DIE FORM DER FARBE
Zu einem Parergon in Kants Kritik der Urteilskraft
Von Jens Schröter*
Das Schöne ist das Maß, das
Symmetrische, das Begrenzte
PLATON
Reinheit aber ist auch Schönheit
Friedrich HöLDERLIN, Phaeton
Segmente
Unvermutet erfahren Kants Reflexionen über die Farbe in einer
medientheoretischen Untersuchung kritische Beachtung: Aus medientheoretischer
Sicht findet einerseits Zustimmung, daß Kant in seiner Kunsttheorie
versuchte, „die Frequenztheorie von Licht und Ton, wie der große
Mathematiker Euler sie aufgestellt hatte, ins Geschmacksurteil über das
Schöne einzubeziehen.“ Dieser Versuch gehörte noch einer Zeit
an, in der „harte Wissenschaften, etwa Physik oder Astronomie, ihren
akademischen Ort fraglos in philosophischen Fakultäten hatten“. Der
Rückgriff auf die Frequenztheorie von Licht und Ton habe es Kant
andererseits aber erspart, „wissenschaftliche Analysen von
Wahrnehmungsprozessen zu berücksichtigen“. In „aller
philosophischen Arroganz“ beanspruche er, daß der Begriff der
Apperzeption aus eigener Kraft die „Transformation“ von etwas, das
schon er „Daten“ der Empfindung genannt habe, in strukturierte
Objekte einer „inneren Vorstellung“ leisten
könne. [1] In der Tat: Kant
versucht, im Rahmen der Dritten Kritik und im engeren Kontext der Analytik des
Schönen die Farbe nicht nur in ihrer reizvollen Wirkung, sondern auch im
Blick auf die Erfahrung ihrer Schönheit in den Blick zu bringen und diese
Erfahrung transzendental-philosophisch zu begründen. Er greift dazu auf die
Wellentheorie des Lichts des Schweizer Mathematikers Leonhard Euler zurück,
die sich in dessen „Nova theoria lucis et colorum“ (1746) sowie - in
populärer Fassung - in seinen „Lettres à une Princesse
d‘Allemagne“ (1768) findet. Kant behandelt die Farbe im Kontext
der Analytik des Schönen im Zusammenhang mit der Bestimmung des
Geschmacksurteils seiner Relation nach, also hinsichtlich der Bestimmung einer
„Zweckmäßigkeit ohne Zweck“ als formaler Bestimmung des
schönen Objekts. Kant erläutert die Bestimmung der
Zweckmäßigkeit der Form im Paragraph 14 der „Kritik der
Urteilskraft“ durch Beispiele. Bezeichnenderweise findet sich hier seine
doppelsinnige Auffassung über den Reiz wie auch über die
Schönheit, d. h. die Form der Farbe, die er im Hinblick auf
die Beurteilung eines Objekts „seiner Form wegen“
(41/225) [2] als schön, wie sie
aus seiner Theorie des ästhetischen Urteils folgt, erörtert. Den
kunsttheoretischen Diskurs der Zeit [3]
aufnehmend, geht Kant im übrigen auf die Farbe im Zusammenhang mit der
Zeichnung ein. Im Paragraph 14 heißt es zunächst „Eine
bloße Farbe, z. B. die grüne eines Rasenplatzes, ein bloßer Ton
(zum Unterschied vom Schalle und Geräusch), wie etwa der einer Violine,
wird von den meisten an sich für schön erklärt; obzwar
beide bloß die Materie der Vorstellungen, nämlich lediglich
Empfindung, zum Grunde zu haben scheinen, und darum nur angenehm genannt
zu werden verdienten. Allein man wird doch zugleich bemerken, daß die
Empfindungen der Farbe sowohl als des Tons sich nur sofern für schön
zu gelten berechtigt halten, als beide rein sind; welches eine Bestimmung ist,
die schon die Form betrifft, und auch das einzige, was sich von diesen
Vorstellungen mit Gewißheit allgemein mitteilen läßt“
(39f./224; Hvh., J.S.). Diese Textstelle berührt die Farbe (wie auch den
Ton) unter verschiedenen Aspekten: ‘Bloße’ Farben gelten nicht
als schön, sondern als angenehm, da ihnen Empfindungen, die
Materie der Vorstellungen zugrunde liegen. Jedoch kann der Farbe auch ein
Moment von Schönheit zukommen, dann nämlich wenn sie rein ist.
