Und diese längste Sequenz ist die einleitende, in der der
Protagonist im Museum vor 6 Bildern Van Goghs hin- und herschreitet. Ganz zu
Beginn wird ein Selbstportrait Van Goghs (
Selbstportrait mit Palette,
August/September 1889) dargestellt. Hier interessieren nicht so sehr die
Konnotationen von Auktorialität, die ein solches Selbstportrait aufruft,
sondern vielmehr, dass der Frame oben und unten exakt mit dem massigen Rahmen
des Bildes abschließt. Dann – nach einigen Sekunden – tritt
rechts der Protagonist ins Bild und nimmt genau den Raum zwischen Bildrahmen und
Frame ein, wodurch der Raum zwischen der Grenze des Gemäldes und der Grenze
des Filmbildes unterstrichen wird (Abb. 2). Wieder vergehen einige Sekunden und
das mutmaßliche
alter ego Kurosawas geht nach links aus dem Bild,
die Kamera fährt mit, das Selbstportrait ‚verlässt‘ rechts
das Filmbild und das nächste Gemälde Van Goghs (
Die
Sternennacht, Juni 1889) kommt in den Blick. Genau derselbe Vorgang wird mit
zwei weiteren Bildern wiederholt. Offenkundig wird hier die Differenz zwischen
zwei verschiedenen Typen von Bildbegrenzungen inszeniert: Nämlich die
zwischen dem Rahmen des Gemäldes, der den Bildinhalt fest
einschließt, und dem Frame des Filmbildes, der als mobiler Ausschnitt
einer größeren Totalität operiert. Es geht um die Differenz
zwischen – wie André Bazin es formulierte –
cadre und
cache.
[14] Doch trotz dieser
Differenz hinsichtlich der ‚seitlichen‘ Bildbegrenzung teilen
Malerei und Film (und auch Fotografie etc.) aber die Eigenschaft, dass die
‚vordere‘ Bildbegrenzung unüberschreitbar ist – niemand
kann in den Bildraum oder in die Diegese eindringen.
Genau das wird in der
Exposition thematisiert, denn am Ende der beschriebenen Kamerabewegung nach
links steht der Protagonist vor dem
Getreidefeld mit Raben, welches durch
den dargestellten Feldweg in die Tiefe des Bildraums den Betrachter zum
(unmöglichen) Betreten auffordert (Abb. 3). Und kaum dass der Protagonist
dieses Gemälde betrachtet hat, fährt die Kamera nach rechts und
zurück und gibt schließlich den Blick auf drei der Gemälde frei
(Abb. 4), d.h. der filmische Blickpunkt kann zurückfahren ohne die
‚vordere‘ Bildbegrenzung zum Betrachter hin zu durchstoßen.
Die Betonung der Unberührbarkeit des Bildraums ist eigentlich eine
Platitüde – wäre da nicht eben jene mit dem Aufkommen der
Virtuellen Realität um 1990 neu aufgeflammte Idee, die Bilder
könnten durch die neuesten Medien eben doch betretbar werden. Und exakt das
geschieht in der
Krähen-Episode ja auch.
Als nach 1‘37 der
erste Schnitt die lange Exposition der Rahmungs-Problematik unterbricht und
einen weiteren, spezifisch filmischen Rahmungstyp – den Schnitt –
einführt, geschieht das, um das vorher schon en passant gezeigte Bild
Die Brücke von Langlois bei Arles mit Wäscherinnen (März
1888) und den Protagonisten, der wieder genau zwischen
cadre und
cache positioniert ist, hervorzuheben: Nicht zufällig hat Kurosawa
ein Bild ausgewählt, das motivisch eine Brücke zeigt – also eine
Technik zur Überwindung einer Barriere. Denn durch dieses Bild tritt der
Protagonist in den Bildraum ein.
Sequenz 2 1‘48: Eintritt,
Bewegung, Japonismus und die RasterungNun sind wir also im Bild. Ein
weiterer Schnitt beendet die Exposition und wir sehen eine recht genaue
Nachstellung der
Brücke von Langlois. Zunächst steht das Bild
jedoch still, nach einigen Sekunden ertönt Klaviermusik und dann erst setzt
es sich in Bewegung. Offenkundig wird hier also die Differenz zwischen
cadre und
cache erneut hervorgehoben, indem die Differenz zwischen
dem statischen und dem bewegten – durch die Musik explizit verzeitlichtem
– Bild inszeniert wird. Doch zugleich geht es hier um ein Bild, das
jenseits des unbetretbaren Filmbildes steht, denn der Protagonist kommt von
links
in das Bild und beginnt seine Reise. Abb. 5 zeigt den Moment, in
dem er die sonst für immer unansprechbaren Wäscherinnen – quasi
interaktiv – begrüßt und nach dem Aufenthaltsort Van
Goghs fragt. Wenn das Virtuelle definiert werden kann als die Eröffnung der
Möglichkeit „mit Objekten zu interagieren, die nirgendwo
außerhalb der Kommunikation existieren – die also nur als Zeichen
existieren“
[15], dann handelt
es sich bei der Darstellung einer Plauderei mit
gemalten
Wäscherinnen um die Inszenierung eines virtuellen Raums. Darauf wird
zurückzukommen sein.
Zunächst weiter zu Abb. 5: In dieser
Einstellung findet sich die für Kurosawa typische Dialektik von Fläche
und Tiefe.
[16] Das rechte
Bilddrittel zeigt den Durchblick in die Tiefe hinter der Brücke, zugleich
ist es in drei klar getrennte Streifen – oben Himmel mit der
geometrisierenden Konfiguration der Brücke, in der Mitte das entfernte Ufer
und unten das Wasser – geteilt. Die linken zwei Drittel des Bildes zeigen
die Wäscherinnen vor der jeden Blick in die Tiefe verstellenden und zudem
in offenbarer Anlehnung an Van Goghs Malstil auffällig kolorierten Mauer,
zur Linken steigt in einer Diagonale das Ufer an. Die Mauer dient aber nicht nur
zur Inszenierung des Gegensatzes von Fläche und Tiefe; oder der
Inszenierung eines ‚Stils Van Goghs‘. Sie spielt mit den
gefärbten einzelnen Steinen auch auf die aus farbigen Bildelementen
aufgebauten Bilder an – und das sind eben nicht nur die pointillistischen,
impressionistischen und post-impressionistischen (wie Van Goghs) Gemälde
des späten 19. Jahrhunderts. Es sind auch die hybriden Bilder schon des
Fernsehens und Videos und vor allem die digitalen Bilder, insofern diese aus
einzeln adressierbaren Bildpunkten
bestehen.
[17] Kurz nach seinem
Gespräch mit den Wäscherinnen geht der Protagonist die Böschung
hoch und nochmals wird die ‚gepixelte‘ bzw. gerasterte Mauer
unübersehbar in den Blick gerückt (Farbtafel I).
Van Gogh hatte
nur kurz vor der Anfertigung der
Brücke von Langlois drei Kopien
japanischer Holzschnitte (bzw. derer Reproduktionen) hergestellt, indem er die
Vorlage rasterte, ein vergleichbares Rastermuster auf die Leinwand malte und so
das Bild übertrug.
[18] Die
Rasterung des Bildes, die heutigem Bildscanning noch immer zugrunde liegt, war
Van Gogh also tatsächlich bekannt. Überdies weist diese Vorgeschichte
auch darauf hin, dass das Gemälde als interkulturelle Brücke zwischen
europäischer Moderne und japanischer Bildlichkeit (genauer: einem in der
japanischen Bildtradition wichtigen
reproduzierbarem Bild, dem
Holzschnitt) verstanden werden kann. Folglich heißt es explizit zur
Brücke von Langlois: „In this painting, Van Gogh sought to
represent the Provencal landscape in the manner of a Japanese
woodcut“
[19] – dies
begründet nochmals die Wahl dieses Gemäldes durch Kurosawa, dessen
Arbeit ja selbst zwischen westlichen und japanischen Traditionen
steht.
