Jens Schröter

The Ephemeral and the Provisional ...
Anmerkungen zur Fotografie von Garry Winogrand und William Eggleston.



I have nothing to say. [...] I don’t have anything to say in any picture. [...] I’m not revealing anything. [...] I’m irrelevant to the pictures.

Garry Winogrand.[1]

Sometimes I like the idea of making a picture that does not look like a human picture.
William Eggleston.[2]



„Alle Künste beruhen auf der Gegenwart des Menschen, nur die Fotografie zieht Nutzen aus seiner Abwesenheit“, schrieb André Bazin 1946. Und:

Zum ersten Mal – einem rigorosen Determinismus entsprechend – entsteht ein Bild der Außenwelt automatisch, ohne das kreative Eingreifen des Menschen. Die Persönlichkeit des Fotografen spielt nur für die Auswahl und Anordnung des Objektes eine Rolle, und auch für die beabsichtigte Wirkung. Wenn auf dem fertigen Werk Spuren der Persönlichkeit des Fotografen erkennbar sind, so ist diese dennoch nicht vom gleichen Rang wie die des Malers. [3]

Der Prozess der automatischen Einschreibung von Licht im indexikalischen Medium Fotografie droht also den Status des Fotografen als ‚Künstler’ zu unterlaufen. Die nebensächlichen und ephemeren Details, die sich an jeder Intention des Fotografierenden vorbei ins Bild schleichen und oft erst nachträglich gesehen werden, heben nicht nur die Vorstellung einer Beherrschung des Bildraums durch den Künstler aus den Angeln, sondern zeigen vielmehr noch, wie lückenhaft das menschliche Auge sieht.[4] Wie Kemp bemerkt hat, galt die „Detailfrage“ im neunzehnten Jahrhundert als „Haupthindernis“[5] für die Anerkennung der Fotografie als Kunst.
Alle Versuche, ‚künstlerische Fotografie’ zu produzieren, müssen sich mit dem maschinellen Charakter des Mediums auseinandersetzen: Im Piktorialismus des späten neunzehnten und frühen zwanzigsten Jahrhunderts wurde versucht durch gezielte Unschärfe die Details zu verwischen oder durch Nachbearbeitung der Negative bzw. der Positive den Eindruck des „kreativen Eingreifens“ (Bazin) zu erzielen. Als der piktorialistische Ansatz, maßgeblich verkörpert durch das frühe Werk von Alfred Stieglitz, in den zwanziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts verblasste, wurden neue Strategien zur (vermeintlichen) Kontrolle des Künstlers über das automatische Bild der Fotografie entwickelt. Paradigmatisch hierfür kann Ansel Adams stehen, der nicht nur von Edward Weston das Phantasma übernahm, dass die „prävisualisierte Fotografie [...] im oder vor dem Moment der Belichtung“[6] existiere, sondern mit seinem ‚Zonenmesssystem’ ein Verfahren für eine kaum noch zu überbietende Kontrolle über den Bildraum im Hinblick auf die Tonwerte entworfen hatte.[7]
Die vor allem durch den kapitalistischen Kunstmarkt motivierte Nobilitierung von Fotografien zur Kunst (welche auch die Umschreibung der Geschichte der Fotografie einschließt) wird im zwanzigsten Jahrhundert durch bestimmte Institutionen – den Kunstmarkt, Galerien, FotokritikerInnen und vor allem das Departement of Photography des Museum of Modern Art – geleistet.[8] Letzteres spielt, unter der Leitung von John Szarkowski, seit den sechziger Jahren eine zentrale Rolle. Besonders prekär ist, dass mindestens bei zwei der von Szarkowski geförderten (oder muss man sagen: gemachten?) Künstler, Garry Winogrand und William Eggleston, der automatische Charakter des fotografischen Bildes ins Zentrum rückt. Wie ist dies mit ihrer gleichzeitigen Positionierung als Künstlersubjekt zu vereinbaren? Wie wird der maschinelle Charakter der Fotografie im Diskurs zu diesen Künstlern verdrängt und gibt es eine Wiederkehr des Verdrängten?

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Ein Prätext für Szarkowskis Diskurs sind die Überlegungen des einflussreichen Kunstkritikers Clement Greenberg gewesen, der betonte, dass im Modernismus „Gegenstandbereich jeder einzelnen Kunst genau das ist, was ausschließlich in dem Wesen ihres jeweiligen Mediums angelegt ist“.[9] So rechtfertigte er, ausgehend von der (vermeintlich) essentiellen flatness des malerischen Mediums die amerikanische, abstrakte Nachkriegsmalerei. An dieses Konzept einer für Kunst konstitutiven Reflexion der Medienspezifik anschließend, postuliert Szarkowski im Vorwort zu dem 1966 erschienenen Katalog The Photographer’s Eye programmatisch fünf zentrale Eigenschaften des fotografischen Bildes – „The Thing Itself“, „The Detail“, „The Frame“, „Time“ und „Vantage Point“. Wie sich schon an der Kategorie „The Thing Itself“ zeigt, folgt aus Szarkowskis Konzept keineswegs die Abstraktion, also z. B. die Herstellung von Fotogrammen, die man ja mit Recht als die spezifische Reduktion der Fotografie – der Lichtschrift – aufs Wesentliche verstehen könnte. Vielmehr versucht er eine modernistische fotografische Praxis ohne Verzicht auf den Gegenstandsbezug des fotografischen Bildes zu begründen.[10] Folglich schreibt er unter dem Leitbegriff „The Detail“: „The photographer [...] could only record it [= the truth, J. S.] as he found it, and it was found in nature in a fragmented and unexplained form – not as a story, but as scattered and suggestive clues.“[11] D. h. Szarkowski betont einerseits, dass der Fotograf nicht die Möglichkeit hat, wie der Maler die Bildfläche – nach Benjamins Wort – mit Bewusstsein zu durchwirken, sondern vielmehr das Fragmentarische und die „compelling clarity“ des fotografischen Bildes annehmen muss. Andererseits betont er aber auch: „Intuitively, he [= the photographer, J. S.] sought and found the significant detail. His work, incapable of narrative turned toward symbol.“[12] Hier klingt an, dass der Fotograf Details gezielt sucht, findet, auswählt und so mit Signifikanz versieht. Szarkowski meint mit „The Detail“ also weniger die automatisch ins Bild gelangenden und so den Mangel an Kontrolle bezeichnenden Details, sondern: „From the reality before him, he [= the photographer, J. S.] could only choose that part that seemed relevant and consistent, and that would fill his plate.“[13] Daher betont er im Vorwort zu William Eggleston’s Guide die „expressive possibilities of the detail“.[14] Das in früheren Debatten über den Kunstcharakter der Fotografie verfemte Detail wird also rehabilitiert, aber nur unter der Bedingung, dass der Fotograf es bewusst als Ausdrucksmittel einsetzt. Diese doppelte Bewegung findet sich auch in Hinsicht auf jene anderen Eigenschaften des fotografischen Bildes, die oft der Nobilitierung der Fotografie zur Kunst im Weg standen:

Original photographers enlarge [the] shared sense of possibilities by discovering new patterns of facts that will serve as metaphors for their intentions. The continuing, cumulative insights of these exceptional artists have formed and reformed photography’s tradition: a new pictorial vocabulary, based on the specific, the fragmentary, the elliptical, the ephemeral, and the provisional.[15]