Das Vorgehen Kants läuft auf eine - mit Derrida gesagt - „Ambivalenz
der Farbe“ hinaus, auf ihre Bewertung als Schönheit einerseits, als
Anreiz andererseits, eine Ambivalenz, die Derrida den „parergonalen
Doppelsinn“ der Farbe nennt. [4]
Somit ist zu fragen, inwiefern auf der einen Seite Kant die bloße
Farbe als angenehm einstuft und zum anderen, inwiefern der Farbe ein Moment
von Schönheit zukommen kann, was an dieser Stelle Reinheit besagen
soll und wie dieser Aspekt in den Rahmen der kantischen Philosophie einzuordnen
ist. Der Kern dieser Problematik liegt beschlossen in der Relation der
Zweckmäßigkeit ohne Zweck, mit der Kant den schönen Gegenstand
im Kontext seiner Theorie des ästhetischen Urteils formal bestimmt. Zudem
muß diese Problematik im erkenntnistheoretischen Kontext der „Kritik
der reinen Vernunft“ erörtert werden. Leitend ist also der Blick auf
den transzendentalphilosophischen Ausgangspunkt, von dem aus die doppelte
Perspektive sich ergibt, in der Kant in der „Kritik der
Urteilskraft“ auf die Farbe eingeht. Der, Kants Theorie kennzeichnende,
Doppelsinn der Farbe wird im folgenden daher im Zusammenhang der Theorie des
ästhetischen Urteils erörtert (I-III). Dabei ist auch zu fragen, wie
sich sein Ansatz von den eng miteinander verwandten Theorien der Farbe von
Goethe und Hegel unterscheidet (IV). Abschließend wird dann die zuerst von
Goethe sogenannte „sinnlich-sittliche“ Wirkung der Farben in den
Blick kommen (V).
I
Kants Theorie des ästhetischen Urteils besagt, daß dieses
Urteil von einer anderen Logik geprägt ist als ein Erkenntnisurteil, da
sein „Bestimmungsgrund nicht anders als subjektiv“ (4/203) zu denken
ist. [5] Das bedeutet, daß dieses
Urteil, anders als ein objektives Erkenntnisurteil, notwendig und
konstitutiv mit einem Gefühl der Lust, einem Wohlgefallen, d. h. mit einer
Beziehung auf das urteilende Subjekt selbst, verbunden ist. Diese
Abgrenzungsstrategie [6] wirft sogleich
die Frage auf, ob und wie das Urteil über das Schöne von anderen
Urteilen, die Wohlgefallen mit sich führen, abgegrenzt werden kann.
Kant postuliert zwei weitere Urteilsformen, die Wohlgefallen auslösen: Das
Urteil über das Angenehme und das Urteil über das Gute.
Um das ästhetische Urteil qualitativ von diesen beiden abzugrenzen,
schlägt Kant vor, das ästhetische Urteil als interesselos zu
denken, d. h. das Wohlgefallen an dem, für schön befundenen, Objekt
hängt nicht an dessen Existenz. Das Urteil über das Angenehme - von
Kant auch Sinnenurteil genannt - hat zur Folge, daß die Nähe
des angenehmen Objekts weiter gewünscht und gesucht wird, d. h. es besteht
ein Interesse an seiner Existenz und das Urteil über das Gute führt
ein Interesse an der Realisation, der Existenz des für gut Befundenen bei
sich. Demgegenüber „will man aber, wenn die Frage ist, ob etwas
schön sei, nicht wissen ob uns oder irgend jemand, an der Existenz der
Sache irgend etwas gelegen sei, oder auch nur gelegen sein könne; sondern,
wie wir sie in der bloßen Betrachtung (Anschauung oder Reflexion)
beurteilen“ (5/204; Hvh., J.S.). Während das Urteil über das
Gute zudem dadurch charakterisiert ist, daß ein Begriff des Gegenstandes
(z.B. einer bestimmten Handlung) vonnöten ist, um ihn überhaupt als
gut einstufen zu können (vgl. 21/213), ist das Urteil über das
Schöne frei, d. h. „kein Interesse, weder das der Sinne noch
das der Vernunft zwingt den Beifall ab“ (15/210). Damit ist die
Qualität des ästhetischen Urteils charakterisiert. Das Absehen
von der Existenz des beurteilten Gegenstandes und die Auffassung des
ästhetischen Urteils als Reflexions-Geschmack
(22/214) [7] weisen bereits darauf
hin, daß das Gefühl der Lust, das ein ästhetisches Urteil
begleitet, nicht aus einem direkten Gegenstandsbezug resultiert. In den
Paragraphen 6 bis 9 bestimmt Kant das ästhetische Urteil weiter seiner
Quantität nach als ohne Begriff allgemein. Wenn im
Urteil über das Angenehme „keiner dem anderen Einstimmung zu
seinem Urteile zumutet, welches doch im Geschmacksurteil über das
Schöne jederzeit geschieht“ (ebd.), so läßt sich die
allgemeine Zustimmung zu einem ästhetischen Urteil nicht argumentativ, d.
h. unter Benutzung von Begriffen, erzwingen: „Wenn man Objekte bloß
nach Begriffen beurteilt, so geht alle Vorstellung der Schönheit verloren.