Sequenz 3 2‘50: Malerei, die Farbe und die Suche nach dem
ZentrumDer Protagonist geht nun also an der Wand vorbei, dann
buchstäblich über die Brücke in die Bildtiefe hinein (eine
Verdoppelung seines Übergangs). In der folgenden Sequenz (ab
2‘50-3‘46), die insgesamt aus fünf Einstellungen besteht, eilt
er durch verschiedene fotografisch aufgenommene Landschaften bzw. an Scheunen
und Häusern vorbei. Die räumliche Kontinuität steht dabei nicht
im Vordergrund, vor allem die Farbigkeit ist als zentrales Stilmittel
herausgehoben. Rot, Blau und Gelb, also die Grundfarben der in der Malerei
gültigen subtraktiven Farbmischung dominieren (Farbtafel
II).
[20] Es scheint so, als seien
etwa die Scheunen und Häuser extra zu diesem Zweck angestrichen
worden.
[21] So wird weniger ein
konkreter Ort, sondern vielmehr eine dezidiert
malerische Atmosphäre
etabliert, die sonnendurchflutete, intensiv farbige Welt der Provence: Van Gogh
war im Februar 1888 nach Arles gekommen (später ging er nach
Saint-Rémy und Auvers-sur-Oise) und malte dort als eines der ersten
Bilder die eingangs diskutierte
Brücke von Langlois. Diese Sequenz
ist also eine Transition und bebildert die Suche des Protagonisten nach dem
Zentrum dieser malerischen Welt – oder wie Deleuze über Kurosawas
Kino bemerkte: „[M]an geht von allen verfügbaren Angaben aus [die
Hinweise der Wäscherinnen in der zweiten Sequenz, J.S.], um den
Aufenthaltsbereich der Unbekannten immer weiter
einzugrenzen.“
[22] Immer
tiefer taucht der Protagonist – quasi
immersiv – in die Welt
Van Goghs ein, sie wird durch ihr Kolorit bereits zur Kette potentieller
Gemälde und schließlich gelingt ihm die Ermittlung des
‚Aufenthaltsbereiches‘ desjenigen, um den sich jene Bildwelt zu
ordnen scheint: Wieder sieht er sich suchend um und entdeckt, dargestellt in
einer Totale, in der Ferne auf einem Kornfeld mit Heuhaufen eine winzige
Gestalt, von der die Betrachter schon zu diesem Zeitpunkt wissen, dass sie Van
Gogh (Martin Scorsese) sein muss (Abb. 6).
Sequenz 4 3‘47:
Film, das Maschinelle und die Kunst So kommen wir ins Zentrum der
Krähen-Episode. Die Totale zieht sich mit dem nächsten Schnitt
etwas auf Van Gogh zusammen – und von rechts kommt der Protagonist ins
Bild (Abb. 7). D.h. das Bild, das wir – etabliert durch den Blick des
Protagonisten – für einen
Point-of-View-Shot hielten, ist gar
kein solcher (mehr). Meines Erachtens ist diese Zurückweisung des
Subjektiven
[23] gerade am Beginn der
zentralen Sequenz der Episode ein Indiz dafür, die autobiographischen
Konnotationen nicht zu
überbetonen.
[24] Der
Bildraum zieht sich in den folgenden Einstellungen immer weiter um Van Gogh
zusammen. Zunächst wählt Kurosawa eine amerikanische
Einstellungsgröße. Der Protagonist nimmt Kontakt auf, kommt aber
über ein zögerliches „Sind Sie Vincent van Gogh?“ kaum
hinaus, denn der berühmte Maler beginnt sofort mit einem Monolog über
seinen Schaffensprozess. Wichtig ist dabei der Satz: „Ich treibe mich
vorwärts wie eine
Lokomotive.“
[25] In diesem
Moment erscheint ein Insert, das im Close-Up eine von rechts nach links das Bild
durchquerende Lokomotive zeigt (Abb. 8). Die nächste Einstellung zeigt Van
Gogh im Close-Up (Abb. 9) – blickend und
malend.
[26] Insgesamt
alternieren
[27] zwischen
5‘08-5‘27 vier solche Van Gogh-Einstellungen mit drei solcher
Lokomotiven-Inserts.
Zum Einen wird in dieser alternierenden Subsequenz, die
durch die rhythmische Anordnung der sowohl kürzesten als auch nahesten
Einstellungen (Kontraktion des Raums) in der ganzen Sequenz als Kern der Episode
hervorgehoben ist, in den Kern des künstlerischen Schaffensprozesses ein
maschinelles und automatisches Moment
eingeführt.
[28] Dieses
widerspricht dem gerade mit Van Gogh verbundenen expressionszentrierten und
interioristischen Künstlerbild. Die selbst rhythmische Rotation der
Räder der Lokomotive deutet dabei zunächst auf jene – eben nicht
mehr auf die Hand des Künstlers, wie sie in der Sequenz auch inszeniert
wird, rückführbare – Kunst mit Maschinen, die wir Kino
nennen.
[29] Dies wird dadurch
gestützt, dass
der zentrale Gründungsmythos des Kinos der
angebliche Ausbruch von Panik angesichts eines der ersten Filme überhaupt
ist; eines Films, in dem es um einen heranrasenden Zug geht – DIE ANKUNFT
EINES EISENBAHNZUGES IM BAHNHOF VON LA CIOTAT (Louis Lumière, F
1895).
[30]Im Lichte der
Zurückweisung des Subjektiven am Beginn der Sequenz; durch Rekurs auf den
Japonismus der
Brücke von Langlois, der selbst auf die mit
Rasterung, also einer ziemlich mechanischen oder besser:
algorithmischen
[31] Technik,
angefertigten Kopien japanischer Holzschnitte (selbst wieder eine
proto-maschinelle Drucktechnik) zurückzuführen ist und eben durch die
Anspielung auf den Ursprungsmythos des technischen Mediums Kino wird deutlich,
dass Kurosawa sich des irreduzibel Technischen in letztlich jeder Form der
Bildproduktion wohl bewusst war.
So gesehen ist die mit Trickeffekten
bewirkte diegetische Intrusion einer Figur in die Bildwelt Van Goghs, der ja
nicht zufällig von einem Filmregisseur gespielt wird, Metapher für das
– vielleicht von Kurosawa reflektierte – Versprechen einer
neuen
[32], digitalen Technik, die
nun wirklich und endlich den Bildraum in ein Raumbild verwandeln kann... Und
genau das inszeniert der Regisseur in der übernächsten
Sequenz.
Sequenz 5 5‘30: Fotografie/Film, der (Aus)Schnitt, das
Licht der Sonne und das AugeDie gesamte
Krähen-Episode
besitzt einen bewundernswerten symmetrischen Aufbau: Aus dem Museum in die
Landschaft, eine kleine Transition, und dann auf die Alterationssequenz Van Gogh
schaffend/Lokomotive und dann wieder eine kleine Transition 2, zurück in
die Landschaft und schließlich wieder zurück ins Museum. Bei der
Transition 2, die aus dem verdichteten Zentrum der Sequenz wieder
herausführt und insofern die erste Einstellung von Sequenz 4 spiegelt, sind
wir jetzt. Hier findet sich zwischen 5‘51 und 6‘39 die
zweitlängste Einstellung der gesamten Episode. Das ist vielleicht ein wenig
verwunderlich, denn der Höhepunkt der Sequenz scheint vorüber zu sein.