Szarkowskis Konzeption von Fotografie, die das zuvor für ihre Anerkennung als Kunst problematische Fragmentarische, Elliptische, Ephemere und Provisorische gerade als ihre Spezifik und künstlerische Stärke in den Mittelpunkt rückt, hat vor allem das Problem, dass sie sich gegen den „bloßen Schnappschuss“ abgrenzen muss. Eggleston, dem noch im Short Guide zur Documenta 11 2002 ein „Blick fürs [...] Ephemere“[16] bescheinigt wird, hatte seine erste Ausstellung am MOMA 1976. Sie wurde von verschiedenen zeitgenössischen Kommentatoren mit pejorativen Ausdrücken wie snapshot chic oder snapshot style bedacht. Noch 1986 hat Graham King polemisch einige Fotos dieser New Photography neben ordinäre Schnappschüsse gestellt und den Leser aufgefordert herauszufinden, was Kunst und was bloßer Schnappschuss sei: ein tatsächlich schwieriges Rätsel.[17] Szarkowski hat dieses Problem selbst schon 1970 gesehen: „The heirs of the documentary tradition have redirected the idea in the light of their own fascination with the snapshot: the most personal, reticent, and ambiguous of documents. These photographers have attempted to preserve the persuasiveness and mystery of these humble, intuitive camera records, while adding a sense of intention and visual logic.“[18] Die Begründung des Kunstcharakters jener neuen Fotografie hängt also – analog zur oben diskutierten Differenzierung zwischen dem bloßen und dem signifikanten Detail – an der Unterscheidung zwischen einem ‚bloßen Schnappschuss’ und einem – jetzt positiv gemeint – künstlerischen snapshot style, die durch das Aufspüren von Intention und visueller Logik in den Bildern getroffen werden kann. In bezug auf Eggleston heißt das:

[T]he design of most of the pictures seemed to radiate from a central, circular core. In time the observation was relayed to Eggleston, who replied, after a barely perceptible hesitation, that this was true, since the pictures were based compositionally on the Confederate flag [...] The response was presumably improvised and unresponsive, of interest only as an illustration of the length to which artists sometimes go to frustrate rational analysis of their work, as though as they fear it might prove as antidote to their magic.[19]

Diese Passage ist symptomatisch: Zunächst wird die „visual logic“, die Egglestons Fotos von Schnappschüssen differenziert, in der konzentrischen Komposition lokalisiert (siehe als Beispiel Abb. 1, aus 2 ¼, 1967/1999), was der Künstler erfreulicherweise bestätigt. Dann aber zeigt sich, dass Egglestons Antwort ziemlich banal und möglicherweise sogar voller unliebsamer Implikationen ist – denn schließlich waren die konföderierten Südstaaten im amerikanischen Bürgerkrieg 1861 - 1865 Verteidiger der Sklaverei.[20] Also wird in einer Gegenbewegung Egglestons Aussage als „improvisiert“ heruntergespielt und zum Zeichen für eine andere, tieferliegende Intention: nämlich jener, die Analyse des Werkes zu blockieren, was den magischen Nimbus des Künstlers stärkt.[21]
Außerdem hat die Rechtfertigung der Unterscheidung zwischen Egglestons Fotos und bloßen Schnappschüssen anhand der konzentrischen Komposition das große Problem, dass es für Familienschnappschüsse gerade typisch ist, um ein zentrales Fetischobjekt (z. B. das geliebte Kind) herum geordnet zu sein. Folglich muss auch hier eine Unterscheidung gemacht werden: „Unlike them [= die normalen Schnappschüsse, J. S.], however, Eggleston uses the entire picture plane for his compositions, with the result that what, at first glance, appears to be an incidental picture of everyday American life does in fact go much deeper.“[22]

Eine ähnliche Strategie findet man auch in Bezug auf die Fotografien von Garry Winogrand. Szarkowski zitiert in einem Aufsatz Tod Papageorge:

Obwohl Winogrand, so weit den Mythos des 20. Jahrhunderts zu verkörpern scheint, nämlich das reine Kamera-Auge zu sein, als es ein Mensch überhaupt kann, nimmt er in Wahrheit die Welt so selektiv wahr, wie eben jeder Künstler. Was uns täuscht ist die fotografische Sprache, die er entwickelt hat, um zu beschreiben, was er für interessant hält; denn diese Sprache ist eine, die, wenn wir eines seiner Bilder zum ersten Mal ansehen, nicht die persönliche, flektierte Sprache eines Menschen zu sein scheint, sondern die mechanische Äußerung einer Maschine, einer Kamera. Wenn wir aber seine Fotos eingehender betrachten, erkennen wir, dass sie zwar im konventionellen Sinn unpersönlich sind, dass sie aber auch ausreichend davon erfüllt sind, was wir in einem Gedicht als lyrisches Ich bezeichnen würden. Dieses Ich wiederum ist komisch, hart, ironisch, erfreut und sogar grausam. Aber es ist immer aktiv und unterscheidbar – immer ein erzählendes Ich.[23]

Diese Unterstellung einer die – oft von Schnappschüssen schwer unterscheidbaren – Fotografien künstlerisch beseelenden Stimme steht in merkwürdigem Kontrast zu Winogrands Aussagen wie „I have nothing to say. [...] I don’t have anything to say in any picture.“[24] Dieser Satz taucht in Szarkowskis Vorwort zu Figments of the Real World, dem Katalog zur gleichnamigen großen Winogrand-Retrospektive 1988 am MOMA, bezeichnenderweise nicht auf.

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Man kann in der Arbeit Egglestons und Winogrands die konsequenteste Ausprägung von Szarkowskis Bruch mit der „exhausted Stieglitz/Weston line of high modernism“[25] sehen. Die Kriterien des prävisualisierenden Blicks ebenso wie der (vermeintlich) totalen Kontrolle über den Abzug spielen für beide Fotografen – mit unterschiedlicher Gewichtung – nur noch eine geringe Rolle.[26] Dabei beginnt in der Entwicklung beider Fotografen die „mechanische Äußerung einer Maschine“[27] mehr und mehr die ‚künstlerische Stimme’ zu unterminieren.


