Einerseits erzeugen sich so homosexuelle Fans der Serie ein
idealisiertes Bild einer toleranteren Zukunft, das als Korrektiv gegen die
alltäglich erfahrene Diskriminierung eingesetzt werden kann. Andererseits
wird diese Form subkultureller
Star
Trek-Pornographie interessanterweise
stark von Frauen verfasst, die damit ein symbolisches „retooling“
von „masculinity“
betreiben.
Es
geht bei Fiske folglich um eine Mikropolitik des Alltags-Lebens. Da sehr viele
verschiedene Situationen und Rahmenbedingungen der alltäglichen und
populären Lektüre gegeben sein können, ist Populärkultur
kein monolithischer, homogener Block, sondern eher ein heterogenes Feld sehr
verschiedener Aneignungen und Bedeutungsprozesse, denen als einziges gemeinsames
Merkmal zukommt, sich in Opposition zu hegemonialen Diskursen zu
formieren.
Selbstredend hat Fiskes Annahme einer potenziell renitenten Mikropolitik scharfe
Kritik ausgelöst. Er sehe nicht, dass solche lokalen ‚Ventile‘
nur dazu dienen, ‚Dampf abzulassen‘ und so im Ganzen
systemstabilisierend
seien.
Dagegen konzediert er aber durchaus, die Populärkultur sei ohne Zweifel nur
‚progressiv‘, insofern sie lokale Bedeutungsverschiebungen erziele,
aber nicht ‚radikal‘, weil sie keinen revolutionären Angriff
auf die systemische Gesamtstruktur zulasse. Jedoch wirft er seinerseits
kulturpessimistischen
Theorien erstens vor, sie
übersähen, dass erst die Veränderungen der Bedeutungen die Basis
für einen breiteren sozialen Kampf bereitstellen. Insofern können und
müssen
populärkulturelle Prozesse die semiotische Grundlage für
makropolitische Reformen oder gar Revolutionen liefern: „The interior
resistance of fantasy is more than ideologically evasive, it is a necessary base
for social
action.“
Zweitens wiederholten solche Theorien, wenn sie die Populärkultur abwerten,
nur die Delegitimationsstrategien, welche von dominanten diskursiven Allianzen
(power-bloc)
angewendet werden, um die „popular
(mis)uses“
und ihre Formen eines Gegenwissens für ungültig zu
erklären.
II.
Der Machtblock und die Leute: offizielles und populäres
Wissen. Fiske unterstreicht also die
Spannungen zwischen hegemonialen diskursiven Formationen, die ihre Bedeutungen
in die Produkte einschreiben, und potenziell subversiven Aneignungsformen dieser
Produkte. Populärkultur macht für ihn immer nur Sinn in diesem
Spannungsverhältnis. Daher seien jetzt die beiden Begriffe
power-bloc
(Machtblock) und
the people
(die Leute) genauer betrachtet, die
jene Pole benennen, zwischen denen der Bedeutungskampf der Populärkultur
stattfindet.
Die
Kategorien ‚Machtblock‘ und ‚die Leute‘ sind
nicht
als dichotomischer Gegensatz homogener und monolithischer Gebilde wie etwa
‚Bourgeoisie‘ vs. ‚Proletariat‘ zu verstehen. Schon
David Morleys Studie
The Nationwide
Audience von 1980 hatte im Anschluss an
Hall gezeigt, dass der Klassenzugehörigkeit keine spezielle Gewichtung bei
der Rezeption von Nachrichtensendungen
zukam.
Stuart Hall bemerkte denn auch: „The people versus the power-bloc: this,
rather than ‚class-against-class‘, is the central line of
contradiction around which the terrain of culture is polarized. Popular culture,
especially, is organized around the contradiction: the popular forces versus the
power-bloc.“
Der Machtblock ist also keine Personengruppe, die durch ein objektivierbares
soziales Merkmal, wie etwa den Besitz der Produktionsmittel, spezifiziert werden
kann.