Doch in Sequenz 5 wird das wohl unvermeidliche abgeschnittene Ohr diskutiert
– es wurde abgeschnitten, so Van Gogh, weil es sich unbotmäßig
dem Bild verweigerte. Diese Akzentuierung Kurosawas unterstreicht erneut das
Primat des Bildes. So gesehen spielt das abgeschnittene Ohr nicht (nur) als
Signifikant ‚genialischer‘ und mithin ‚verrückter‘
Subjektivität eine wichtige Rolle, sondern unterstreicht gegen jede
hagiographische oder autobiographische Lesart die Reflexion verschiedener Typen
von Bildlichkeit und ihrer intermedialen Konnexionen. In diesem Lichte
könnte man die Thematisierung des abgeschnittenen Ohrs auch als Metapher
des Schneidens, des
Schnitts verstehen. Der Schnitt ist nicht nur eine
spezifische Rahmungsform aller Bewegungsbilder entlang der Zeit und als
Aus-Schnitt schon Spezifikum der Fotografie. Konkreter noch führt die
filmische Organisation von Aus-Schnitten entlang der Zeit (Montage) u.U. zu
einer Fragmentierung von Körperbildern (z.B. den Close-Ups auf Van Goghs
Gesicht in der Sequenz zuvor).
Diese Bezugnahme ist nicht ganz so abwegig,
wie es zunächst scheinen mag, denn neben dem einfahrenden Zug von
Lumière gibt es noch einen weiteren Mythos des neuen Mediums Film –
Béla Balázs’ ‚Mädchen aus Sibirien‘. Laut
Balázs, der die Geschichte von einem seiner „alten Moskauer
Freunde“ haben wollte, ging das Mädchen, das zuvor noch nie einen
Film gesehen hatte, in ein Kino: „Bleich, mit finsterer Mine kam sie
zurück. [...] ‚Ich habe gesehen, wie sie Menschen in Stücke
gerissen haben. Der Kopf, die Füße, die Hände, alles war
woanders.‘“ Und Balázs ergänzt: „Wir wissen,
daß in jenem Hollywooder Kino, in welchem Griffith zum ersten Mal seine
Premierplan-Detailbilder vorführte und ein riesengroßer
‚abgehackter‘ Kopf dem Publikum zulächelte, Panik
ausbrach.“
[33] So wie der
einfahrende Zug Mythos des Bewegungsbildes, so ist das sibirische Mädchen
bzw. Griffiths abgehackter Kopf Mythos der Montage.
Diese Thematisierung des
Schnitts, der Fragmentierung und der Montage im Zusammenhang mit der Malerei
kann wiederum als Verweis auf die historische Zäsur zwischen der so
plötzlich entmachteten
Malerei
[34] zu den fotografischen
und kinematographischen (aber auch
a fortiori zu den digitalen) Medien
gelesen werden – „Medien [sind] epochale Einschnitte in der
Gesellschaft, der Kultur und der
Kunst.“
[35] D.h. als
Anspielung des Übergangs vom zentripetal geschlossenen Bildraum der Malerei
zum sequenziell und zentrifugal konstruierten Bildraum des Films – mit
Ausblick auf das navigationale Raumbild digitaler Medien.
Diese Lektüre
wird bekräftigt durch die
Inszenierung der Sonne in den folgenden
Einstellungen – gegen Ende der hier diskutierten Sequenz bemerkt Van Gogh:
„Die Sonne, sie zwingt mich zu malen“ und in einer
Gegenlichteinstellung wird das Licht der Sonne extra hervorgehoben (Abb. 10).
Die Sonne ist die für alle Lebewesen auf der Erde notwendige Grund- und
Urform des Lichts, jenes Lichts, das mehr noch als der Malerei allen
fotografischen Medien (bis zu den halbdigitalen CCDs in digitalen Foto- und
Videokameras) zugrunde liegt. Nicht zufällig war der einer der
frühesten Namen (nach
point-de-vue), den Nicephore Niépce um
1826 der entstehenden Fotografie gab
Heliographie – also
‚Sonnenschrift‘.
[36] Die
Inszenierung der Sonne – Kurosawa ist offenbar nicht nur „einer der
größten Regisseure des
Regens“
[37] – verweist
aber nicht nur allgemein auf die Bedingung der Möglichkeit fotografischer
Medien, sondern gerade deswegen konkret auf das Kino, da der blendende Blick in
die Sonne – vom Protagonisten nur mühsam mit der Kappe abgewehrt
(Abb. 11) – ein wichtiger Bestandteil der Archäologie des Kinos ist:
In der physiologischen Erforschung des Auges in den späten 20er Jahren des
19. Jahrhunderts formulierte Joseph Plateau das Gesetz von der
‚Trägheit des Auges‘, also dass Nachbilder eine Zeitlang
verweilen.
[38] Dieses Wissen war die
wesentliche Bedingung der Möglichkeit des kinematographischen
Bewegungsbildes. Plateau erforschte die Nachbilder durch
zu langes
Starren in die Sonne, was ihn schließlich sogar das Augenlicht kostete:
Wie Van Gogh sein Ohr für die Malerei, so opferte Plateau seine Augen
für das kommende Kino.
Eine weitere Inspiration für die
Erforschungen des Auges war im 19. Jahrhundert ausgerechnet „the often
accidental observation of new forms of movement, in particular mechanized wheels
moving at high speeds. Purkinje and Roget [andere Forscher neben Plateau; J.S.]
both derived some of their ideas from noting the appearance of train wheels in
motion [...].“
[39] Mithin ist
die Verbindung der Zugsequenzen mit der Inszenierung der Sonne – nur
folgerichtig endet die Szene damit, dass in dem Moment, in welchem der
Protagonist auf dem sonnendurchfluteten Feld dem gerade entschwundenen Van Gogh
nachzulaufen beginnt, ein kräftiges Pfeifen eines Dampfzuges erklingt
– lesbar als eine komprimierte Chiffre für die epistemischen
Bedingungen der fotografischen und kinematografischen Medien, die die Kunst im
Allgemeinen und die Malerei im Speziellen irreversibel
veränderten.
[40]Sequenz
6 7‘01: Im-Gemälde-Sein, der virtuelle Raum und der
IndexDie Malerei hat in der nächsten Sequenz ihren prominenten
Auftritt – aber konsequenterweise
als andere. Nun läuft der
Protagonist – der Special-Effects-Schmiede
Industrial Light &
Magic sei‘s entgegen landläufigen Behauptungen
nicht
gedankt
[41] – wirklich
durch die Gemälde Van Goghs wie durch die Landschaften in Sequenz 3.
Aus der Kette potenzieller wird eine Kette tatsächlicher Bilder bzw.
Bildfragmente von Gemälden Van Goghs. Einerseits liegt das ganz auf einer
Linie mit der vorherigen Thematisierung der Sonne, des Zugs und damit des Kinos.
So schreibt Jacques Aumont etwa über die Veränderung der Wahrnehmung
im späten 19. Jahrhundert, die der Erfindung des Kinos vorausgeht, dass es
zu einer „Konzeption der Welt als ununterbrochenes Feld potentieller
Gemälde, das vom Blick des Künstlers gestreift wird, von einem Blick,
der es durchläuft, durchforscht, der oft verweilt und der Ausschnitte des
Feldes
rahmt“
[42]
kommt. Man kann darin das Szenario Kurosawas erkennen.