Eggleston[28] begann um 1973 oder 1974 mit Video zu experimentieren: „The video camera provided the tool for recording a continuous flow of events, as if all observations were of equivalent significance before the lens. The roots of his ideas of a ‚democratic’ camera were developing.“[29] Holborn bemerkt, dass Eggleston, der sich einige Zeit in der Factory aufgehalten hatte, von Andy Warhol und dessen Filmen beeinflusst worden sei. Die von Szarkowski begrüßte Anlehnung der neuen Fotografen an den Schnappschuss mag also durch die verschiedenen Positionen der Kunst sechziger Jahre, insbesondere die Konzeptkunst, vorbereitet worden sein, denn dort war ein ‚amateuristischer’ Umgang mit der Fotografie ein zentrales Mittel.[30]
In dem 1977 erstellten Projekt Election Eve sah Eggleston erstmals nicht mehr durch den Sucher.[31] In einem Statement zu einer Serie von Fotografien schrieb Eggleston 1979: „They’re related in concept to a particular video piece I’ve been doing that’s something like an unmanned probe, in that the camera traveled along a certain path at a certain pace and produces information about whatever might be found there.“[32] Auch hier klingen Anlehnungen an die konzeptuelle Kunst durch: Ed Ruscha hatte zur Erstellung seines 1966 erschienenen Fotobuchs Every Building on the Sunset Strip eine Kamera auf ein Auto montiert und so den ganzen Sunset Strip abgelichtet – einer unbemannten Sonde gleich.[33]
Eggleston scheint also das Konzept eines Fotografen, der im Blick durch den Sucher Motive aufspürt, das Bild arrangiert, komponiert und so an ein (angeblich) prävisualisiertes Urbild angleicht, zu verwerfen. Die in den frühen Bildern noch lokalisierbare visual logic der konzentrischen Komposition verliert somit ihren Ankerpunkt in einem gestaltenden Subjekt – in den Bildern ab etwa 1977 verschwindet sie zusehends.[34]
Allerdings sind die Äußerungen über Egglestons Arbeitsweise alles andere als eindeutig. So sagte Eggleston auch: „If you take off the viewfinder of the camera, you end up looking more intensely as you walk around. When it is time to make the photograph it is all ready for you.“ Er nimmt also den Sucher ab, sieht sich aber intensiv die Umgebung an und wenn ‚es so weit ist’ (was auch immer das bedeutet), macht er eines seiner „shotgun pictures“[35] – hier wird ein Mythos fotografischer Intuition bemüht, der nicht sehr von dem der ‚Prävisualisierung’ abweicht. An anderer Stelle wird dezidiert der Eindruck erweckt, Eggleston sehe sehr wohl durch den Sucher und komponiere das Bild – auch wenn er wohl nicht um Objekte herumgeht, sie schrittweise einkreist und entweder den ‚richtigen’ Blickwinkel findet oder später aus zahlreichen Fotografien desselben Objekts schließlich die ‚richtige’ auswählt.[36] Sicher scheint nur, dass Eggleston seine Fotos nicht selbst abzieht, obwohl er betont, dass er die gemachten Abzüge prüfe und so ihre Farbigkeit kontrolliere.[37]

Eggleston entwirft also nicht mehr ein durch zahlreiche tastende Fotografien von demselben Objekt schließlich perfekt komponiertes Bild und er zieht nicht mehr eigenhändig ab: Was bleibt dann noch als künstlerischer Akt übrig? Offenbar nur die Selektion verschiedener Bilder aus einem viel größeren Archiv von Bildern und ihre Zusammenstellung zu einer Serie. Francis Frith hatte 1859 in seinem, später für Fotografen wie Edward Weston und Ansel
Adams (indirekt) maßgebenden Plädoyer für das eine Bild noch gewarnt: „Die Schnelligkeit der Bildherstellung, die der rein mechanische Prozeß bewirkt, kann leicht zu einer Quelle des Unheils werden. [...] Uns schaudert bei dem Gedanken, wie viele miserable ‚Negative’ sich in diesem Augenblick in Kisten und Kästen häufen, um eines Tages eine Brut schlimmer ‚Positive’ auszuhecken.“[38] In Zusammenhang mit der Arbeit von Eggleston und Winogrand wird demgegenüber immer wieder auf die „boxes of thousands of prints“[39] verwiesen, aus denen für Ausstellungen oder Buchpublikationen selektiert wird. Paradigmatisch kann hierfür Egglestons Buchprojekt The Democratic Forest stehen: „The project, lasting several years resulted in more than ten thousand prints“, aus denen Eggleston für das Buch hundertfünfzig auswählte. Holborn bemerkt: „The series, not the individual prints, constitutes the work.“[40] Wenn schon nicht mehr im einzelnen arrangierten Bild oder im besonderen Abzug, so spricht das Künstlersubjekt wenigstens noch in der Auswahl aus dem Archiv und im Arrangement der Serie. Allerdings widerspricht Holborns Einschätzung, dass Eggleston andernorts bemerkt: „I’ve always thought that ‚the piece’ is, say, something like this box of prints, which has 600 pictures in it all related. To me, all of those together are the work“[41], und die Selektion nur als notwendiges Zugeständnis bezeichnet – ein ästhetisches Konzept, das die Künstlerrolle vollends zu unterminieren droht ...
Genau dies droht auch bei Garry Winogrand, denn in dessen ‚Spätwerk’ (ab ca. 1982) gibt es keine Selektion mehr. Seit seinem Erwerb einer motorgetriebenen Leica 1982 sprengte die „Schnelligkeit der Bildherstellung“ (Frith) alle Dämme (Abb. 2 zeigt eines der zahllosen proof sheets aus dieser Phase).[42] Bei seinem Tod hinterließ er nicht nur das ziemlich umfangreiche bereits bekannte Werk, sondern weitere ca. 7.000 Rollen entwickelten, aber nicht edierten und ungeprüften Film sowie etwa 2.700 Rollen belichteten, aber nicht einmal entwickelten Film. Wenn man annimmt, dass jede Rolle 36 Bilder umfasst, kommt man auf eine Zahl von etwa 350.000 nachgelassenen Bildern. Nach seinem Tod 1984 entwickelte sich eine Kontroverse darüber, wie mit dieser Masse an Bildern zu verfahren sei. In einem im April 1986 erschienenen Artikel z. B. wird diskutiert, ob man die späten Bilder veröffentlichen soll und wenn ja – da man natürlich nicht alle veröffentlichen kann –, wer entscheidet, was die „guten“ Bilder sind (also: Wer darf auf den leer gewordenen Platz des Selektors einrücken), wer sie wie abzieht etc. Selbstredend ist derjenige, der für befugt gehalten wird, solche Entscheidungen zu treffen – John Szarkowski.[43] Und tatsächlich schließt die 1988 im MOMA veranstaltete posthume Retrospektive von Winogrands Werk, Figments from the Real World, auch einige der späten Fotografien ein (s. u.).
Bezeichnenderweise kommt bei allen Diskussionen über dieses „Spätwerk“ fast niemand auf die Idee, dass es vielleicht gar nicht mehr um die einzelnen frames geht und folglich die Fragen danach, ob und wenn ja, welche Bilder auszuwählen und wie diese abzuziehen sind, obsolet sind. Vielleicht geht es ja gerade um den performativen Charakter des Fotografierens und die Akkumulation des Archivs selbst – dann wäre der späte Winogrand so etwas wie ein Performance-Künstler und die angemessene Weise, diese Arbeit auszustellen, die Anhäufung all der unentwickelten Filmrollen in musealem Raum gewesen ...[44]

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Das Dispositiv des Archivs aus „thousands of photographs“[45], aus dem Eggleston und Winogrand (mit tatkräftiger Kuratorenhilfe) selektieren, verweist auf eine andere diskursive Praxis, in der gigantische, einer „Ästhetik des Schnappschusses“[46] gehorchende Bildarchive, aus denen selektiert werden muss, eine Rolle spielen: die militärische Luftaufklärung bzw. die Spionagesatellitenfotografie. Natürlich ist das Selektionskriterium dort ein anderes – es geht bei der Aufklärung nicht um die schönen gegenüber den unschönen Bildern oder um die Erstellung einer irgendwie ästhetisch kohärenten Sequenz, sondern um auf die denotative Ebene des Bildes gerichtete Fragen wie „Ist das ein Maschinengewehr oder ein Baumstumpf?“[47], d.h. um die (militärisch) nützlichen gegenüber den unnützen Bildern. Angesichts der Bezeichnung Egglestons als ‚unmanned probe’, der Rede von ‚shotgun pictures’ und seiner Äußerung: „Sometimes I like the idea of making a picture that does not look like a human picture“[48] drängt sich dieser Zusammenhang jedoch auf. Dies gilt auch für das Spätwerk Winogrands, zu dem Chiarenza bemerkt: „It appears to have come from negatives made from a camera attached to a moving car and preset to make random exposures.“[49] Winogrand fotografierte fast nur noch – oft ohne durch den Sucher zu sehen – aus dem fahrenden Auto heraus. Diese Kopplung eines Transportmediums mit einem Fotoapparat, der in bestimmten Intervallen Fotos schießt, ist charakteristisch – nicht nur für bestimmte Arbeiten des schon genannten Konzeptkünstlers Ed Ruscha, sondern auch für militärische Aufklärungsfotografie.