Also kann es auch keine Regel geben, nach der jemand genötigt werden
sollte, etwas für schön anzuerkennen. Ob ein Kleid, ein Haus, eine
Blume schön sei: dazu läßt man sich sein Urteil durch keine
Gründe oder Grundsätze beschwatzen“ (25/215f.). Da kein
Begriff des Gegenstandes im Spiel sein kann, da sonst der Beobachtung wie
Menschen sich zur Erfahrung des Schönen
verhalten [8] - sie lassen sich nicht
„ beschwatzen“ - widersprochen würde, muß der
Allgemeinheitsanspruch, der das ästhetische Urteil vom Sinnenurteil trennt,
anders als über benennbare - begrifflich fixierbare - Eigenschaften des
Gegenstandes begründet werden. Die Erfahrung des Schönen - so
argumentiert Kant - erzeugt in der bloßen Betrachtung (Anschauung oder
Reflexion) ein Wohlgefallen, das den Anspruch auf subjektive
Allgemeingültigkeit erheben kann, ohne daß ein Begriff des
Gegenstandes erfordert wird. Dabei resultiert das Wohlgefallen aus dem
sogenannten „freien Spiele der Einbildungskraft und des Verstandes (sofern
sie untereinander wie es zu einem Erkenntnisse überhaupt erforderlich ist,
zusammenstimmen)“ (29/218). [9]
Dieses Spiel bedeutet erstens, daß nicht die, durch die
Synthesis der Apprehension und Reproduktion der Einbildungskraft
vorstrukturierten, Anschauungen unter die Kategorien der reinen
Verstandesbegriffe subsumiert und damit als objektive Erkenntnis begrifflich
fixiert werden, sondern daß das Zusammenspiel von Einbildungskraft und
Verstand unabgeschlossen bleibt und zu keinem Begriff
gelangt. [10] Das Wohlgefallen ist
„Lust an der Harmonie der Erkenntnisvermögen“ (29/218).
Käme der Prozeß zwischen Einbildungskraft und Verstand zu einem
Abschluß, einem Begriff, wäre das „beseligende sich
selbst Zuschauen des ‘Anschauens’ und
‘Denkens’“ [11]
beendet, was Kants Charakterisierung der Lust als eines auf Erhaltung dieses
Zustands ausgerichteten Gefühls (vgl.
33/220) [12] widerspräche.
Dieses Gefühl [13] kann sich im
begrifflichen Denken gar nicht einstellen. Heinz Paetzold betont zu Recht,
daß die Durchbrechung des Prozesses der objektiven Erkenntnis im
ästhetischen Urteil „zwanglos die Übereinstimmung von
Rezeptivität der Sinnlichkeit und Spontaneität des Verstandes
herstellt“ und insofern „eine Erkenntnis [verkörpert], die ohne
Mühe und Zwang sich
abspielt“. [14] Dieser Aspekt,
daß sich der Mensch im ästhetischen Urteil seiner eigenen
Vermögen in Freiheit bewußt wird und daran Wohlgefallen
empfindet, ist zentral. Da Kant nun annimmt, daß jedem Menschen eine
gleichartige Struktur oder Anlage der Erkenntnisvermögen zukommt
(31f./219), muß jeder Mensch das freie Spiel der Erkenntniskräfte
(zumindest prinzipiell) erfahren können. Dies bedeutet auch, daß das
Wohlgefallen am Schönen obwohl kein abschließender Begriff (keine
Regel) vorliegt, prinzipiell allgemein mitteilbar sein
muß. [15]Die
Begriffslosigkeit des Reflexions-Geschmacks ist indes nicht so zu verstehen,
daß dieser nichts mit dem begrifflichen Erkenntnisvermögen, dem
Verstand, zu tun hätte, denn dieser ist ja am ‘freien Spiel’
beteiligt. Genau an diesem Punkt muß jedoch weitergefragt werden: Wenn das
Wohlgefallen aus einem selbstreferentiellen Prozeß der
Erkenntnisvermögen resultiert, ist es nicht einsichtig, warum zu seiner
Entstehung überhaupt noch ein Bezug auf ein als schön zu beurteilendes
Objekt, dessen Vorstellung uns affizieren muß, vorausgesetzt wird: „
... man kann a priori nicht bestimmen, welcher Gegenstand dem Geschmacke
gemäß sein werde, oder nicht, man muß ihn versuchen“
(XLVII/191). Irgendeine bestimmte Art von Gegenstandsbezug oder besser eine Art
Charakteristik oder Struktur des vorgestellten
Objekts [16] muß demnach
angenommen werden. Inwiefern kann aber ein Gegenstandsbezug hergestellt werden,
wenn kein Begriff des Gegenstandes vorliegen darf? In den Paragraphen 10 -
17 entwickelt Kant sein Konzept des ästhetischen Urteils nach der
Relation der Zwecke, die in Betracht kommen. Es gipfelt bekanntlich in
dem Satz: „Schönheit ist Form der Zweckmäßigkeit eines
Gegenstandes, sofern sie, ohne Vorstellung eines Zwecks an ihm wahrgenommen
wird“ (61/236). Kant spricht hier über die Rolle des Gegenstandes
für den Reflexions-Geschmack, die er, so Paetzold, als Wahrnehmung einer
„Form der Zweckmäßigkeit ... ohne Vorstellung eines
Zwecks“ definiert. [17] Eine
Zweckmäßigkeit ohne das Telos eines begrifflich fixierten
Zwecks verträgt sich mit der Forderung Kants nach der Begriffslosigkeit des
Urteils über das Schöne. Der Zweck, der „nach seinen
transzendentalen Bestimmungen“ der „Gegenstand eines Begriffs ist,
sofern dieser als Ursache von jenem angesehen wird“ (32/220), kann im
ästhetischen Urteil keine Rolle spielen, wohingegen
Zweckmäßigkeit ohne Zweck eine formale Bestimmung ist, die keinen
bestimmten Begriff von dem, was erreicht werden soll, in sich
schließt. [18] Zu unterscheiden
ist dabei die subjektive Zweckmäßigkeit, die sich auf das,
sich selbst erhaltende, Wohlgefallen des Subjekts bezieht, von der
bloßen Form der Zweckmäßigkeit für die Vorstellung,
die sich auf die Struktur des beurteilten Objekts bezieht. Die Form der
Zweckmäßigkeit, als innere Kausalität „der Vorstellung,
wodurch uns ein Gegenstand gegeben wird“, affiziert die
Erkenntnisvermögen Einbildungskraft und Verstand in der Weise, daß
das ‘freie Spiel’ eintreten
kann. [19] Daraus resultiert jene,
„auf der bloßen Form der subjektiven Zweckmäßigkeit einer
Vorstellung“ (37/222) beruhende kontemplative Lust, die frei von Reiz und
Rührung ist und im ästhetischen Urteil ihren Ausdruck findet:
„Ein Geschmacksurteil, auf welches Reiz und Rührung keinen
Einfluß haben (ob sie sich gleich mit dem Wohlgefallen am Schönen
verbinden lassen), welches also bloß die Zweckmäßigkeit der
Form zum Bestimmungsgrunde hat, ist ein reines Geschmacksurteil“
(38/223). Bevor nun auf dem dargelegten Hintergrund auf die Problematik der
Schönheit der Farbe näher eingegangen werden kann, ist die Perspektive
noch darzulegen, unter der Kant die Farbe als Reiz, als „Materie der
Vorstellungen“ auffaßt.