Er ist eher eine Art Allianz hegemonialer diskursiver Kräfte –
unabhängig von den konkreten Personen, die zu einem gegebenen Zeitpunkt an
dieser Formation partizipieren: „A ‚bloc‘, as Gramsci
theorized it, is a welding together of different components for a specific
purpose and it must not be misconstrued as a ‚block‘, or solid
object.“
Eine gegebene Person kann zu bestimmten Zeiten am Machtblock teilhaben, zu
anderen Zeiten jedoch oppositionelle Taktiken verfolgen und damit Teil der
‚popular forces‘, – ‚der Leute‘ –
sein.
Und umgekehrt können auch populäre Praktiken, wie etwa das
erwähnte
Fanzine-Schreiben,
u. U. wiederum als zum Machtblock zugehörig wahrgenommen werden (etwa
wenn ein
Fanzine
ein anderes bezichtigt insgeheim den Kriterien der Plattenindustrie zu folgen).
Aber nicht nur auf der zeitlichen Achse kann eine Person vom Machtblock zu den
Leuten wechseln. Jede Person ist durch eine „nomadic
subjectivity“
gekennzeichnet, d. h. von verschiedenen Diskursen durchzogen: „Ein
Arbeiter kann sich mit den Interessen des Machtblocks in seinem
Geschlechterstandpunkt und mit den Interessen ‚der Leute‘ in seinem
Klasseninteresse
verbinden.“
Hier ist eine wichtige Präzisierung notwendig: Fiske nimmt an, dass eine
gegebene Person die Produkte rsp. Rezeptionsweisen wählt, die Lust
bereiten. Jedoch können Personen, die in einem gegebenen Kontext an den
dominanten Allianzen des
power-blocs
partizipieren, sehr wohl hegemoniale
Lust
empfinden: Lust –
pleasure
– ist also keineswegs in
essentialistischer Weise widerständig. Mithin ist, anders als Noël
Carroll glaubt, für Fiske Populärkultur nicht Widerstand
per
se (auch wenn es Äußerungen
von ihm gibt, die dieses Verständnis nahe legen könnten), sondern
vielmehr der Ort, an dem Widerstand und Beherrschung miteinander
ringen.
Es geht nicht darum, einer schlichten Repressionshypothese zu folgen. Mitnichten
unterdrückt ein finsterer
Machtblock
eine libertäre, authentische
Pop-Kultur, die ihm vorangeht und die es zu befreien gälte. Vielmehr
formieren sich die
formations of the
people nur im Gegensatz zum
power-bloc.
Fiske nennt die Widerstands-Taktiken der Populärkultur daher auch
bottom-up
power im Unterschied zur homogeneren
top-down
power des
Machtblocks.
Auch ‚die Leute‘ wollen Macht ausüben – nur ist dieser
Wille-zur-Macht eher auf die alltäglichen, konkreten Lebensumstände
gerichtet, statt auf die gesellschaftliche und diskursive Totalität:
„Top-down and bottom-up power do not operate in different spheres [...]
but are different directionalities of the same desire to control. Popular
formations and those of the power-bloc are not so much differently motivated as
differently
situated.“
Wie
können der Machtblock und seine Wissensform(en) näher bestimmt werden?
„The power-bloc consists of a relatively unified, relatively stable
alliance of social forces – economic, legal, moral,
aesthetic.“
Der Machtblock wird als ‚relativ‘ homogenes Bündnis bestimmt,
welches verschiedene Mittel vorrangig für das Ziel der Reproduktion der
gegebenen sozialen und ideologischen Strukturen mobilisiert. Die
fließenden, sich situational und kontextuell bildenden Konstellationen des
Machtblocks produzieren eine bestimmte Form des Wissens. Beherrschbar ist etwas
nur dann, wenn genug Wissen vorliegt. Insofern spricht Fiske auch von
„imperializing
knowledge“,
um den expansiven Charakter dieses Wissens zu betonen, das stets voranschreitet,
um idealiter alles kontrollierbar zu machen. Fiske nennt es das
„offizielle
Wissen“.
Es ist die Wissensform der Wissenschaft – die sich von den Quarks bis zu
den Sternen und überdies in jedem kulturellen Bereich auszubreiten sucht.