Der Protagonist
vollzieht angestoßen durch die chochafte Begegnung mit dem Zentrum der
Bildwelt – nach einem schönen Wort Max Imdahls – den
Übergang vom wiedererkennenden zum sehenden Sehen. Er läuft wieder
durch Landschaften und an Häusern vorbei, doch sieht er nunmehr allein ihr
Kolorit, Hell/Dunkel, Masse, Raum, Fläche/Tiefe. Der Übergang zu
Sequenz 6 wird durch den abrupten Helligkeitsunterschied zwischen der
Einstellung auf dem Kornfeld und der folgenden Einstellung unterstrichen. Dann
wird nochmals auf die Sonne angespielt (Abb. 12) – diesmal aber schon in
Form einer von Van Gogh gemalten Sonne in
Großaufnahme.
[43] Dabei ist
auffällig, dass das Bild wie durch Hitzeschlieren erscheint. Diese
Überlagerung von ‚Realraum‘ und ‚Bildraum‘ ist das
Scharnier zwischen den vorherigen Sequenzen und der jetzt folgenden Bewegung
durch den virtuellen Raum
[44] der
Malerei selbst.
Denn ab nun bewegt sich der Protagonist durch eine Serien von
neun Einstellungen (7‘15 - 8‘57), in denen je ein Ausschnitt aus
einer Zeichnung bzw. einem Gemälde Van Goghs den Hintergrund bildet. Dabei
beginnt Kurosawa in den ersten drei Einstellungen mit Ausschnitten aus drei
Zeichnungen Kurosawas.
[45] Diese
Reihenfolge – erst die Zeichnungen und dann die Gemälde – ist
wahrscheinlich ein Verweis auf die Arbeitsweise Van Goghs, der oft
Vorzeichnungen zu seinen Gemälden anfertigte (und auch auf seine
Biographie, denn er begann als Zeichner und nicht als
Maler).
[46] Abb. 13 zeigt die dritte
dieser Einstellungen. Man sieht einen Ausschnitt aus der Zeichnung
Landhäuser mit Strohdächern (Mai
1890).
[47] Besonders bemerkenswert
ist in dem hier gewählten Moment die Verdeckung des Protagonisten durch
einen gezeichneten Busch, ein Verfahren, welches auch in einigen anderen
Einstellungen dieser Sequenz eingesetzt wird, besonders markant in der siebten,
wo der Protagonist durch einen Ausschnitt des Gemäldes
Große
Platanen (zweite Version, Dezember 1889, Abb.
14)
[48] hinter einem Baum her und
dann zwischen den Bäumen nach vorne aus dem Bild läuft (Abb. 15).
Während also die einerseits die Bildausschnitte horizontal entlang der
Zeitachse zu einem großen Raum (‚die Welt Van Goghs‘)
verkettet werden, wird der Raum der Bilder selbst vertikal in die Tiefe
geöffnet, d.h. die in der Malerei (und anderen Flächenbildern)
irreversibel abgeschatteten Objekte bekommen ihre Dingräumlichkeit (ihre
Rückseite) zurückerstattet. Der Protagonist dringt in die
„profondeur vertigineuse du monde de Van
Gogh“
[49] ein. Der Bildraum
wird in einem ganz direkten Sinn in ein Raumbild, ein
interaktiv betretbares
Bild umgewandelt: Das zeigt sich nicht allein, aber besonders deutlich in
Abb. 16 – da der Protagonist zudem noch im Bild einen
Schatten
wirft; der dunkle Fleck am Fuß der linken, großen Platane ist eben
dieser.
Aber Kurosawas Inszenierung ist noch komplexer. Nicht nur
thematisiert er Fläche und Raum, auch anderweitig ist der Vergleich
zwischen Abb. 14 und Abb. 15 aufschlussreich: Alle von Van Gogh in dem
Gemälde dargestellten Personen wurden
entfernt
[50] – obwohl der
Maler gerade
in diesem Bild auf sie besonderen Wert legte: „The
idea that figures, however small, can determine the character of a composition
was one which Van Gogh had learnt from the Art of Japanese Prints
[...].“
[51] Wieder zeigt sich
hier eine bedachte Auswahl der Bilder durch Kurosawa, welche die wechselseitigen
Einflussnahmen westlicher und japanischer Bildtraditionen unterstreicht und
darüber hinaus im Eingriff in das Bild Van Goghs auch eine Unterwerfung der
einzelnen Bilder unter die Logik des Films: Medien transformieren andere Medien,
wenn sie sie darstellen, sie bilden sie niemals 1:1 ab. Im Unterschied zu
Kunstvermittlungs-Fernsehsendungen, die uns die ‚Wahrheit‘ des
‚Werkes‘ durch eine inszenierte Pseudo-Transparenz tendenziell
autoritär vermitteln
wollen
[52], geht es Kurosawa nicht
um eine – vielleicht sowieso unmögliche – Werkvermittlung.
Ebenso wie Van Gogh die japanischen Holzschnitte zu seinem Zweck filterte und
transponierte, so unterwirft Kurosawa die Bilder Van Goghs nun seinerseits einer
Transformation und Transposition – und legt so auch den immer schon
transponierenden Charakter medialer Repräsentationen von Medien
offen.
Und gerade diese Inszenierung der Differenz zwischen Bild und
Reproduktion unterstreicht – selbst wenn sie nicht mit digitalem, sondern
analogem Videocompositing gemacht worden ist – etwas, das gerade zu der
Zeit als DREAMS in die Kinos kam, virulent war: Die
Anwendung digitaler
Verfahren zur Retusche war in der Frühphase der populären
Ausbreitung digitaler Bildbearbeitungstechniken Hauptdiskussionsgegenstand
– kurz vor DREAMS
[53] erschien
im Februar 1990
Adobe Photoshop 1.0. Die Diskussion hockte auf einen
schon länger schwelenden Horror vor den Potentialen digitaler Retusche auf
– bereits 1982 hatte die Zeitschrift
National Geographic einen
Eklat ausgelöst, als sie auf einem Titelblatt der Gestaltung halber die
Pyramiden von Gizeh näher aneinander rückte. Man befürchtete den
Verlust des Wirklichkeitsbezuges fotografisch aussehender Bilder durch solche
und andere ‚Manipulationen‘, z.B. die Entfernung missliebiger oder
die Schönung zu liebender Personen
etc.
[54] Dabei wurde –
gefördert durch solche Metaphern wie die ‚Paletten‘ bei
Photoshop – sehr bald der Vergleich zwischen den Verfahren der
Bildbearbeitung mit der Malerei lanciert. Schon 1992 hatte W. J. Mitchell in
seinem einflussreichen Buch
The Reconfigured Eye die seitdem oft
unreflektiert wiederholte These aufgestellt, die leichte Manipulierbarkeit des
digitalisierten Bildes verwische die Grenze zwischen Fotografie und
Malerei,
[55] da das Bild Pixel
für Pixel bearbeitet oder konstruiert werden kann – scheinbar wie in
der Malerei – und so der Künstler nicht beschränkt bleibt auf
die Auswahl eines Ausschnitts und evtl. die Nachbearbeitung eines Bildes, das
sich ohne sein Zutun durch die Tätigkeit des Lichts (der Sonne...) selbst
aufgezeichnet hat.
[56] Unlängst
noch behauptete Rainer Metzger zur Digitalisierung und Bildbearbeitung:
„Das Ende des Fotos bedeutet die Rückkehr von Prinzipien der
Malerei.“
[57] So pries auch
der Verlag
Schirmer und Mosel, in seiner Ankündigung von Jörg
Sasses Fotobuch
Arbeiten am Bild den, bekanntlich mit der elektronischen
Bildbearbeitung von gefundenen Fotos arbeitenden, Künstler mit den Worten:
„Aus dem Photographen ist so etwas wie der erste elektronische Maler
geworden.“
[58] Insofern kann
die Differenz zwischen Van Goghs Urbild und Kurosawas Abbild gerade im
Zusammenhang mit der Darstellung von Malerei-als-Welt als ahnungsvoller Vorgriff
auf das befürchtete und behauptete ‚Malerei-Werden‘ der
weltvergewissernden Bilder der Fotografie verstanden werden.