II
Kants Auffassung der Farbe als Reiz beruht auf dem erkenntniskritischen
Konzept der „Kritik der reinen Vernunft“. Grob gesagt besteht Kants
transzendental-philosophischer Ansatz ja darin, daß er versucht, zwischen
dem Rationalismus und dem insbesondere hinsichtlich des Standpunktes von
David Hume von ihm kritisierten Empirismus zu vermitteln. Kant wendet
sich sowohl gegen die Rationalisten, die aus der rein begrifflichen Konstruktion
ohne Rücksicht auf die Erfahrung Erkenntnis gewinnen wollen, als auch gegen
Humes „übereilte“ und „unrichtige“ Folgerung,
daß es keine Metaphysik gebe und auch keine geben
könne. [20] Kants Vorschlag
geht daher dahin, sowohl eine Affizierung der menschlichen Sinne durch reale
Objekte außer ihm, als auch die Strukturierung des Mannigfaltigen der
Anschauung durch reine, vor aller Erfahrung gegebene Verstandesbegriffe
anzunehmen. Erst die Formung des Anschauungs-Materials durch die Kategorien
ermöglicht Erkenntnis. Metaphysik, „die als Wissenschaft wird
auftreten können“, muß also die Prinzipien suchen, die vor
aller Erfahrung, diese konstituierend, im Verstand aufzufinden sind, da
Erfahrung immer ein Moment von Zufälligkeit und Beliebigkeit mit sich
führt und aus der Empirie - wie Hume am Beispiel des
Kausalitätsprinzips gezeigt hatte - keine Notwendigkeit ableitbar ist:
„Es ist also nur auf eine einzige Art möglich, daß meine
Anschauung vor der Wirklichkeit des Gegenstandes vorhergehe und als Erkenntnis a
priori stattfinde, wenn sie nämlich nichts anderes enthält, als die
Form der Sinnlichkeit, die in meinem Subjekt vor allen wirklichen
Eindrücken vorhergeht, dadurch ich von Gegenständen affiziert werde.
Denn daß Gegenstände der Sinne dieser Form der Sinnlichkeit
gemäß allein angeschaut werden können, kann ich a priori
wissen“. [21] Als Formen der
Sinnlichkeit a priori im Sinn der Formen unserer Anschauung bestimmt Kant
im Kontext der transzendentalen Ästhetik der „Kritik der reinen
Vernunft“ Raum und Zeit. Die Farbe nun gehört unter
erkenntnis-kritischem Gesichtspunkt zum „Erfahrungsbegriff des
Körpers“ von dem abgesehen werden muß, um zum Begriff des
Körpers a priori zu gelangen: „Lasset von eurem Erfahrungsbegriffe
eines Körpers alles, was daran empirisch ist, nach und nach weg: die
Farbe, die Härte oder Weiche, die Schwere, selbst die
Undurchdringlichkeit, so bleibt doch der Raum übrig, den er (welcher nun
ganz verschwunden ist) einnahm, und den könnt ihr nicht
weglassen.“ [22] Farben sind,
so gesehen, noch einmal anders gesagt, ebenso wie die Töne Empfindungen und
nicht Anschauungen und sie lassen „kein Objekt, am wenigsten a priori
erkennen“, d. h. daß „Farben, Geschmack etc. mit Recht nicht
als Beschaffenheiten der Dinge, sondern bloß als Veränderungen
unseres Subjekts, die sogar bei verschiedenen Menschen verschieden sein
können, betrachtet
werden.“ [23] Kants
erkenntnisleitendes Interesse in der „Kritik der reinen Vernunft“
gilt auch für die neun Jahre später erschienene Dritte
Kritik. [24] Es ist nur konsequent,
daß Kant seinen transzendental-philosophischen Ansatz auf die Theorie des
ästhetischen Urteils appliziert hat, ohne daß man ihm deswegen
vorhalten müsste, daß er der Doktrin
entgegeneile. [25]
Berücksichtigt man nämlich, daß Raum und Zeit Formen der
Anschauung sind, die aller Erfahrung vorausgehen, dann wird einsichtig,
daß Kants Theorie des ästhetischen Urteils hinsichtlich der
Zweckmäßigkeit ohne Zweck als ästhetische Form der Vorstellung,
wodurch uns ein Gegenstand gegeben wird im Sinne einer „Theorie der