Seine Expansion rechtfertigt es mit seiner Fähigkeit, die Wahrheit zu
sehen:
Diejenigen
Wissensformen, die [...] über instrumentelle Macht verfügen,
verstecken den politischen Nutzen ihres Wissens hinter einer Rhetorik der
Objektivität: dadurch werden die Wahrheiten deplaziert und in einer
äußerlichen Natur oder Realität verortet, statt in der Macht
jener, die sie produzieren oder gebrauchen. In dem Maße, in dem die
jeweilige Wissensform in dieser Hinsicht effizient ist (im allgemeinen ist diese
Effizienz praktisch total), naturalisiert sie diese Macht, indem sie sie nicht
als einen Effekt der Geschichte der Herrschaft darstellt, sondern sie vielmehr
als das Resultat der Fähigkeit, die Wahrheit zu sehen,
verkauft.
Diese
Naturalisierung funktioniert über die „fundamentale epistemologische
Macht [...], zwischen dem Realen und dem Irrealen die Grenze“ zu ziehen
und diese zu bewachen. Dabei ist es keineswegs so, dass diese Grenzziehung zwei
gleichgestellte Segmente trennt. Vielmehr ist die eine Seite die
‚Wahrheit‘, das ‚Wirkliche, die ‚Fakten‘, das
‚Natürliche‘, aber auch das ‚Schöne‘, das
‚Künstlerische‘ und das ‚kulturell Wertvolle‘,
während das, „[w]as sie aber ausschließt (z. B. intuitives
Wissen) [...], per definitionem als unwirklich abgetan
werden“
kann: als ‚Unwahres‘, bloße ‚Einbildung‘,
‚Wahnsinn‘, ‚Kitsch‘ oder als ‚Fiktion‘:
„So verwendet das herrschaftliche Wissen häufig solche Begriffe wie
‚abergläubisch‘, ‚unbewiesen‘,
‚unwissenschaftlich‘, um andere Wissensformen zu diskreditieren
[...] Andernorts pathologisiert es diejenigen, die unterschiedliche
Wissensformen anwenden, als Opfer ihrer eigenen wunscherfüllenden oder
kompensatorischen
Phantasien.“
Was
sind diese ‚unterschiedlichen Wissensformen‘, die Fiske auch als
‚populäres Wissen‘ bezeichnet? Es sei ein Beispiel betrachtet:
Ein Artikel in der
Weekly World
News behauptet, man habe einen Bomber
aus dem Zweiten Weltkrieg auf dem Mond entdeckt. Fiske bemerkt nun:
I
find great, but contradictory, pleasures in the report that a World War II
bomber has been photographed on the moon
(Weekly
World News, 5. April
1988). As an educated person rewarded with advantages of believing in a
scientific, empirical order of things, I take pleasure and power in
distinguishing myself from (inferior) systems of belief (i.e.,
„superstitions“) that contradict scientific „truth“ that
it is impossible for it to have got there. But at the same time, I have a
skepticism about „science“ [...] that finds pleasurable points of
pertinence in apparent facts that lie beyond its explanatory ability and
therefore discursive power. [...] I enjoy being able to establish, momentarily,
my difference from „the system“ by being able to say, „They
can‘t explain everything, they don‘t know everything, they want to
repress that which they can‘t explain, because what they can‘t
explain is what escapes their power.“ [...] [T]he moonstruck bomber
becomes a metaphor for the social experiences of the subordinate that lie
outside the meanings (and power) offered by the dominant discourses. [...] The
story allows me pleasure of understanding science in my (popular) terms –
that is, as a system of power – not in its own dominant terms, as a system
of nonsocial, nonpolitical truths grounded in nature and thus objective,
universal, and
unchallengeable.
Es
handelt sich beim populären Wissen also um Wissensformen, die Anspruch auf
Zusammenhänge erheben, die die herrschenden Formationen nicht erklären
können (oder wollen). Es ist ein
„Gegenwissen“,
ein
„Gegen-Diskurs“.
So erkläre sich die große Popularität von
‚abergläubischen‘ Wissensformen wie der Astrologie oder der
Numerologie.