Im Lichte dieses Zusammenhangs lassen sich mindestens zwei Überlegungen anstellen. Erstens: So wie Sekula darauf verwiesen hat, dass man die Begeisterung für die Luftaufnahme in der Fotografie der zwanziger Jahre, im Futurismus und im Suprematismus immer vor dem Hintergrund der tödlichen Operativität der Luftaufnahme im Ersten Weltkrieg lesen muss[50], so ist die mehrfach konstatierte, auffällige Abwesenheit von Menschen in Egglestons späteren Bildern[51] auch lesbar als Zeichen einer von einer (noch?) unbekannten Massenvernichtungswaffe menschenentleerten Welt. Das „extraterrestrial eye“[52] des Fotografen ist so gesehen auch das Auge einer automatischen Sonde, einer unmanned probe, die nach dem Erstschlag das Gelände durchstreift und den Erfolg der Mission, die Ausrottung der Bevölkerung, dokumentiert. Wie schon – aus der Sicht Benjamins – bei Atget werden auch bei Eggleston die menschenleeren Fotos zu Dokumenten von Tatorten.[53]
Zweitens muss der Punkt der potentiellen Überflüssigkeit des Menschen für die Produktion eines inflationären Fotoarchivs in einer ‚Ästhetik des Schnappschusses’ und d. h. generalisiert die „Obsoleszenz des Menschen als Beobachter der Welt“[54] im Zeitalter der automatischen Bilder unterstrichen werden: In der Luftaufklärung bzw. Spionagesatellitenfotografie bedarf es keines menschlichen Auslösers – ein Foto verweist nicht prinzipiell auf die Präsenz eines Fotografen bzw. einer Fotografin. Winogrands enigmatische, zur Zeit seines Spätwerks (1983) gemachte Äußerung, dass er so exzessiv fotografiere, weil dies „the closest I come to not existing“[55] sei, scheint in diese Richtung zu deuten ...

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Der – wie Szarkowski im Vorwort zu Figments of the Real World schreibt – „gargantuan excess of the late work“, d. h. die schiere Unmöglichkeit, das exzessive Archiv Winogrands dem ordnenden und klassifizierenden Diskurs des Museums zu unterwerfen, führt den Kurator zu einer bezeichnenden Äußerung: „In these circumstances the editor’s attention is compromised by impatience, then by aggravation, then by something like anger, and the paranoid suspicion that he is the victim of a plot designed by the photographer to humiliate him.“[56] Ein bedrückender Verdacht steigt in ihm auf: „Many of the last frames seem to have cut themselves free of the familiar claims of art.“[57] Und in der Tat: Winogrand hat schon bei früheren Ausstellungen in der Light Gallery, New York, oder im Art Institute of Chicago die Wände der Ausstellungsräume mit seinen Fotografien tapeziert – eine Präsentationsform, die weniger an das sorgfältig gerahmte, auratisch isolierte Kunstwerk der hochmodernistischen Kunstfotografie erinnert als an die privaten, exzessiven und dezidiert antikünstlerischen Praktiken der ebenfalls nicht durch die Sucher sehenden Lomographen.[58]
Die tendenzielle Obsoleszenz des Menschen als Beobachter der Welt in Winogrands spätem (und manchmal auch Egglestons) ‚Werk’ ist mit dem Diskurs der ‚Kunst’, zumindest in dessen reformiert-modernistischer Gestalt wie bei Szarkowski, unvereinbar.[59] Szarkowski ist daher bemüht, die späte exzessive Bilderproduktion, obwohl sie nur eine graduelle Steigerung gegenüber der sonstigen Praxis Winogrands ist[60], aus dem Oeuvre auszugliedern: „To expose film is not quite to photograph“ – der „decline“[61] des Spätwerks wird mit allerlei künstlerischen, psychologischen und schließlich gar gesundheitlichen Problemen[62] begründet – bestenfalls könne Winogrands Spätphase als letztlich gescheiterter Versuch, einen Neuanfang zu wagen, beschrieben werden.

Also ist es ebenso folgerichtig wie auffällig, dass die Präsenz des Fotografen und damit die „Kontrollfunktion namens Subjektivität [...], die [...] Kunst über Technik“[63] erhebt, mithin die Bilder Egglestons und Winogrands von den Schnappschüssen automatischer Sonden bzw. Aufklärungssatelliten oder denen der Normalbürger differenzierbar macht, in der öffentlichen Präsentation von Egglestons und Winogrands Arbeit an signifikanter Stelle immer wieder inszeniert wird. Die ‚Spuren der Persönlichkeit’ (Bazin) werden richtiggehend nachgereicht.
Im Katalog zur Winogrand Retrospektive 1988, Figments from the Real World, ist genau in den beiden Bildern, die die Sektion „Unfinished Work“, also eine kleine Auswahl von Bildern aus der exzessiven Spätphase, einleiten, der Schatten des Fotografen im Bild zu sehen: In Abb. 3 (Santa Monica, California, 1982/83) sieht man den Schatten klein auf dem entfernten Hang und das auf der Treppe sitzende Pärchen scheint den Fotografen anzusehen und so seine Präsenz zu verbürgen. Dasselbe gilt für Abb. 4 (Huntington Gardens, 1982/83), wo der Schatten Winogrands aus dem Vordergrund geradezu auf die fotografierten Subjekte fließt.[64] Noch mehr fällt diese Inszenierung bei William Eggleston auf: 1999 bekommt er den hoch dotierten Hasselblad Award verliehen. Das Plakat, welches die zugehörige Ausstellung im Museet for Fotokunst, Odense vom 15.1. - 27.2.2000 ankündigte, zeigt ein Bild Egglestons, das nicht nur eher untypisch für Eggleston ist, sondern auch im Katalog zum Hasselblad Award[65] gar nicht vorkommt (Abb. 5). Der springende Punkt an dem Plakat ist natürlich, dass Egglestons Schatten rechts unten im Bild zu sehen ist und dass man dem Schatten ablesen kann, dass er im Moment der Aufnahme durch den Sucher sah – also ein klassisches Kriterium für fotografische Kunst erfüllt (Abb. 6 zeigt den entsprechenden Ausschnitt vergrößert und nachbearbeitet) – und noch etwas: Auf der braunen Holztür ist ein weiß und braun gehaltener weiblicher Akt abgebildet. Das Maler/Modell-Schema, das ein konstitutives Element mindestens der klassisch-modernen Konzeption der Kunst zu sein scheint, wird hier wiederholt.[66] So betrachtet, ist es alles andere als zufällig, dass die bekannteste Werkgruppe von Winogrand in dem Buch Women are beautiful[67] zusammengefasst ist und eine Ansammlung relativ aggressiver street photos junger, für den oft als Macho und Chauvinisten bezeichneten Winogrand, sexuell attraktiver Frauen darstellt. Abb. 7 (New York 1968) ist in dieser Hinsicht besonders signifikant, zeigt sie nicht nur das Objekt der Begierde, sondern schließt – ähnlich wie in dem eben diskutierten Plakat – den Autor ein: als Spiegelung in der Fensterscheibe.[68] Darüber hinaus ist es nur konsequent, dass – trotz der sonstigen weitgehenden Abwesenheit von Menschen in Egglestons Fotos[69] – auf dem Katalog zum Hasselblad Award das Foto einer jungen Frau abgebildet ist (Abb. 8) und das erste Bild im Katalog das (vermutlich) einzige Selbstporträt des ‚Meisters’ ist, der genau in die Richtung blickt, in der – würde man die Fotos übereinander legen – die Muse säße (Abb. 9). Die Aufzählung ließe sich beliebig fortsetzen: z. B. zeigt das erste Foto in Egglestons kleinem Bändchen Horses & Dogs ein Stückchen des Fotografen im Rückspiegel eines Autos (Abb. 10), während das letzte Foto wieder eine Frau zeigt, die mit ihrem Blick in die Kamera die Existenz des Fotografen bestätigt (Abb. 11): die Bildersequenz des Bandes ist also geradezu vom Autor „Eggleston“ eingeschlossen...