Strukturierung von Raumverhältnissen und Zeitkontinua“ konstruiert
ist. [26]Auf diesem Hintergrund
kann die Strukturierung als Zeichnung in den bildenden Künsten sowohl als
Akt der Produktion als auch als Konstitution am Gegenstand, d.h. als
Organisation von Raumverhältnissen begriffen
werden. [27] Kant blickt nach Walter
Biemel nicht nur vom Was des Objektes (Begriff, Zweck), sondern auch von
seinem empirischen Wie (Farbe, Gewicht usw.) weg, um das „ Wie
des Erscheinens“ [28] im
Sinne einer transzendentalen Anschauung vom Raum zu erfassen. Die Zeichnung ist
demnach das, was überhaupt erst das Erscheinen eines Objektes als
solchem (z. B. auf einer Leinwand) ermöglicht und so gesehen in der
Malerei für Kant „das Wesentliche“, weil sie nicht bloß
„in der Empfindung vergnügt“, sondern „durch ihre Form
gefällt.“ Der den „Abriß“ illuminierende Reiz der
Farben „belebt“ - so heißt es hier im Einklang mit dem
zeitgenössischen kunsttheoretischen Diskurs - die Zeichnung für die
Empfindung (42/225). [29] Kant
hätte die Farbe aus der Blickrichtung der „Kritik der reinen
Vernunft“ im Blick auf die Malerei auch in der „Kritik der
Urteilskraft“ lediglich und ausschließlich als bloß
empirisches Moment einstufen können. Daß er sich auf
Überlegungen zur möglichen Reinheit und damit auch der Schönheit
der Farbe gleichwohl eingelassen hat, schließt zwar ebenfalls an den
kunsttheoretischen Diskurs des 18. Jahrhunderts
an [30], geht jedoch darüber
hinaus. Hervorzuheben ist dabei nicht zuletzt, daß Kant die Beobachtung,
daß „eine bloße Farbe z.B. die grüne eines Rasenplatzes
... von den meisten an sich für schön erklärt“ wird (vgl.
39 f./224), nicht überspringt und die Frage aufwirft, ob und wie sich die
Erfahrung der Schönheit einer Farbe transzendental begründen
läßt und damit in die Zuständigkeit des reinen Geschmacksurteils
fällt.
III
Da Reinheit eine formale und allgemeingültige Bestimmung ist (vgl.
39f./223f.) – Kant nennt „alle Vorstellungen rein (im
transzendentalen Verstande), in denen nichts, was zur Empfindung gehört,
angetroffen wird“ [31] –
muß sie sich im Rahmen der transzendental-philosophischen Grundlage von
Kants Dritter Kritik auf Raum und/oder Zeitverhältnisse beziehen.
„Das, was am Gegenstande gefällt und was wir als eine Eigenschaft
desselben ansehen, muß in dem bestehen, was vor jederman gilt. Nun gelten
die Verhältnisse des Raumes und der Zeit vor jederman, welche Empfindungen
man auch haben mag. Demnach ist in allen Erscheinungen die Form allgemein
gültig; diese Form wird auch nach gemeinschaftlichen Regeln der
Coordination erkannt; was also der Regel der Coordination in Raum und Zeit
gemäß ist, das gefällt notwendig jederman und ist
schön“ . [32] Ein
‘reines Geschmacksurteil’ ist somit ein solches, das sich nur auf
das „Wie des Erscheinens“, m.a.W. auf die Raum- und Zeitstruktur des
gegebenen Gegenstandes bezieht: „Alle Form der Gegenstände der Sinne
... ist entweder Gestalt [Raum, Extensität; J.S.] oder Spiel [Zeit,
Intensität; J.S.] ...“ (vgl. 42/225). Kant bezieht so die Form des
ästhetischen Objekts auf die Anschauungsform des Raumes
(Extensität) und die Form der Farbe auf die der Zeit
(Intensität). Deswegen übrigens schließt sich für ihn auch
die Farbenkunst mit der Musik zusammen (vgl. 211/324). Die Annahme einer
Form der Farbe widerspricht demnach nur auf den ersten Blick Kants
eigenen Ausführungen dazu. Er hatte in der „Kritik der reinen
Vernunft“ unterschieden: „In der Erscheinung“ (d. h. der
empirischen Anschauung eines Gegenstandes), „nenne ich das, was der