Da die populären Wissensformen nur in Differenz zum Machtblock bestehen,
können sie sich aber niemals von der Stimme des Machtblocks, der sie als
‚irreal‘, ‚abergläubisch‘, ‚unsinnig‘
benennt, lösen. Insofern tendiert das populäre Wissen zur
Heteroglossie
oder zur
Multiakzentualität,
wie Fiske im Anschluss an Bachtin formuliert.
Ein
‚reines‘ populäres Wissen kann es – zumindest
in
den Dingen – nicht geben. Potenziell populäre Produkte können
nur Mischformen sein. So unterscheidet Fiske den
Medienpopulismus
von den populären Wissensformen der Leute. Während Populärkultur
als das gelebte Feld latent widerständiger Bedeutungsproduktion verstanden
werden kann, ist jeder Text, den man analysieren könnte,
medienpopulistisch, insofern er stets zwischen den ‚lines of force‘
des Machtblocks und den populären Anschlusspunkten vermitteln
muss:
„Der Populismus mag zwar eine Strategie des Machtblocks sein, mit deren
Hilfe das Populäre ausgebeutet werden soll; Erfolg kann diese Strategie
aber nur dann haben, wenn sie dem Populären irgendeinen Raum für
dessen eigene Entfaltung bietet.“ Dieses Verschwimmen des
‚offiziellen‘ und des ‚populären‘ Wissens im
Medienpopulismus trägt dazu bei, die „Grenzen zwischen dem Realen und
dem Irrealen zu zerstören und sowohl die Hierarchie des Wissens als auch
die gesellschaftlichen Unterschiede abzubauen, die durch diese Grenzen
aufrechterhalten
werden“
– daher können medienpopulistische Texte so populär
sein.
Ein
wichtiger Aspekt des populären Wissens – und allgegenwärtig in
medienpopulistischen Texten – ist die
Verschleierung
[the cover-up]. „Das Volk des Populären lebt im Zeitalter der
Verschleierung“.
Zwar wird durch die Formationen des Machtblocks ‚Wahrheit und
Realität‘ erzeugt und die vollständige Kontrolle der Welt durch
das instrumentelle Wissen angestrebt; zwar wird alles als irreal und unsinnig
zurückgewiesen, „was es da Gewalttätiges, Plötzliches,
Kämpferisches, Ordnungsloses und
Gefährliches“
(angeblich) gibt. Doch auf diese Diskreditierung und Delegitimation der
populären Formen des Wissens antworten die Leute mit der These von der
Verschleierung: Der
Machtblock will alles, was er nicht erklären kann, systematisch vertuschen,
um nichts zuzulassen, was seine epistemologische Macht gefährden
könnte. Die Popularität von
‚Enthüllungsberichten‘ über ‚vertuschte‘
UFO-Phänomene (z. B. Roswell 1947); über
‚vorgetäuschte‘ Todesfälle (Paradebeispiel ist
natürlich Elvis – während das ‚offizielle‘ Wissen
seinen Tod weiß, wissen viele Fans: ‚Der King
lebt‘);
oder gar über die zahlreichen Verschwörungen, die
‚wirklich‘ zum 11.9.2001 geführt haben, besteht genau darin,
dass diese Berichte den Leuten die Gelegenheit geben, das ‚offizielle
Wissen‘, das ‚sie‘ ‚uns‘ weismachen wollen, in
Frage zu stellen. Im Prinzip handelt es sich um eine originelle Umkehrung der
traditionellen Konzeption von Ideologie. Diese war ‚falsches
Bewusstsein‘, also eine (mentale) Missrepräsentation der faktischen
sozialen Gegebenheiten mit dem Zweck, die partikularen Interessen einer
herrschenden Klasse als Allgemeinwohl zu verschleiern – in dieser
Konzeption darf die Verschleierung als solche nicht bewusst werden. Folglich
wurde die Funktion jeder kritischen Theorie darin gesehen, die Verschleierung
als
Verschleierung sichtbar zu machen. In
Fiskes Theorie ist die Verschleierung ganz im Gegenteil die
Unterstellung
der Leute, dass ‚sie‘
– der
power-bloc
– etwas verschleiern wollen:
‚Wir‘
jedoch wissen es besser und glauben ‚ihnen‘ kein
Wort.