In diesem
Lichte kann auch die vorletzte Einstellung der Sequenz gelesen werden. Der
Protagonist, Kurosawas alter ego, läuft von rechts durch einen weiteren
Ausschnitt eines Gemäldes – es handelt sich dabei ausgerechnet um das
Bild
Landschaft mit Wagen und Zug in der Ferne (Juni
1890)
[59], einem der ganz wenigen
Gemälde Van Goghs auf dem ein Zug dargestellt wird, was nach den obigen
Überlegungen zur Rolle der Eisenbahn kaum verwundert. Allerdings ist das
Bild so ausgeschnitten, dass der Zug gar nicht zu sehen ist.
Zunächst
ist die Einstellung sehr nah gefilmt. Der Protagonist steht vor abstrakt
anmutenden, stark vom Pinselduktus gekennzeichneten Farbflächen, die sich
in der Folge der Sequenz – in dem Maße, in welchem die Kamera
herauszoomt – als Elemente eines Bauernhauses erweisen (Farbtafel III).
Eine gewisse Ähnlichkeit zu Farbtafel I ist unübersehbar. Hier wie
dort geht es um den Aufbau des Bildes aus farbigen Grundelementen – ist es
ein Zufall, dass der Protagonist ein kariertes Hemd
trägt?
[60] Waren es in Abb. 6
jedoch die reguläreren, angemalten Bausteine, aus denen die Brücke
verfertigt wurde, sind es hier stark pastos wirkende Farbfelder, zumal
vorwiegend in den Farben gelb, blau, rot und grün – also den
Grundfarben sowohl der subtraktiven (Malerei, Fotografie), als auch der
additiven (Fernsehen, Video, Computermonitore) Farbmischung.
Dieser Verweis
auf einige der bildbestimmenden Parameter (Bildelemente und Grundfarben) wird
ergänzt durch die
Inszenierung des Pinselduktus. Dieser ist
konventionell als Handschrift des Künstlers und somit als Substitut der
Signatur lesbar, bei medientheoretisch präziserer Betrachtung vor allem
aber als
Index, also im Sinne von
Peirce als über
Kausalität signifizierendes Zeichen. Die Unterschrift als grafische Form
ist zunächst uninteressant, entscheidend ist sie als (notwendig
konventionalisiertes und insofern stets auch fälschlich
zitierbares
[61]) Zeugnis, dass der
Unterzeichnende anwesend war. In diesem Sinne ist der Pinselduktus an der
Malerei das einzig indexikalische Moment: Der Duktus bezeichnet den Maler, der
– frei nach Barthes – dagewesen sein muss, damit ein Pinselduktus
überhaupt ist und nicht vielmehr nicht (und so wird er in modernen
Paint-Programmen simuliert, um einen bestimmten ‚Style‘
vorzutäuschen). Insofern ist gerade der Duktus jenes Moment der Malerei,
was diese mit der Fotografie
verbindet.
[62] D.h. mit der
Inszenierung des Pinselduktus, dem Indexikalischen der Malerei, wird explizit
auf jenes Prinzip verwiesen, mit welchem – so glaubte man um 1990
vorwiegend – die digitalen Bilder brechen und sie daher mit der Malerei
verbinden; was aber mit dem Hinweis auf die Indexikalität auch der Malerei
in derselben Szene wiederum unterlaufen wird. Wie dem auch sei: Der Protagonist
läuft links aus dem Bild heraus.
Sequenz 7 8‘58:
Nocheinmal: Raum und FlächeIn der nächsten Einstellung
kommt der Protagonist von rechts ins Bild. Er läuft durch eine jetzt wieder
fotografisch aufgenommene Wiese. Er blickt nach rechts und sieht Van Gogh auf
einem Feldweg zwischen blendend gelben Kornfeldern zum Horizont, über dem
sich ein klarer blauer Himmel erhebt, verschwinden. In dem Moment, in dem Van
Gogh den Horizont erreicht, fliegen mit lautem Geschrei viele – sehr
synthetisch anmutende – schwarze Krähen auf (Abb. 16). Das
buchstäbliche Verschwinden Van Goghs in der Tiefe des Raums wird hier
kontrastiert mit den Krähen, die wie kleine schwarze Risse in der
Bildoberfläche wirken, denn die Krähen selbst haben keinerlei innere
Kontur und Plastizität. Nochmals wird – quasi als Bekräftigung
der in Sequenz 6 vorgenommenen Verschiebung vom Bildraum zum Raumbild –
der Gegensatz von Fläche und Tiefe (ein zentrales Thema Kurosawas)
iteriert.
Sequenz 8 9‘31: Coda (siehe Sequenz 1): Die Rahmung,
das Archiv und das MuseumDer Übergang zur letzten Einstellung
der Sequenz wird nochmals durch das Zuggeräusch unterstrichen. Der
Protagonist ist wieder im Museum, steht vor dem
Getreidefeld mit Raben
und zieht ergriffen seine Mütze (Abb. 17). Diese Demutsgeste im Kontext
jener Institution – dem Museum –, welche Objekte durch
Archivierung
[63],
Dekontextualisierung und die Erzeugung auratischer Distanz erst mit dem Kultwert
der Kunst ausstattet,
[64] kann als
fast schon ironische Geste verstanden werden, da Van Gogh bekanntlich museale
Weihen zu Lebzeiten versagt blieben. Diese allerletzte Sequenz wiederholt die
allererste durch Rekurs auf den musealen Raum. So thematisieren die beiden
Episoden, welche die ganze Episode einschließen und rahmen, selbst nicht
nur die Bildrahmung (s.o. zu Sequenz 1 und hier Abb. 19, in welcher wieder der
üppige goldene Rahmen das
Getreidefeld mit Rahmen einschließt
und so nachgerade penetrant den Wert des ‚Werks‘ unterstreicht),
sondern auch die diskursive, institutionelle und architektonische Rahmung, durch
die ‚geniale‘ Künstler wie Van Gogh – oder Kurosawa
– retrospektiv erst konstruiert werden. Vielleicht ist dies der
‚dekonstruktivste‘ Moment der gesamten Episode, insofern Kurosawa am
Beispiel des paradigmatisch erst verkannten, dann aufgrund von Institutionen wie
der Kunstkritik und des Museums unbezahlbaren ‚Genies‘, eben Van
Gogh, die diskursiven, institutionellen und architektonischen Rahmungen, die
auch einen Text wie den vorliegenden allererst ermöglichen, selbst
(unbewusst?) thematisiert. Auch Kurosawa wird vom Rahmen des musealisierten
Kanons eingerahmt: Er muss auf jene kanonisierten, in unzähligen Katalogen
reproduzierten Bilder Van Goghs zurückgreifen, um künstlerische
‚Authentizität‘ und ‚Genialität‘
überhaupt erst andeuten zu können – und stellt deswegen das
Getreidefeld mit Raben so in den Mittelpunkt, obwohl es, wie neuere
Forschungen zeigen, wohl nicht das letzte Bild vor Van Goghs Selbstmord
darstellt...
Fazit: Die Frage nach den MedienFestzuhalten
bleibt: Kurosawa ist ein Regisseur, der sich offenkundig intensiv mit Bildmedien
und ihren Formen auseinandergesetzt hat – über die subjektiven und
autobiographischen Verweise
[65]
hinaus. Ob alle der hier diskutierten Anschlüsse ‚intendiert‘
waren – manche waren es sicher, andere sicher nicht, sie legen eher ein
‚(inter)mediales Unbewusstes‘ frei – tut nichts zur Sache.