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Es zeigt sich an diesen Inszenierungen einer Autorfigur, dass das Konzept eines durch ein Künstlersubjekt strukturierten und so legitimierten Oeuvres bestimmte Grenzen zu haben scheint[70], die – nicht zuletzt aus ökonomischen Gründen – nicht gesprengt werden dürfen, aber von Eggleston und mehr noch von Winogrands Fotografie überschritten zu werden drohen. Dabei möchte ich keineswegs unterstellen, dass dies ein intendierter, subversiver Gestus von Eggleston und Winogrand ist (wenn überhaupt, trifft das auf Letzteren zu). Die Ursache liegt vielmehr in Szarkowskis ästhetischem Programm. Er hatte versucht das Technisch-Unbewusste der Fotografie, das für alle früheren Versuche der Nobilitierung von Fotografie zur Kunst ein Hindernis war, nun gerade in eine modernistische Ästhetik einzugemeinden. Gestützt auf Greenbergs Imperativ, daß eine modernistische auch eine medien-reflexive Ästhetik sein müsse, wurden der schnelle und automatische Charakter der Bildherstellung und somit die Akkumulation eines amorphen Archivs, sowie das automatisch im Bild gespeicherte Detail und also die Ästhetik des Schnappschusses nicht länger schamhaft verdrängt, sondern ins Zentrum der fotografischen Ästhetik gerückt – darin ist Szarkowskis Konzept nicht so sehr vom etwa zeitgleichen, ‚amateuristischen’ Einsatz der Fotografie in der konzeptuellen Kunst verschieden.[71] Doch anders als in der konzeptuellen Kunst waren die Fotografien für Szarkowski kein Mittel für außer-fotografische künstlerische Strategien, sondern Endzweck – insofern Szarkowski gerade einer der Auguren einer ‚Kunstfotografie’ (gegenüber einer mit Fotografien arbeitenden Kunst) war. Während der Schnappschuss für die konzeptuelle Kunst eben als unkünstlerischer Schnappschuss dazu dienen konnte das Unkünstlerische in die Kunst zu integrieren und so den Status von Kunst bzw. des Künstlers und seiner Autorfunktion zu hinterfragen, sollen die Bilder von Eggleston und Winogrand trotz der (oft) gegebenen oberflächlichen Ähnlichkeit ja gerade fundamental von Schnappschüssen verschieden sein – da beseelt von einer ‚künstlerischen Intuition’.[72] So tritt Szarkowskis Begrüßung des Ephemeren, Provisorischen, Elliptischen und Fragmentarischen im automatischen Bild der Fotografie in eine unaufhebbare Spannung zu der für die Kunstfotografie konstitutiven Funktion des Autors und dem mit dieser Funktion gewonnenen Unterscheidungskriterium Kunst/Nicht-Kunst. In dieser Spannung und somit am Rande der ‚Kunstfotografie’ entfaltet sich die Fotografie von William Eggleston und Garry Winogrand – was eben genau ihr Reiz sein mag.


BILDNACHWEISE:

Abb. 1 William Eggleston: [o. T.], aus: 2 ¼.
Abb. 2 Garry Winogrand: [Proof Sheet] 1982/83, aus: Figments from the Real World.
Abb. 3 Garry Winogrand: Santa Monica 1982/83, aus: Figments from the Real World.
Abb. 4 Garry Winogrand: Huntington Gardens 1982/83, aus: Figments from the Real World.
Abb. 5 William Eggleston: Plakat zur Ausstellung im Rahmen der Verleihung des Hasselblad Awards 1999.
Abb. 6 William Eggleston: Plakat zur Ausstellung im Rahmen der Verleihung des Hasselblad Awards 1999. Detail.
Abb. 7 Garry Winogrand: New York 1968 [aus:] Women are beautiful 1975, aus: Figments from the Real World.
Abb. 8 William Eggleston: Cover von Hasselblad Award.
Abb. 9 William Eggleston: Selbstporträt in Hasselblad Award.
Abb. 10 William Eggleston: [aus:] Horses and Dogs, erstes Foto.
Abb. 11 William Eggleston: [aus:] Horses and Dogs, letztes Foto.