III.
Fazit. Das populäre Wissen ist
also ein Gegenwissen, das nur auf Grund der Opposition zum ‚offiziellen
Wissen‘, zu dem das wissenschaftliche und technische Wissen gehören,
existiert. In den medienpopulistischen Texten ist das ‚offizielle
Wissen‘ stets mit populären
„Widerstandspunkten“
heteroglossisch überlagert. Fiskes Modell schließt in der
Schwerpunktsetzung auf delegitimierte Wissensformen an Foucault an. Dieser
betonte 1976:
Zum
anderen glaube ich, daß man unter unterworfenem Wissen etwas anderes und,
in gewissem Sinne, völlig anderes verstehen muß: eine ganze Reihe von
Wissensarten, die als nicht sachgerecht oder als unzureichend ausgearbeitet
disqualifiziert wurden: naive, am unteren Ende der Hierarchie, unterhalb des
erforderlichen Wissens- oder Wissenschaftlichkeitsniveaus rangierende
Wissensarten. Und gerade über diese aus der Tiefe wiederauftauchenden
Wissensarten (das Wissen des Psychiatrisierten, des Kranken, des
Krankenwärters, das des Arztes – das jedoch parallel und marginal zum
Wissen der Medizin besteht –, das Wissen des Delinquenten usw.), die ich
als Wissen der Leute [!] bezeichnen würde und die nicht zu verwechseln sind
mit Allgemeinwissen oder gesundem Menschenverstand, sondern im Gegenteil ein
besonderes, lokales, regionales Wissen, ein differentielles, von anderen Wissen
stets unterschiedenes Wissen darstellen, das seine Stärke nur aus der
Härte bezieht, mit der es sich allem widersetzt, was es umgibt [...],
erfolgte die
Kritik.
Fiske
erweitert dieses ‚Wissen der Leute‘ um eben jene Dimensionen der
Wissens- und Bedeutungsproduktion, die sich in der Aneignung massenkultureller
Waren, die so populäre Produkte werden (können), abzeichnet. Fiskes
Ansatz ermöglicht es, die Popularität solcher Phänomene wie UFOS,
Verschwörungstheorien über Kennedy etc. zu erklären und zu
begreifen, inwiefern diese widerständige
Potenziale
enthalten (und das heißt nicht:
per
se widerständig sind). Zugleich
damit wird Wissenschaft zum Teil der diskursiven Konflikte, in denen sich
‚offizielle‘ und ‚populäre‘ Weisen die Welt zu
wissen, begegnen. Gerade die tendenzielle Ausweitung dieser Kritik auf
Geisteswissenschaften droht Fiskes Ansatz in die Fallen eines performativen
Selbstwiderspruchs hineinzuziehen. Wie kann man die Macht der Wissenschaft, und
auch der Geisteswissenschaften, die ‚Wahrheit‘ sagen zu dürfen,
in Zweifel ziehen oder als diskursive Hegemonie denunzieren, ohne den Anspruch
auf die richtige und wahre Erfassung genau dieser Sachverhalte selbst in Frage
zu stellen?
Hier
scheint – bliebe man Fiske treu – letztlich nur ein taktisches
Vorgehen ohne definitive Antworten, ein Anwenden
und
ein Kritisieren hegemonialen Wissens je nach spezifischen Kontexten eine
Lösung darzustellen. Mit dem und gegen den wissenschaftlichen Diskurs ginge
es also darum, „lokale, diskontinuierliche, disqualifizierte Wissensarten
ins Spiel zu bringen, die nicht legitimiert sind gegenüber der
einheitlichen theoretischen Instanz, die den Anspruch erhebt, sie im Namen eines
wahren Wissens und der Rechte einer Wissenschaft, die sich im Besitz von
irgendjemand befände, zu filtern, zu hierarchisieren und zu
klassifizieren.“
Foucault hat die Verfahren, mit denen er dieses Ins-Spiel-bringen zu
bewerkstelligen versuchte, die ‚Genealogien‘, als
‚Anti-Wissenschaften‘ bezeichnet, die „gegen die
Machtwirkungen eines als wissenschaftlich angesehenen Diskurses den Kampf
führen“
sollen. Wissenschaft müsste sich also bei jeder Kritik an anderen
Wissensformen – etwa in der Kritik am ideologischen Charakter der
‚Unterhaltung‘ – zugleich in Selbstkritik üben, will sie
nicht die asymmetrischen Strukturen, die sie ggf. angreift, selbst einfach
verdoppeln. Sie müsste sich so gesehen in eine „lokale und regionale
Praxis“
verwandeln.