Empfindung correspondiert, die Materie derselben, dasjenige aber, welches macht,
daß das Mannigfaltige der Erscheinung in gewissen Verhältnissen
geordnet werden kann, nenne ich die Form der Erscheinung“. Die Materie der
Erscheinung ist nur a posteriori gegeben, die Form derselben aber liegt
„im Gemüte a priori
bereit“. [33] Von hier aus
begründet Kant die Möglichkeit einer Form der Farbe, indem er darlegt,
inwiefern eine reine und damit schöne Farbe in sich selbst zeitlich
strukturiert zu denken ist. Er greift dazu auf die Theorie der Farbentstehung
des Mathematikers Leonhard Eulers zurück, der im 18. Jahrhundert gegen die
Korpuskulartheorie die Wellentheorie des Lichts geltend gemacht
hatte. [34] Im Paragraph 14
heißt es: „Nimmt man mit Eulern, an, daß die Farben
gleichzeitig aufeinanderfolgende Schläge (pulsus) des Äthers, so wie
Töne der im Schalle erschütterten Luft sind, und, was das Vornehmste
ist, das Gemüt nicht bloß, durch den Sinn, die Wirkung davon auf die
Belebung des Organs, sondern auch, durch die Reflexion, das
regelmäßige Spiel der Eindrücke (mithin die Form in der
Verbindung verschiedener Vorstellungen) wahrnehme (woran ich doch gar sehr
[in der Auflage von 1799: ‘nicht’!, J.S.] zweifle): so
würden Farbe und Ton nicht bloße Empfindungen, sondern schon formale
Bestimmungen der Einheit eines Mannigfaltigen derselben sein, und alsdann auch
für sich zu den Schönheiten gezählt werden können“
(40/224). Farben sind m.a.W. dann schön zu nennen, wenn ihre –
modern gesagt (und ohne Rückgriff auf den Äther) – Frequenz
als zeitliches Geschehen, reflektiert wird. Kant hebt hervor, daß nur,
wenn die Zeiteinteilungen der „Zitterungen auf die elastischen Teile
unsers Körpers“ (212/324) beurteilt würden, von Schönheit
der Farbe gesprochen werden könne. Farbe (und Ton) versteht er dann als ein
„an sich schon ... schönes Spiel von Empfindungen“ (ebd.).
Allerdings räumt Kant zugleich ein, daß die „Schnelligkeit
der Licht – oder ... der Luftbebungen ... alles unser Vermögen, die
Proportion der Zeiteinteilungen durch dieselben unmittelbar bei der Wahrnehmung
zu beurteilen, wahrscheinlicherweise bei weitem übertrifft“
(212/324). Diese Spannung zwischen der Annahme der Wahrnehmbarkeit der Frequenz
der Farben (oder Töne) und der Vermutung, daß die „Schläge
des Äthers“ das Wahrnehmungsvermögen überschreiten,
könnte möglicherweise von der Verortung des Kantischen Diskurses an
der Schwelle zum Beginn der physiologischen, d. h. naturwissenschaftlichen
Erforschung der Wahrnehmung, die sich erst im 19. Jahrhundert entfaltete,
herrühren. Diese Forschungen konzeptualisieren insbesondere das Sehen (was
sich schon in Kants Verweis auf „unseren Körper“ andeutet) als
von körperlichen Bedingungen geprägt und untersuchen die
Verhaltensweisen der Augen experimentell. Damit rückt die Trägheit und
Täuschbarkeit des Auges – auch bei viel weniger schnellen
Phänomenen als der Frequenz des Lichts – in den Mittelpunkt (z. B. in
Hinsicht auf das allerdings schon länger bekannte Phänomen der
retinalen Nachbilder). In dieser diskursanalytischen Verortung der historischen
Situation Kants könnte auch der Grund dafür zu finden sein, daß
Kant erst „sehr“ an der Wahrnehmbarkeit der Zitterungen zweifelte.
Will Kant jedoch an einer Form der Farbe festhalten, so kommt nur das
„nicht zweifle“ (40/224) in Frage.
[35]Kant unterscheidet somit zwischen
der äußeren Erscheinungsweise der Farbe, ihrem die Zeichnung
illuminierenden Reiz und einer inneren Empfindung oder Vorstellung der Form der
Farbe, die letztlich das freie Spiel der Erkenntniskräfte auslöst.