[1] In: Monkeys Make the Problem More Difficult: A Collective Interview with Garry Winogrand. In: Image. Journal of Photography and Motion Pictures of the International Museum of Photography at George Eastman House. Vol. 15, No. 2, 1977, S. 11 und zit. in: SZARKOWSKI, JOHN: The Work of Garry Winogrand. In: WINOGRAND, GARRY. Figments from the Real World. Ausstellungskatalog. New York. 1988. New York 1988, S. 11–41, hier: S. 32.
[2] EGGLESTON, WILLIAM: Ancient and Modern. Ausstellungskatalog. London. 1992. New York 1992, S. 50.
[3] BAZIN, ANDRÉ: Ontologie des fotografischen Bildes. In: KEMP, WOLFGANG (Hg.): Theorie der Fotografie, Bd. 3, 1945–1980, München 1983, S. 58–64, hier: S. 62.
[4] Vgl. zu der „narzisstischen Kränkung“, die das automatische Bild der Fotografie mit seinen überbordenden Details dem Menschen zufügt: DÄRMANN, IRIS: Tod und Bild. Eine phänomenologische Mediengeschichte. München 1995, S. 407–410. Im neunzehnten Jahrhundert zeigte zudem die Chronofotografie Muybridges, wie wenig richtig das menschliche Auge Bewegungen wahrnimmt – ein Schlag für viele Künstler.
[5] KEMP, WOLFGANG. In: ders.: Theorie der Fotografie, Bd. 1, 1839–1912, München 1980, S. 88.
[6] ADAMS, ANSEL: Ein persönliches Credo [1943]. In: KEMP, WOLFGANG (Hg.): Theorie der Fotografie, Bd. 3, 1945–1980. München 1983, S. 40–46; hier: S. 45; Hervorhebung J. S.
[7] Bezeichnenderweise schreibt Adams (ebd.) auch: „Fotografie ist kein Zufall, sie ist ein Konzept.“ Vgl. GREEN, JONATHAN: American Photography: a Critical History 1945 to the Present. New York 1984, S. 30: „Adams found in this [zone] system the answer that pictorialists in photography had long been seeking: a means of controlling the optical, mechanical medium with the same finesse the painter managed with the brush and palette“; Hervorhebung. J. S.
[8] Zur historischen Entstehung eines Copyrights an maschinell hergestellten Bildern, was in den kapitalistischen Gesellschaften eine Vorbedingung für ihren möglichen Status als Kunst ist, vgl. TAGG, JOHN: A Legal Reality. The Photograph as Property in Law. In: ders.: The Burden of Representation. Houndsmill u. a. 1988, S. 103–117, insb. S. 111. Zum ökonomischen Nutzen ‚künstlerischer’ Bestrebungen in der Fotografie, vgl. KELLER, ULRICH: The Myth of Art Photography: A Sociological Analysis. In: History of Photography. Vol. 8, No. 4, 1984, S. 249–275, hier: S. 268 zur Bedeutung der Fotoindustrie für die fotokünstlerischen Bemühungen der New Yorker Photo-Secession und Alfred Stieglitz. Zur Rolle des Dept. of Photography am MoMA, vgl. PHILLIPS, CHRISTOPHER: The Judgment Seat of Photography. In: MICHELSON, ANNETTE; KRAUSS, ROSALIND; CRIMP, DOUGLAS U. COPJEC, JOAN (Hg.): October. The First Decade. 1976–1986. Cambridge, MA u. London 1987, S. 257–293.
[9] GREENBERG, CLEMENT: Modernistische Malerei [1961]. In ders.: Die Essenz der Moderne. Ausgewählte Essays und Kritiken. Hg. von Karlheinz Lüdeking. Basel und Dresden 1997, S. 265–278, hier: S. 267. Auf den Zusammenhang zwischen Szarkowski und Greenberg hat BURGIN, VICTOR: Photography, Phantasy, Function. In ders. (Hg.): Thinking Photography. Houndmills u. a. 1982, S. 177–216, hier: S. 208–212 verwiesen.
[10] Vgl. DUBOIS, PHILIPPE: Der fotografische Akt. Basel und Dresden 1998, S. 68–73 zu den Fotogrammen. Szarkowskis Konzept wurde kritisiert: Er würde zwar Greenbergs modernistisches Programm adoptieren, aber ohne wirklich dessen Insistenz auf die Materialität des Trägers anzunehmen, vgl. BURGIN, Photography, S. 209 und PHILLIPS, Judgment Seat, S. 287. Burgins radikale Schlussfolgerung, die Annahme des Greenbergschen Programms müsse in bezug auf die Fotografie in der Anerkennung der Fotogramme als eigentlich modernistischer Form münden, scheint mir übertrieben. Erstens wäre zu klären, ob die Kamera zur „Spezifik“ der Form der Fotografie, wie sie sich historisch herausgebildet hat, nicht dazugehört – was eine Diskussion der schwierigen Frage, inwieweit die Fotografie in der Tradition der Camera Obscura steht oder nicht, einschlösse, vgl. dazu CRARY, JONATHAN: Modernizing Vision. In: FOSTER, HAL (Hg.): Vision and Visuality. Discussions in Contemporary Culture. Seattle 1988, S. 29–44.
Zweitens ist Greenbergs Programm etwas komplizierter: Er räumt ein, dass die (seiner Auffassung nach) spezifische Flächigkeit der Malerei „niemals absolut“ realisiert werden kann und dass die „optische Illusion [...] weiterhin [...] gestattet“ bleibt (GREENBERG, Modernistische Malerei, S. 273), was bedeutet, dass Greenberg selbst in Bezug auf die Malerei keine absolut strikte Abwendung vom Gegenstand fordert. Im Hinblick auf die Fotografie bemerkt er daher: „Die moderne Malerei musste [...] abstrakt werden, wozu verschiedene [...] Gründe beigetragen haben, welche die Photographie in ihrer heutigen Form aber kaum berühren. [...] Die Photographie ist die einzige Kunst, die es sich noch leisten kann, naturalistisch zu sein, und die tatsächlich im Naturalismus die höchste Wirkung erreicht.“ Und zur Kritik an Edward Weston heißt es: „Er ist der modernen Malerei in ihrem Vorbehalt gegenüber dem Bildgegenstand zu treu gefolgt“ (GREENBERG, CLEMENT: Das Glasauge der Kamera [1946]. In: ders.: Die Essenz der Moderne, S. 107–113, hier: S. 109/110).
[11] SZARKOWSKI, Photographer’s Eye, S. 8.
[12] Ebd., S. 42; Hervorhebung J. S. Zur Differenz zwischen Greenbergs und Szarkowskis Position in Bezug auf die Fotografie, insbesondere hinsichtlich der Frage ihres narrativen oder symbolischen Charakters, vgl. THORNTON, GENE: The Place of Photography in the Western Pictorial Tradition: Heinrich Schwarz, Peter Galassi and John Szarkowski. In: History of Photography. Vol. 20, No. 2, 1986, S. 85–98, hier: S. 88 und S. 91 zum Problem des Details bei Szarkowski.
[13] SZARKOWSKI, Photographer’s Eye, S. 42.
[14] In: EGGLESTON, WILLIAM: William Eggleston’s Guide. Ausstellungskatalog. New York. 1976. New York 1976, S. 7.
[15] Ebd., S. 8.
[16] Documenta 11_Platform 5: Ausstellung / Exhibition, Kurzführer / Short Guide, Ostfildern 2002, S. 66.
[17] Vgl. KING, GRAHAM: Say ‚Cheese’! The Snapshot as Art and Social History. London u. a. 1986, S. 180/181.
[18] Zitiert in: PHILLIPS, Judgment Seat, S. 288 Fußnote; Hervorhebung J. S.
[19] Ebd. Eggleston hat später selbst scharf die Benutzung der Bezeichnung snapshot in Bezug auf seine Arbeit verurteilt, vgl. EGGLESTON, WILLIAM: Afterword. In: ders. The Democratic Forest. London 1989, S. 171–173, hier: S. 173.
[20] Eggleston kommt aus Memphis und wird bisweilen in diffuser Weise als „Southern photographer“ bezeichnet, was er stets abgelehnt hat, vgl. dazu: An Interview with William Eggleston by Charles Hagen. In: Aperture. No. 115, 1989, S. 40 und 77.