Für
das Feld der Literaturwissenschaft zeichnen sich mindestens zwei miteinander eng
verknüpfte Konsequenzen ab: erstens die Verschiebung von der Frage nach der
Bedeutung und/oder der formalen Struktur eines Textes zu jener nach dem
Gebrauch
des Textes und zweitens damit eine Reformulierung der Differenz zwischen
‚hoher‘ und ‚trivialer‘ Literatur. Zum
ersten
Punkt: Wie schon gezeigt wurde, betont Fiske – im Anschluss an
Foucault,
aber auch an de
Certeau
– den eigensinnigen Gebrauch von Produkten für die Mikropolitik des
Alltags. Dasselbe dürfte für Texte gelten. Für Fiske wäre es
wohl nicht zentral, die formale Komplexität oder Schlichtheit und/oder die
semantische Fülle oder Armut eines Textes für einen, bei solchen
Analysen notwendig implizierten, ‚idealen‘ Leser zu beschreiben und
zu klassifizieren: „Durch die Analyse des Textes können wir zu
völlig falschen Interpretationen seiner Grenzen kommen. Akademische
Kritiker werden oft überrascht von der Art, wie Leute mit Texten
umgehen.“
Vielmehr wäre literatursoziologisch viel wichtiger, welcher Gebrauch
– also welche Bedeutungs- und Wissensproduktion – von Texten durch
ganz reale Leser in je spezifischen Kontexten und diskursiven Praktiken welche
Lust erzeugt: „Somit ist ein Text für mich nicht so sehr etwas
Bestimmtes, als vielmehr etwas, womit soziale Formationen etwas zu machen
versuchen. Und was sie damit machen, ist wichtiger als der Text
selbst.“
Das kann der Gebrauch von ‚trivialer‘ Literatur sein – wie in
dem schon genannten Beispiel der Lektüre populärer Liebesheftchen
durch Hausfrauen. Es könnte aber auch der Gebrauch hoch literarischer Werke
z. B. durch Literaturwissenschaftler sein – die durch die Erzeugung
von Distinktion (im Sinne Bourdieus) Lust an eben jener Differenz erzeugen. Die
Betonung des Gebrauchs führt also
zweitens
dazu, die institutionell durch einen
vorausgesetzten Kanon reproduzierte Differenz von ‚hoher‘ und
‚niederer‘ Literatur (bzw. Kunst) tendenziell als zweitrangig
anzusehen. In diesem Sinne kritisiert Fiske das, was er – vielleicht
verkürzend – ‚Ästhetik‘ nennt, als
disziplinatorisches System, das in der Konzentration auf die textuelle Struktur
die „multiplicity of functions [...] the same text can perform as it is
moved through different allegiances within the social
order“
verwischt: Textimmante oder auch nur textzentrierte Analysen jeglichen
Zuschnitts verbindet so gesehen die
Verdrängung
des Gebrauchs zur Errichtung angeblich
ontologischer Differenzen zwischen ‚Hoch‘- und
‚Populärkultur‘.
Offenkundig
lässt sich dieses Konzept gut an die literaturwissenschaftliche Diskussion
um die so genannte triviale Literatur anschließen, sofern diese Diskussion
nicht von vorneherein auf die Delegitimation und Verurteilung der trivialen
Literatur abzielt. Helmut Kreuzers gerade darin bedeutender Aufsatz zur
‚Trivialliteratur als Forschungsproblem‘ endet mit dem Befund:
Die
Dichotomie von Kunst und Kitsch, Dichtung und Trivialliteratur hält einer
objektiven Analyse nicht stand[.] [...] Der Begriff Trivialliteratur ist jedoch
wissenschaftlich sinnvoll unter historisch-geschmackssoziologischem Aspekt zur
Bezeichnung der Literatur unterhalb der literarischen Toleranzgrenze der
literarisch maßgebenden Geschmacksträger einer
Zeit.