Deleuze hat schon 1985, also 5 Jahre vor Erscheinen von DREAMS, auf die
trans-subjektiven Aspekte von Kurosawas Arbeit hingewiesen. Auch in der hier
vorgeschlagenen Lektüre der
Krähen-Episode ging es um
„das Träumerische [DREAMS !, J.S.] Kurosawas, das die
halluzinatorischen Visionen
nicht bloß zu subjektiven Bildern,
sondern vielmehr zu Denkfiguren werden läßt, die die Gegebenheiten
einer transzendenten Fragestellung offenlegen, insofern sie zur Welt, zum
Innersten der Welt
gehören.“
[66] Die
Visionen, Denkfiguren in der diskutierten Episode legen – nach Sequenz 1:
Rahmung; Sequenz 2: Malerei, Rasterung, Sequenz 3: Malerei, Farbe; Sequenz 4:
Film; Sequenz 5: Fotografie/Film; Sequenz 6/7: Malerei, virtueller Raum, Index;
Sequenz 1 und 8: Rahmung, Archiv, Museum –
die Fragestellung nach den
Medien offen. Und diese Fragestellung ist nicht nur transzendent (was auch
immer das bedeuten soll
[67]),
sondern vielleicht sogar transzendental, denn die Medien
sind das
‚Innerste der Welt‘, insofern sie ‚Welt‘ allererst
eröffnen oder verschließen. Die
Krähen-Episode dreht sich
in der Inszenierung der Eröffnung einer Welt durch Bilder (Medien) ja um
nichts anderes. Und diese Inszenierung zeigt auch: Mit den digitalen Medien wird
(scheinbar, angeblich) der Raum des Bildes selbst zur Welt und nach diesem
Umbruch die Welt zu einer anderen... Man kann nicht umhin zu vermuten, dass
Kurosawa dies geahnt hat.
[1] Es gibt auch eine fast
identische Version vom April 1888, bei der hier gezeigten handelt es sich aber
eindeutig um jene vom März
1888.
[2] Die Episode heißt
Die Krähen; in den meisten (französischen wie deutschen)
Katalogen wird in Zusammenhang mit Van Goghs Gemälde aber von
„Raben“ gesprochen. Krähen und Raben sind jedoch verschiedene
Arten, d.h. es hat sich wahrscheinlich irgendwo ein Übersetzungsfehler
eingeschlichen. Hier sei nur auf das Problem hingewiesen; eine philologische
Aufarbeitung desselben wird jedoch nicht
geliefert.
[3] Lange Zeit wurde das
Bild für das letzte Gemälde Van Goghs gehalten, angeblich nur wenige
Tage vor seinem Freitod verfertigt. Daher fungierte es oft als
das Emblem
Van Goghs, vgl. dazu Pollock, Griselda: „Artists Mythologies and Media
Genius, Madness and Art History“, in: Philip Hayward (Hrsg.):
Picture
This: Media Representations of Visual Art & Artists, London 1988, S.
75-113, hier S. 95f. Jedenfalls ist Kurosawas Wahl alles andere als beliebig.
[4] Vgl. Stratton, M.:
„Akira Kurosawa‘s DREAMS: Creating an Unconscious
Autobiography“, in:
Arts in Psychotherapy, Vol. 28, Nr. 2 (2001),
S. 103-108.
[5] Vgl. Goodwin,
James:
Akira Kurosawa and Intertextual Cinema, Baltimore/London 1994, S.
220/221. Dass sich Kurosawa in DREAMS
gerade auf Van Gogh bezieht
dürfte neben der Tatsache, dass Van Gogh die „paradigmatic figure of
artist“ (Pollock: „Artist Mythologies“, S. 85) darstellt auch
darin zu finden sein, dass sich Van Gogh intensiv mit japanischer Kunst
beschäftigt hat, dazu s.u. und vgl. generell Kodera, Tsukasa: „Japan
as Primitivist Utopia. Van Gogh’s Japonisme Portraits“, in:
Simiolus 14 (1984), S.
189-208.
[6] Bisher hat die Sequenz
in der einschlägigen Literatur keine Würdigung erfahren, vgl. Dalle
Vacche, Angela:
Cinema and Painting. How Art is Used in Film, Austin 1996
oder Peucker, Brigitte:
Incorporating Images. Film and the Rival Arts,
Princeton, NJ 1995.
[7] Vgl. zur
Herausbildung der Konstellation ‚Virtuelle Realität‘, ihrem
populären Auftauchen um 1989 und den damit verbundenen Phantasmen Verf.:
Das Netz und die Virtuelle Realität. Zur Selbstprogrammierung der
Gesellschaft durch die universelle Maschine, Bielefeld 2004, S.
152-275.
[8] Quéau,
Philippe: „Die virtuelle Simulation: Illusion oder Allusion? Für eine
Phänomenologie des Virtuellen“, in: Stefan Iglhaut/Florian
Rötzer/Elisabeth Schweeger (Hrsg.):
Illusion und Simulation. Begegnung
mit der Realität, Ostfildern 1995, S. 61-70, hier S.
61.
[9] Vgl. Grau, Oliver:
Virtuelle Kunst in Geschichte und Gegenwart. Visuelle Strategien, Berlin
2001.
[10] Galbraith, Stuart IV:
The Emperor and the Wolf. The Lives and Films of Akira Kurosawa and Toshiro
Mifune, New York 2001, S. 605 und 610. Allerdings scheinen die
Spezialeffekte für
Die Krähen nicht von ILM gemacht worden zu
sein, s.u.
[11] Corominas,
Aurora: „The Artist’s Gesture. An Initial Approach to the Cinematic
Representation of Vincent van Gogh‘s Pictorial Practice“, URL:
www.iua.upf.es/formats/formats3/cor_a.htm,
12.8.2004.
[12] Vgl. dazu
Glaubitz, Nicola/Schröter, Jens: „Quälende Kuben und beruhigende
Tableaus. Fragmente einer Diskursgeschichte des Raum- und des
Flächenbildes“, in:
Sprache und Literatur, Jg. 35, Nr. 93
(2004), S. 33-63.
[13] Die
folgenden Zeitangaben der Einstellungen beziehen sich auf den Beginn der
Krähen-Episode (kurz vor Beginn des entsprechenden Titels) als
Nullpunkt. Die Längen der Einstellungen sind als ungefähre Werte
aufzufassen.
[14] Vgl. Bazin,
André: „Painting and Cinema“, in: ders.:
What is
Cinema?, Vol. 1, Berkeley 1967, S. 164-169, insb. S.
166.
[15] Esposito, Elena:
„Illusion und Virtualität. Kommunikative Veränderungen der
Fiktion“, in: Werner Rammert (Hrsg.):
Soziologie und künstliche
Intelligenz, Frankfurt a.M. 1995, S. 187-213, hier S.
202.
[16] Die viel genauer in dem
Beitrag von Nicola Glaubitz analysiert
wird.
[17] Zu dieser Parallele,
die man allerdings nicht zu weit treiben sollte, vgl. Brüderlin, Markus:
„Von der analytischen Malerei zum digitalen Impressionismus“, in:
Claude Monet ...bis zum digitalen Impressionismus, Fondation Beyeler,
Basel, 28.3.-4.8.2002 (Ausstellungskatalog), S.
191-225.
[18] Vgl.
Vincent van
Gogh. Paintings, hrsg. v. Evert van Uitert/Louis van Tilborgh/Sjraar van
Heugten, Katalog zur Van Gogh-Ausstellung, Rijksmuseum Vincent van Gogh
30.03.-29.7.1990, Amsterdam/Rom 1990, S.