[21] Vgl. SOLOMON-GODEAU, Abigail: Canon Fodder. Authoring Eugene Atget. In: dies.: Photography at the Dock. Essays on Photographic History, Institutions, and Practices. Minneapolis 1991, S. 28–51, hier: S. 44 zur Rhetorik der Mystifizierung bei Szarkowski. Im unerträglich pathetischen Nachwort zu EGGLESTON, WILLIAM: 2 ¼, Santa Fe 1999, o. P. bezeichnet Bruce Wagner den Fotografen gar als einen „Mystagogen“!
[22] WESKI, THOMAS: The Tender-Cruel Camera. In: Eggleston, William: The Hasselblad Award. Göteborg 1999, S. 8–16, hier: S. 11.
[23] SZARKOWSKI, JOHN: Die amerikanische Fotografie und die Tradition der Grenze. In: Symposion über Photographie. Steirischer Herbst 1979. Graz 1979, S. 98–107, hier: S. 107; Hervorhebung J. S. Die Übersetzung macht aus „voice“ bezeichnenderweise „Ich“.
[24] In: Monkeys Make the Problem More Difficult, S. 11.
[25] PHILLIPS, Judgment Seat, S. 286.
[26] Vgl. PHILLIPS, Judgment Seat, S. 287 Fußnote. Phillips weist darauf hin, dass Szarkowski nicht besonders an aufwendigen prints interessiert war. SWEETMAN, ALEX: The Death of the Author. Garry Winogrand 1928–1984. In: The Archive. No. 26, 1990, S. 5–12, hier: S. 6 bemerkt, dass Winogrand (im Einklang mit Szarkowskis Konzeption) die Idealisierung des handwerklich perfekten Abzugs ablehnte. Seinen Vorbehalt gegen das Konzept der Prävisualisierung hat Winogrand mehrfach in Sätzen wie „I have no preconceptions“ deutlich gemacht (zit. in: GREEN, American Photography, S. 32).
[27] SZARKOWSKI, Die amerikanische Fotografie, S. 107.
[28] Eine Einschränkung möchte ich an dieser Stelle machen: Einer der wichtigsten Aspekte, die an Eggleston immer wieder hervorgehoben werden, ist, dass er ein Meister der Farbfotografie und mit seiner schlicht Color Photographs genannten Ausstellung 1976 am MOMA die bis dahin als „vulgär“ (Walker Evans) geltende Farbfotografie in den musealen Raum eingezogen sei – doch auf diesen Aspekt kann ich im Folgenden nicht eingehen.
[29] HOLBORN, MARK: Introduction. In: Eggleston, Ancient and Modern, S. 11–26, hier: S. 21. Zur Idee der „demokratischen Fotografie“ vgl. SCHRÖTER, JENS: Das gasförmige Auge – William Eggleston. In: Der Schnitt. Nr. 14, 2/99, 1999, S. 16/17.
[30] Vgl. WALL, JEFF: Zeichen der Indifferenz: Aspekte der Photographie in der, oder als, Konzeptkunst. In: ders.: Szenarien aus dem Bildraum der Wirklichkeit. Essays und Interviews. Hrsg. von Gregor Stemmrich. Amsterdam und Dresden 1997, S. 375-434, insb.: S. 410-434 und zu Warhol S. 422.
[31] HOLBORN, Introduction, S. 20.
[32] In: DANESE, RENATO (Hg.): American Images. New Work by Twenty Contemporary Photographers. New York u. a. 1979, S. 80; Hervorhebung, J. S.
[33] Zu Ruscha, vgl. WALL, Zeichen der Indifferenz, S. 428-431.
[34] Eine Ausnahme ist das Portofolio Southern Suite (1981), in dem die meisten Fotos deutlich konzentrisch strukturiert sind.
[35] EGGLESTON, Ancient and Modern, S. 82.
[36] Auf die Frage: „How long a lag is there between seeing something, putting the camera to your eye, and tripping the shutter“ (eine Frage, die 1992 wiederum davon ausgeht, dass Eggleston doch durch den Sucher sieht) antwortete der Künstler: „Oh, it’s instant. [...] I’ve noticed through the years that when I stop and think, ‚What if I move a little bit here or there,’ the whole thing goes away and becomes a bore.“ In: EGGLESTON, WILLIAM: Horses and Dogs. Washington and London 1994, S. 11. Vgl. auch ebd., S. 6.
[37] Vgl. diesbezügliche Äußerungen von Eggleston in seinem Gespräch mit Ute Eskildsen, in: Eggleston, Hasselblad Award, S. 19. Die Kontrolle über die Farbigkeit ist dann gegeben, wenn er seine Fotos in dem sehr teuren und farbintensiven Dye-Transfer-Verfahren abziehen lässt – wofür er auch bekannt wurde, was er aber nicht immer macht. Dye-Transfer-Prints sind sehr haltbar und daher gut zum Sammeln geeignet – folglich kann die Benutzung dieses teuren Verfahrens auch als Teil der Strategie der Nobilitierung zur Kunst verstanden werden.
[38] FRITH, FRANCIS: Die Kunst der Fotografie [1859]. In: KEMP, Theorie der Fotografie, Bd. 1, S.100–103, hier: S. 103.
[39] EGGLESTON, Afterword, S. 172. Andernorts bekundet Eggleston, dass er bis zu sieben Rollen Film am Tag verschießt, vgl. EGGLESTON, Horses and Dogs, S. 10.
[40] HOLBORN, Introduction, S. 24. Vgl. auch EGGLESTON, Hasselblad Award, S. 5 und 6.
[41] In: An Interview with William Eggleston by Charles Hagen, S. 40.
[42] CHIARENZA, CARL: Standing on the Corner ... Reflections upon Winogrand’s Photographic Gaze: Mirror of Self or World? Part II. In: Image. Journal of Photography and Motion Pictures of the International Museum of Photography at George Eastman House. Vol. 35, Nos. 1/2, 1992, S. 25–45, hier: S. 38. Er bemerkt, dass Winogrand in dieser Phase – ähnlich wie zeitweilig Eggleston – „even the control of the restricting frame of the camera’s viewfinder“ verwarf.
[43] Vgl. GOLDSMITH, ARTHUR: Winogrand Leaves One-Third of a Million Unedited Frames Behind. In: Popular Photography. Vol. 98, No. 4, April 1986, S. 14/15. Etwas andere Zahlen über den Nachlass liefert SZARKOWSKI, The Work of Garry Winogrand, S. 35/36.
[44] Vgl. SWEETMAN, The Death of the Author, S. 8; CHIARENZA, Standing on the Corner ... Part II, S. 38 und FRISINGHELLI, CHRISTINE: William Eggleston. Morals of Vision. In: Camera Austria. No. 72, 2000, S. 5–13, insb. S. 13, wo sie die These aufstellt, dass bei Eggleston der Arbeitsprozess selbst, statt irgendwelcher zu isolierender Bilder, Zentrum des „Werks“ sei. Egglestons Behauptung, das Archiv seiner Prints selbst sei das Werk (in: An Interview with William Eggleston by Charles Hagen, S. 40) wurde bereits genannt.
[45] KNAPE, GUNILLA: Foreword. In: EGGLESTON, Hasselblad Award, S. 5.
[46] GETHMANN, DANIEL: Unbemannte Kamera. Zur Geschichte der automatischen Fotografie aus der Luft. In: Fotogeschichte. Jg. 19, Nr. 73, 1999, S. 17–27, hier: S. 17.
[47] SEKULA, ALLAN: Das instrumentalisierte Bild. Steichen im Krieg. In: Fotogeschichte. Jg. 12, H. 45/46, 1992, S. 55–74, hier: S. 58. Die Auswertung der riesigen Bildermengen, die durch Spionagesatelliten erzeugt werden, ist ein derart zeitaufwendiges Unterfangen, dass schon früh die Idee entstand, Computer dies verrichten zu lassen, vgl. dazu DELANDA, MANUEL: Policing the Spectrum. In: ders.: War in the Age of Intelligent Machines. New York 1991, S. 194–203 und MANOVICH, LEV: The Automation of Sight. From Photography to Computer Vision. In: DRUCKREY, TIMOTHY (Hg.): Electronic Culture. Technology and Visual Representation. New York 1996, S. 229–240. Passenderweise macht SWEETMAN, The Death of the Author, S. 9 den ironischen Vorschlag, doch eine Software namens CURATOR zu entwickeln, die, gestützt auf maschinelle Bilderkennung und Künstliche Intelligenz, aus dem riesigen Winogrand-Archiv selbsttätig immer neue Ausstellungen generiert.