Kant unterstreicht: „Das Reine aber in einer einfachen Empfindungsart
bedeutet: daß die Gleichförmigkeit derselben durch keine fremdartige
Empfindung gestört und unterbrochen wird, und gehört bloß zur
Form; weil man dabei von der Qualität jener Empfindungsart (ob, und welche
Farbe sie vorstelle) abstrahieren kann“ (40f./224). Es muß also
in Hinblick auf die Form davon abgesehen werden, was für eine Farbe
(oder was für ein Ton) vorliegt. Die ästhetische Reflexion richtet
sich auf ein vom So-Sein der Farbe unabhängiges Daß-Sein der Farbe,
ihr Farbe-Sein, etwas, das Eliane Escoubas, in Abgrenzung von der durch die
Zeichnung räumlich strukturierten, „extensiven“
Farboberfläche, „reine Intensität“, „das Empfinden
als solches“ nennt. [36]
Ähnliches gilt für die Wirkungsweise des Tons. Entscheidend ist
nun, daß, obwohl für Kant die Schnelligkeit der Zitterungen
„alles unser Vermögen, die Proportion der Zeiteinteilungen durch
dieselbe unmittelbar bei der Wahrnehmung zu beurteilen, wahrscheinlicherweise
bei weitem übertrifft“ (212/324), er doch anzugeben versucht,
daß und wie die Form der Farbe unter dem Gesichtspunkt ihrer Wirkung
beurteilbar ist. Kant argumentiert folgendermaßen: „Bedenkt man
aber dagegen e r s t l i c h das Mathematische, welches sich über die
Proportionen dieser Schwingungen in der Musik und ihre Beurteilung sagen
läßt, und beurteilt die Farbenabstechung, wie billig, nach der
Analogie mit der letztern [37]; zieht
man z w e i t e n s die obzwar seltenen Beispiele von Menschen, die mit dem
besten Gesichte von der Welt nicht haben Farben, und mit dem schärfsten
Gehöre nicht Töne unterscheiden können, zu Rat, imgleichen,
für die, welche dieses können, die Wahrnehmung einer veränderten
Qualität (nicht bloß des Grades der Empfindungen) bei den
verschiedensten Anspannungen auf der Farben- oder Tonleiter, imgleichen
daß die Zahl derselben für b e g r e i f l i c h e Unterschiede
bestimmt ist: so möchte man sich genötigt sehen, die Empfindungen von
beiden nicht als bloßen Sinneneindruck, sondern als die Wirkung einer
Beurteilung der Form im Spiele vieler Empfindungen anzusehen.“ (212
f./325). [38]Diese Textstelle
macht einmal mehr das Problem deutlich, das Kant dadurch aufgeworfen hat,
daß er die Farbe nicht bloß als Material der Empfindung und
demnach als Reiz qualifiziert, sondern - so Eliane Escoubas - das
Nichtwahrnehmbare der Wahrnehmung geltend gemacht hat. Dieses
„schwer Faßliche“ beschreibt Escoubas als „das
An-sinnen, Anmuten, Vernehmen einer Welt“, als sozusagen nicht-sinnliche,
sondern ontologische Sinnlichkeit im Sinne von
Heidegger. [39] Das
„Nichtwahrnehmbare der Wahrnehmung oder die wirren Empfindungen, die wir
von Geburt an mitbringen“, wie Cézanne sage, betreffe „die
Welt vor dem Menschen; die Welt des
Immer-schon“. [40]
IV
Kants Argumentation in Bezug auf die Form der Farbe wirft aber noch ein
anderes Problem auf. Wenn „das Reine ... in einer einfachen
Empfindungsart“ für Kant bedeutet, „daß die
Gleichförmigkeit derselben durch keine fremdartige Empfindung gestört
und unterbrochen wird“, so behauptet er weiter: „Daher werden
alle einfachen Farben, sofern sie rein sind, für schön
gehalten; die gemischten Farben haben diesen Vorzug nicht: eben darum,
weil, da sie nicht einfach sind, man keinen Maßstab der Beurteilung hat,
ob man sie rein oder unrein nennen sollte.“ (40 f./224 f.; Hvh.,
J.S.). Hier wird der Einfachheit die Gemischtheit entgegengesetzt, die
nicht als schön bewertet werden kann, da die Entscheidung, ob gemischte
Farben als rein oder unrein anzusehen sind, nicht getroffen werden könne.
Berücksichtigt man, daß Kant Eulers Theorie der Farbentstehung in
Anspruch nimmt, dann erscheint es uneinsichtig, wieso die Reinheit den
gemischten Farben nicht zukommen kann. Euler hatte die These aufgestellt,
daß der Unterschied in der Anzahl der Schwingungen des Aethers die
Verschiedenheit der Farben hervorbringe, „so daß in Ansehung des
Gesichts die Farben eben das sind, was die hohen und tiefen Töne in
Ansehung des Gehörs“. Für Euler besteht „das Wesen
jeder Farbe in einer gewissen Anzahl von Schwingungen, welche die
Theilchen, deren Farbe es ist, in einer Secunde machen.“ Die kleinste
Geschwindigkeit der Schwingungen der Farbenteilchen gibt die rote, die
größte die violette Farbe.