96.
[19] Ebd., S.
100.
[20] Blau, Gelb und ein
Ocker-Rot waren die bevorzugten Farben Van
Goghs.
[21] Schon in
Dodeskaden (Japan 1970) hatte Kurosawa prä-filmische Gegebenheiten
kolorieren lassen.
[22] Deleuze,
Gilles:
Das Bewegungsbild. Kino 1, Frankfurt a.M. 1989, S.
254.
[23] Zu Point-of-View und
Subjektivität im Kino vgl. Branigan, Edward:
Point of View in the
Cinema. A Theory of Narration and Subjectivity in Classical Film, Berlin
u.a. 1984, S. 73-121.
[24] Vgl.
Galbraith:
The Emperor, S. 607 ist ebenfalls der Ansicht, dass der
autobiographische Charakter des Films nicht überbetont werden
sollte.
[25] Ich konnte leider
nicht feststellen, ob diese oder eine ähnliche Äußerung von Van
Gogh wirklich gemacht worden ist.
[26] Und nicht zufällig
spielt diese Szene auf einem Kornfeld mit Garben, zeigt doch eine der letzten
Zeichnungen Van Goghs (
Garben vom Juli 1890) exakt eine solche Szene,
d.h. hier wird erneut auf den kurz bevorstehenden Tod Van Goghs angespielt, vgl.
Vincent van Gogh. Drawings, hrsg. v. Evert van Uitert/Louis van
Tilborgh/Sjraar van Heugten, Katalog zur Van Gogh-Ausstellung, Rijksmuseum
Kröller-Müller 30.03.-29.7.1990, Otterlo/Rom 1990, S. 329. Vgl. auch
Hulsker, Jan:
The New Complete Van Gogh. Paintings, Drawings, Sketches,
Amsterdam u. a. 1996, S.
483.
[27] Zum Alternieren bei
Kurosawa, vgl. Deleuze:
Bewegungsbild, S.
257.
[28] Der maschinelle
Charakter des Künstlers wird insbesondere in der amerikanischen
Nachkriegskunst immer stärker in den Vordergrund treten, vgl. dazu Jones,
Caroline A.:
Machine in the Studio: Constructing the Postwar American
Artist, Chicago 1996; und am Beispiel bestimmter Formen künstlerischer
Fotografie Verf.: „The Ephemeral, the Provisional ... Anmerkung zur
Fotografie von Garry Winogrand und William Eggleston“, in: Immanuel
Chi/Susanne Düchting/Verf. (Hrsg.):
Ephemer_Temporär_Provisorisch, Essen 2002, S.
197-218.
[29] Auch wenn
gelegentlich die Kamera nostalgisch mit den manuellen Techniken identifiziert
wird. So z.B. besonders einflussreich 1948 von Alexandre Astruc: „The
filmmaker-author writes with his camera as a writer writes with his pen“
(Astruc, Alexandre: „The Birth of a New Avantgarde:
La
Caméra-Stylo“, in: Peter Graham (Hrsg.):
The New Wave,
Garden City 1967, S. 22-24, hier S.
23).
[30] Vgl. Loiperdinger,
Martin: „Lumières ANKUNFT DES ZUGS. Gründungsmythos eines
neuen Mediums“, in:
KinTop, Nr. 5 (1996), S.
37-70.
[31] Zum Algorithmus in
der Malerei, vgl. Kittler, Friedrich:
Kunst und Technik, Basel
1997.
[32] So wie Kurosawa gerade
noch die Ausbreitung digitaler Bildtechnologie erlebte, so war Van Gogh
Zeitgenosse der Ausbreitung der – in der diskutierten Sequenz zitierten
– Eisenbahn. Diese ist in den Werken zahlreicher Maler des neunzehnten
Jhs. Ikone der Moderne (z.B. bei William Turner, vgl. dazu Gage, John:
Turner: Rain, Steam and Speed, London 1972) – bei Van Gogh,
der den Modernisierungsprozessen außerordentlich skeptisch
gegenüberstand (vgl. Zemel, Carol: „The ‚Spook‘ in the
Machine. Van Gogh’s Pictures of Weavers in Brabant“, in:
The Art
Bulletin 67 (1985), S. 123-137), taucht sie bis auf eine signifikante und
von Kurosawa sicher vorsätzlich genutzte Ausnahme (s.u.) nicht
auf.
[33] Béla
Balázs:
Der Film. Werden und Wesen einer neuen Kunst, Wien 1972,
S. 24. Vgl. auch Heath, Stephen:
Questions of Cinema, London 1981, S.
183-185, der die reflexive Thematisierung dieses Phänomens in Genres wie
dem Horrorfilm, der sich ausschließlich um die Zerstückelung des
Körpers dreht, anschneidet. Andernorts wurde der Ausschnitt der Fotografie
explizit mit der psychoanalytischen Theorie des Partialobjekts und mit dem
Phantasma des zerstückelten Körpers in Verbindung gebracht, vgl. Metz,
Christian: „Foto, Fetisch“, in: Herta Wolf (Hrsg.):
Diskurse der
Fotografie. Fotokritik am Ende des fotografischen Zeitalters, Bd. 2,
Frankfurt a.M. 2003, S.
215-225.
[34] Deren Entmachtung
sich besonders eklatant in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in der
Portrait-Malerei zeigte – also genau jenem Genre in dem Van Gogh sich
(laut Film) bewegte, als er sich das Ohr abschnitt: „Ich habe gestern
versucht, ein Selbstportrait zu vollenden. Das Ohr wollte mir nicht so recht
gelingen, da habe ich es abgeschnitten und weggeworfen.“ Zur
Verdrängung der Portraitmalerei durch die Fotografie im 19. Jahrhundert am
Beispiel von Paris, vgl. McCauley, Elizabeth Anne:
Industrial Madness.
Commercial Photography in Paris,
1848-1871, New Haven/London
1994.
[35] Tholen, Georg
Christoph:
Die Zäsur der Medien. Kulturphilosophische Konturen,
Franfurt a.M. 2002, S. 7.
[36]
Vgl. Batchen, Geoffrey: „The Naming of Photography“, in:
History
of Photography, Vol. 17, No. 1 (1993), S. 22-32, hier S.
24.
[37] Deleuze:
Bewegungsbild, S. 254. Dass Kurosawa (auch) ein Regisseur der Sonne ist,
wie Van Gogh ein Maler der Sonne war, zeigt sich schon in NORA INU (Japan 1949),
wo vielleicht zum ersten Mal die Kamera auf die Sonne gerichtet wurde –
zuvor war dies unüblich, vgl. Kurosawa, Akira:
So etwas wie eine
Autobiographie, München 1986, S. 220 (dort allerdings unter Bezugnahme
auf RASHOMON (Japan 1950)). Mit Dank an Nicola
Glaubitz.
[38] Vgl. Crary,
Jonathan:
Techniques of the Observer. On Vision and Modernity in the
Nineteenth Century, Cambridge, MA 1990, S. 107-110. Für den hier
verfolgten – eher diskursanalytischen – Argumentationsgang ist die
Frage, ob Plateaus Überlegungen im Lichte heutiger neurophysiologischer
Erkenntnisse noch gültig sind, schlicht irrelevant, vgl. dazu Anderson,
Joseph/Anderson, Barbara: „Motion Perception in Motion Pictures“,
in: Stephen Heath/Theresa de Lauretis (Hrsg.):
The Cinematic Apparatus,
London 1980, S. 76-95.
[39]
Crary:
Techniques, S.
111.