Fiske
würde diesem Ergebnis sofort zustimmen – und die Begriffe der
‚literarischen Toleranzgrenze‘ und der ‚literarisch
maßgebenden Geschmacksträger einer Zeit‘ wären mit dem
hier vorgestellten Vokabular reformulierbar. Die ‚literarische
Toleranzgrenze‘ wäre formulierbar als jenes ‚offizielle
Wissen‘ von der Literatur, welches alternative literarische Formen bzw.
Gebrauchsweisen ggf. delegitimiert. Und in diesem Feld des mikro- und vielleicht
auch makropolitischen Kampfes wären die ‚literarisch
maßgebenden Geschmacksträger einer Zeit‘ relativ leicht eben
als jener literaturwissenschaftliche Diskurs dechiffrierbar, der die
‚Wahrheit‘ der Literatur aussagt und so etwa als
‚trivial‘ vorausgesetzte Texttypen einer textuellen Schließung
zu unterwerfen versucht: Eine solche Literaturwissenschaft würde
paradoxerweise den Gegenstand einer ‚trivialen‘ und gehaltlosen
Literatur durch ihre Operationen erst erzeugen. Eine Literaturwissenschaft
hingegen, die sich in eine ‚lokale und regionale
Praxis‘ verwandelte, wäre
wohl eine, die nicht mehr Qualitätskriterien von Texten, sondern den
lokalen und regionalen Gebrauch, die je verschiedenen „Rolle[n] und
Funktion[en]“ von Textformen in verschiedenen Formen des
„literarischen
Lebens“
beschriebe. Fiske würde allerdings deutlich stärker als Kreuzer
hervorheben, dass es nicht so sehr um „Literatur als
Information“
im Rahmen eines symmetrischen Kommunikationsmodells geht, was noch immer einen
objektivierbaren Wissenskern der Texte unterstellte, sondern um Literatur
(gleich ob ‚trivial‘ oder ‚hochkulturell‘) als
Ressource
zur Produktion eines an die je konkreten mikropolitischen Gegebenheiten
angepassten Wissens. Und so zu fragen hieße auch, nicht die
„Spiegelung gesellschaftlicher Verhältnisse in den verschiedenen
Formen und Typen trivialer
Literatur“
zu untersuchen, sondern die Konflikte um Bedeutungen, um die Grenzziehung
zwischen ‚richtigem‘ (lies: offiziellem) Wissen und
‚bloßer Unterhaltung‘ als Teil der Bedeutungszirkulation,
durch die ‚gesellschaftliche Verhältnisse‘ erst entstehen, zu
begreifen.
Ob
Fiskes Reformulierung der Dichotomie von Wissen und Unterhaltung zu der mobilen
und transitorischen Differenz von offiziellem und populärem Wissen mit
ihren durchaus problematischen Konsequenzen zu überzeugen vermag, sei
dahingestellt. Jedoch hat sie eine intensive Diskussion darüber
ausgelöst, ob die pauschale Abwertung oder die pauschale Aufwertung alles
Populären je allein tragfähig sind.
Anschrift des Verfassers: Dr. Jens Schröter, FK
615 „Medienumbrüche“, Universität Siegen,
Arthur-Woll-Haus, Am Eichenhang 50, D–57068 Siegen
Vgl. Michel Foucault: Der maskierte Philosoph. Gespräch mit Christian
Delacampagne. In: K. Barck
u. a.
(Hrsg.): Aisthesis – Wahrnehmung heute oder Perspektiven einer anderen
Ästhetik, Leipzig 1990, S. 10: „Man beklagt sich immer, dass die
Medien die Leute manipulieren. Etwas Menschenverachtung steckt in dieser
Vorstellung. Demgegenüber glaube ich, daß die Leute reagieren; je
mehr man sie überzeugen will, desto mehr stellen sie sich Fragen. Der Geist
ist nicht weich wie Wachs. Er ist eine reaktive Substanz.“
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