[48] EGGLESTON, Ancient and Modern, S. 50. Eggleston bezieht die letzte Bemerkung zwar auf schnell fliegende Insekten, aber sie passt ebenso auf den maschinellen Blick von Satelliten. In einem anderen Interview betont er allerdings: „And I’ve tried to make a lot of different photographs as if a human did not take them. Not that a machine took them, but maybe something took them that was not merely confined to walking on the earth“ (in: HAWORTH-BOOTH, MARK: William Eggleston. An Interview. In: History of Photography. Vol. 17, No. 1, Spring 1993, S. 49–53, hier: S. 53; Hervorhebung, J. S.). Bezeichnenderweise wird hier der automatische Charakter des fotografischen Bildes verdrängt: Auch das ominöse, sich offenbar wie eine Aufklärungssonde durch Luft oder Wasser bewegende „something“ muss, wenn es denn fotografiert, die Bilder von einer Maschine machen lassen: Fotografien und auch Fotogramme sind ohne die automatischen Vorgänge nicht zu haben – ob es Künstlern und Kuratoren nun passt oder nicht. Zur Verdrängung der Technizität der Fotografie schon in The Photographer`s Eye vgl. NEUMANN, PIA: Metaphern des Misslingens. Amerikanische Dokumentarfotografie der sechziger und siebziger Jahre zwischen Konzeptkunst und Gesellschaftskritik. Frankfurt a. M. 1996, S. 140.
[49] Vgl. CHIARENZA, Standing on the Corner ... Part II, S. 43.
[50] Vgl. SEKULA, Das instrumentalisierte Bild, S. 66. Vgl. Haus, Andreas: Luftbild – Raumbild – Neues Sehen. In: Fotogeschichte. Jg. 12, H. 45/46, 1992, S. 75–90.
[51] Vgl. WELTY, EUDORA: Foreword. In: Eggleston, The Democratic Forest, S. 9–15, hier: S. 10. Nur auf 12 der 148 Bilder in The Democratic Forest sind Menschen zu sehen und nur in zweien stehen die Personen im Mittelpunkt. In The Guide war der Mensch noch ein häufiger Gast in Egglestons Fotos.
[52] HOLBORN, Introduction, S. 21.
[53] Vgl. BENJAMIN, WALTER: Eine kleine Geschichte der Photographie [1931]. In ders., Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit. Frankfurt a. M. 1977, S. 45–64, insb. S. 58 und 64. Signifikant ist so gesehen, dass das zweite der zentral Menschen darstellenden Fotos in The Democratic Forest („Winston“, S. 128) einen kleinen Jungen zeigt, der einen Waffenkatalog (!) liest. Es sei auch auf ein Foto aus EGGLESTON, Ancient and Modern, S. 69 verwiesen, das ein Szenario wie nach einem Bombenanschlag zeigt...
[54] SIEGERT, BERNHARD: Luftwaffe Fotografie. Luftkrieg als Bildverarbeitungssystem 1911–1921. In: Fotogeschichte. Jg. 12, H. 45/46, 1992, S. 41–54, hier: S. 43.
[55] Zitiert in: SZARKOWSKI, The Work of Garry Winogrand, S. 34. Auf S. 32 findet man die verwandte Äußerung Winogrands: „I’m irrelevant to the pictures“, vgl. auch CHIARENZA, Standing on the Corner ... Part II, S. 44: „At the end he [=Winogrand, J. S.] often seems to have become one with the camera machine, as if allowing it to mass produce frames of nothingness.“
[56] SZARKOWSKI, The Work of Garry Winogrand, S. 36.
[57] Ebd., S. 38.
[58] Vgl. SWEETMAN, The Death of the Author, S. 11. Zu musealen Präsentationsformen der Fotografie vgl. PHILLIPS, Judgment Seat und zur Lomographie vgl. ALBERS, IRENE: Knipsen, Knipsen, Knipsen. Das Projekt Lomographie: ein ‚Fingerabdruck der Erde im auslaufenden zweiten Jahrtausend’. In: Fotogeschichte. Jg. 17, H. 64, 1997, S. 35–45, S. 35. Dort beschreibt Albers die Lomographie in einer Weise, die unheimlich an Egglestons und Winogrands Arbeit erinnert. Vgl. auch CHIARENZA, Standing on the Corner ... Part II, S. 43.
[59] Wie NEUMANN, Metaphern des Mißlingens, S. 143/144 hervorgehoben hat, gibt es Tendenzen im Diskurs Szarkowskis, den Autorenbegriff zu unterlaufen, insbesondere wenn es um ‚allgemein-photographische’ ästhetische Fragestellungen wie in The Photographer’s Eye geht, einer Ausstellung, die auch zahlreiche Fotografien von unbekannten FotografInnen enthielt. Wenn es aber um Ausstellungen einzelner Künstler geht, muss Szarkowski am Konzept des Autors festhalten, um die Kohärenz des Oeuvres und im Falle von Eggleston und Winogrand die Distanz zum Schnappschuss zu wahren.
[60] Vgl. GOLDSMITH, Winogrand, S. 14 über Winogrand: „He was one of the most prolific shooters I ever met, and if he hadn’t burned up several 36-exposure rolls of film before lunch, it was hardly a working day for him.“ Außerdem stand das ungeordnete Bilderarchiv schon am Anfang von Winogrands Karriere: So berichtet Szarkowski über ihr erstes Treffen, dass der Fotograf seine Fotos ungeordnet in zwei großen Einkaufstüten mitbrachte (in: HAWORTH-BOOTH, MARK: An Interview with John Szarkowski. In: History of Photography. Vol. 15, No. 4, 1991, S. 302–306, hier: S. 303/304).
[61] SZARKOWSKI, The Work of Garry Winogrand, S. 36.
[62] Am Rande sei bemerkt, dass Eggleston Alkoholiker ist und Winogrand es war.
[63] KITTLER, Friedrich: Kunst und Technik. Basel 1997, S. 15.
[64] Mit Dank an Holger Steinmann.
[65] Vgl. EGGLESTON, Hasselblad Award.
[66] Vgl. dazu NEAD, LYNDA: The Female Nude. Art, Obscenity and Sexuality. London, New York 1992, S. 56–58 in Bezug auf: DERRIDA, JACQUES: Sporen. Die Stile Nietzsches. In: Hamacher, Werner (Hg.): Nietzsche aus Frankreich. Frankfurt a. M./Berlin 1986, S. 129–168; JONES, AMELIA: Dis/playing the Phallus: Male Artists Perform their Masculinities. In: Art History. Vol. 17, No. 4, 1994, S. 546–584 und BERGSTEIN, MARY: The Artist in his Studio: Photography, Art and the Masculine Mystique. In: The Oxford Art Journal. Vol. 18, No. 2, 1995, S. 45–58.
[67] Vgl. WINOGRAND, GARRY: Women are beautiful. New York 1975. Zur Diskussion um dieses Buch, vgl. CHIARENZA, Standing on the Corner ... Part II, S. 25–30.
[68] Bei einer Ausstellung einiger Fotos aus Women are beautiful im Sommer 2000 in der Galerie Zander, Köln zierte symptomatisch dieses Foto die Einladungskarte.
[69] Im Hasselblad Award-Katalog sind auf 14 von 60 Fotos Personen abgebildet – die vergleichsweise hohe Quote liegt am Einschluss vieler früher Fotos Egglestons in den Band.
[70] Die schon, wie das Beispiel Winogrand zeigt, rein quantitativer Natur sein können, vgl. dazu auch KRAUSS, ROSALIND: Die diskursiven Räume der Fotografie. In: dies.: Die Originalität der Avantgarde und andere Mythen der Moderne. Hg. von Herta Wolf. Dresden und Basel 2000, S. 175–195, insb. S. 187/188. Der fundamentale Text zur Funktion des „Autors“ für die diskursive Strukturierung eines Werkes ist FOUCAULT, MICHEL: Was ist ein Autor? In: ders. Schriften zur Literatur. Frankfurt/M. 1988, S. 7-31.
[71] Vgl. WALL, Zeichen der Indifferenz, S. 410-434.
[72] So John Szarkowski in: EGGLESTON, Guide, S. 6.