[40] Wie bekanntlich schon
Walter Benjamin betont hatte, ist die im 19. Jh. intensiv diskutierte Frage, ob
die Fotografie (und später der Film) eine Kunst sei, zweitrangig
gegenüber derjenigen danach, „ob nicht durch die Erfindung der
Photographie der Gesamtcharakter der Kunst sich verändert habe“
(Benjamin, Walter: „Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen
Reproduzierbarkeit“ [zweite Fassung], in: ders.:
Gesammelte
Schriften, hrsg. v. Rolf Tiedemann/Hermann Schweppenhäuser, Frankfurt
a.M. 1980, Bd. I.2, S. 471-508, hier S. 486).
[42] Aumont, Jacques:
„Projektor und Pinsel. Zum Verhältnis von Malerei und Film“,
in:
montage/av, 1.1 (1992), S. 77-90, hier S.
80f.
[43] Ich konnte nicht
herausfinden, ob es sich um einen Ausschnitt aus einem Gemälde von Van Gogh
handelt oder um eine verfremdete Realaufnahme. Der
catalogue
raisonée jedenfalls enthält kein vergleichbares
Bild.
[44] Im Sinne von Esposito:
„Illusion und Virtualität“, S.
202.
[45] Die ersten beiden
Einstellungen zeigen Ausschnitte aus den Zeichnungen
Straße nach
Tarascon, 31.7.-6.8.1888 und
Straße in Saintes-Maries, Juli
1888 (vgl. Hulsker:
The New Complete Van Gogh, S. 351 und
343).
[46] Vgl. van der Wolk,
Johannes: „Van Gogh the Draughtsman at his Best“, in:
Vincent van
Gogh. Drawings, S.
15-21.
[47] Vgl.
Vincent van
Gogh. Drawings, S. 322.
[48]
Vgl.
Vincent van Gogh. Paintings, S. 245. Die anderen verwendeten
Gemälde, bis auf das vorletzte (Einstellung 36, 8‘31 s.u.), sind in:
Vincent van Gogh. Paintings auf den S. 262, 259, 134, 209 zu finden.
[49] Tassone, Aldo:
Akira
Kurosawa, Paris 1990, S.
300.
[50] An den Stellen, wo sich
die Personen befanden, scheint mir das Bild leicht verschwommen zu sein –
es könnte sich dabei um die Spuren der Retusche handeln.
Allerdings: Da sich nicht genau eruieren ließ, wie diese Sequenz
effekttechnisch hergestellt worden ist, seien die Schlussfolgerungen mit aller
Vorsicht zu genießen.
[51]
Vincent van Gogh. Paintings, S.
243.
[52] Vgl. kritisch dazu
Winter, Gundolf: „Kunst im Fernsehen“, in: Helmut Korte/Johannes
Zahlten (Hrsg.):
Kunst und Künstler im Film, Hameln 1990, S.
69-80.
[53] DREAMS kam zuerst am
11.5.1990 in Frankreich in die Kinos. In Japan lief der Film am 25.5.1990 an.
Daten laut URL:
www.imdb.com,
16.8.2004.
[54] Vgl. Verf.:
„Das Ende der Welt. Analoge vs. digitale Bilder – mehr und weniger
‚Realität‘?“, in: Verf./Alexander Böhnke (Hrsg.):
Analog/Digital – Opposition oder Kontinuum? Zur Theorie und Geschichte
einer Unterscheidung, Bielefeld 2004, S.
335-354.
[55] Vgl. Mitchell,
W.J.:
The Reconfigured Eye, Cambridge, MA/London 1992, S. 7 und 30.
Unlängst unreflektiert wiederholt von Hemken, Kai-Uwe: „Von
Sehmaschinen und Nominalismen. Anmerkungen zur digitalen Photographie von
Andreas Gursky und Thomas Ruff“, in: Monika Steinhauser (Hrsg.):
Ansicht Aussicht Einsicht, Düsseldorf 2000, S. 29-39, hier S. 36.
[56] Vgl. Lüdeking,
Karlheinz: „Pixelmalerei und virtuelle Fotografie. Zwölf Thesen zum
ontologischen Status von digital codierten Bildern“, in: Yvonne
Spielmann/Gundolf Winter (Hrsg.):
Bild – Medium – Kunst,
München 1999, S. 143-148, der streng zwischen „hergestellten“
und „verursachten“ Bildern unterscheidet, bei ersteren – wie
der Malerei – einen „nahezu grenzenlose[n] Spielraum von
Möglichkeiten“ sieht, während bei letzteren – vor allem
Fotografien – von „darstellerische[r] Freiheit [...] keine Rede
sein“ könne. Digital codierte Bilder können beiden Modi
entsprechen: „Ihr Status gleicht entweder dem von Gemälden oder dem
von Fotografien“. So dass gilt: „Wer einen Computer zur Gestaltung
einer Bildfläche benutzt, arbeitet unter denselben Bedingungen wie ein
Maler“.
[57] Metzger,
Rainer: „Medium und Methode, Mechanik und Modell. Die M-Fragen der
Fotografie“, in:
Frame, Nr. 11 (2002), S. 90-93, hier S. 92.
[58] Unter:
http://www.schirmer-mosel.de/TitelDetailEinWKE.php3?1822, 13.8.2004. Vgl.
Sasse, Jörg:
Arbeiten am Bild, hrsg. von Andreas Keul,
München/Paris/London
2001.
[59] Vgl. Hulsker:
The
New Complete Van Gogh, S.
463.
[60] Immerhin ließ
sich Van Gogh in einem Brief an Albert Aurier (mutmaßlich vom 12. Februar
1890) über die „hübschen karierten schottischen Stoffe“
aus (vgl. Erpel, Fritz (Hrsg.):
Vincent Van Gogh, Sämtliche Briefe,
Bd. 5, Bornheim-Merten 1985, S.
328).
[61] Vgl. Derrida, Jacques:
„Signatur, Ereignis, Kontext“, in: ders.:
Randgänge der
Philosophie, Wien 1988, S.
291-314.
[62] Vgl. Verf.:
„Das Malen des Malens. Malerische Darstellungen des Malprozesses von
Vermeer bis Pollock“, in:
Kritische Berichte, Nr. 1 (1999), S.
17-28.
[63] Die Debatten um das
museale Archiv sind umfänglich und komplex – es sei nur darauf
hingewiesen, dass sich dem ca. Mitte des 19. Jahrhunderts entstandenen Museum
als materiellem Archiv bald schon das ‚imaginäre Museum‘
(Malraux) durch die Fotoreproduktionen und neuerdings die Datenbank als
elektronisches Archiv hinzugesellte. Vgl. Foster, Hal: „Das Archiv ohne
Museen“, in: Herta Wolf (Hrsg.):
Paradigma Fotografie. Fotokritik am
Ende des fotografischen Zeitalters, Bd. 1, Frankfurt a.M. 2002, S.
428-457.
[64] Vgl.
O‘Doherty, Brian:
Inside the White Cube. The Ideology of the Gallery
Space, Santa Monica/CA
1986.
[65] Auf die sich z.B.
Sato, Tadao: „Träumereien“, in:
Du. Die Zeitschrift der
Kultur, Nr. 8 (1990), S. 99, 103 oder Yoshimoto, Mitsuhiro:
Kurosawa.
Film Studies and Japanese Cinema, Durham, NC, S. 358-363
konzentrieren.
[66] Deleuze:
Bewegungsbild, S. 256, Hervorhebung J.S.
[67] Vgl. Deleuze, Gilles:
Cinema 1. L’image mouvement, Paris 1983, S. 258/259:
„D’où l’onirisme de Kurosawa, tel que les visions
hallucinatoires ne sont pas simplement des images subjectives, mais plutôt
des figures de la pensée qui découvre les données
d’une question transcendante en tant qu’elles appartiennent au
monde, au plus profond du monde [...].“