[41]Die Wahrnehmung des
zeitlich-sukzessiven Zitterns, der Schwingungen des Äthers, auf die Kant
die Vorstellung der Form und damit die Erfahrung der Schönheit der
Farbe zurückführt, muß demnach für alle Farben,
unabhängig von der „Qualität jener Empfindungsart (ob, und
welche Farbe ... sie vorstelle)“ (vgl. 41/224), gültig sein. Anders
formuliert: Wenn man der Farbe die Möglichkeit zuschreibt rein und
damit schön zu sein, muß dies - jedenfalls auf dem Boden der
Theorie Eulers - für alle Farben, gleich ob einfach oder gemischt
gelten. Die Trennung von einfachen und gemischten Farben im Hinblick auf ihre
ästhetische Beurteilung ist im Rahmen eines Modells wie des
Eulerschen haltlos, da dort die Farben linear nebeneinander gleichgeordnete,
quantitative Abstufungen in der Frequenz der Schläge (pulsus) des
Äthers sind und so kein qualitatives Kriterium zur Abgrenzung rein -
gemischt gefunden werden kann. Die Skala Eulers ist als linear zu
bezeichnen, da im Sinne der Frequenz kein farbkreisförmiger Anschluß
vom Violett (schnellste Schwingung) an das Rot (langsamste Schwingung)
möglich ist. [42]In der Tat
rührt nun die Spannung in Kants Argumentation zum Verhältnis von
Reinheit und Einfachheit der Farbe in Paragraph 14 daher,
daß diese beiden Begriffe je etwas ganz anderes benennen. Der erste
bezieht sich auf die Frage, ob der Farbe Form zukomme, und so das freie
Spiel der Erkenntnisvermögen, von Einbildungskraft und Verstand und somit
ein subjektives, gleichwohl allgemeingültiges Wohlgefallen auslösen
könne. Die Frage nach der Reinheit ist also die Frage, inwiefern Farben
schön zu nennen sind und bezieht sich auf das Verhältnis
von wahrgenommener Farbe und urteilendem
Subjekt. [43] Die Einfachheit (und
Zusammengesetzt- bzw. Gemischtheit) einer Farbe bezieht sich jedoch auf das, je
nach Modell unterschiedlich begreifbare, Verhältnis der Farben
untereinander (und dessen
Wirkung). [44] Möglicherweise
ist dieser Widerspruch eine Folge von Kants gleichzeitiger Anlehnung an den
zeitgenössischen kunsttheoretischen Diskurs über die Ordnung und die
Wirkung der Farben [45] und an
Eulers Theorie einer physikalischen Begründung der
„Farbabstechung“. Festzuhalten ist jedenfalls, daß die
Scheidung zwischen einfachen und gemischten Farben modellabhängig
ist . Die Deutung der Farbe als einfach oder gemischt hängt vom
Farbmodell ab, das (mehr oder weniger explizit) zugrundegelegt wird. So steht
Kants lineares Modell der Farbe neben dem zirkulären Goethes und Hegels.
Goethe geht von den „drei Hauptfarben“ Rot, Gelb und Blau
aus [46], worauf wohl auch Kants
einfache (nicht-gemischte) Farben abgezielt waren. Dabei ist das Rote, das
für Goethe gleichbedeutend mit Purpur ist, eigentlich selber eine
abgeleitete Farbe (was Goethe in zahlreichen Experimenten mit einem Prisma zu
erhärten versuchte): „Man vergleiche das Mannigfaltige, das aus einer
Steigerung des Gelben und Blauen zum Roten, aus der Verknüpfung dieser
beiden höheren Enden zum Purpur, aus der Verknüpfung der beiden
niedern Enden zum Grün
entsteht.“ [47]Goethe
zufolge kann man im engeren Sinne nur zwei Grundfarben, nämlich Blau und
Gelb, als je den Prinzipien Schwarz (Dunkel) und Weiß (Licht) am
nächsten stehend, annehmen. Wenn man jedoch das Rot auch noch zu den drei
Hauptfarben zählt, obwohl es aus einer Mischung der gesteigerten Enden von
Gelb und Blau sich ableitet, muß man auch das Grün - als
offensichtlich gemischte Farbe -, da es die Verbindung der niederen Enden von
Gelb und Blau darstellt,
dazuzählen. [48] Eine
Konsequenz, die Hegel in seiner Theorie der Farbe gezogen
hat. [49] Wenn Kant mit Euler von
einer linearen Abfolge der Farben ausgeht und Goethe und Hegel sich auf
den zirkulären Farbenkreis beziehen, dann haben beide, anders als
Kant, in erster Linie den Künstler und seine Verwendung der Farben im
Blick. [50] Für Goethe und Hegel
verkörpert das Gelbe die aktive Seite und das Blaue die passive Seite. Das
Rote, als Verbindung der gesteigerten Enden (Rot-Gelb und Rot-Blau) des Gelben
und Blauen „gibt den Eindruck sowohl von Ernst und Würde als Huld und
Anmut“, während das Grün als ungesteigerte Verbindung von Blau
und Gelb gegenüber dem Rot liegt und „beide Mutterfarben sich in der
Mischung genau das Gleichgewicht halten“ so, daß „das Auge und
das Gemüt auf diesem Gemischten wie auf einem Einfachen“ ruhen. Das
Rot hat so die stärkste Wirkung, während das Grün eher
indifferent ist. Diese Hierarchisierung der Farben ist nicht zuletzt auch unter
dem Gesichtspunkt ihrer sinnlich-sittlichen Wirkung auf das Kreismodell der
Farbe bezogen. [51] Auch Hegel
verknüpft die Farbe stets mit ihrer symbolischen Bedeutung. Die Malerei
bringt durch den Gebrauch der Farbe „das Seelenvolle zu seiner eigentlich
lebendigen Erscheinung“. Hegel bezieht sich insbesondere auf die
„Art und Weise, wie die älteren Meister die Farben anwendeten,“
um „eine symbolische Beziehung“ auszudrücken: „Besonders
im Gebrauch des Blau und Roth, Blau entspricht dem Sanfteren, Sinnvolleren,
Stilleren, dem empfindungsvollen Hineinsehen, insofern es das Dunkle zum Princip
hat, das nicht Widerstand leistet, während das Helle mehr das
Widerstehende, Producirende, Lebendige, Heitre ist; Roth das Männliche,
Herrschende, Königliche; Grün das Indifferente, Neutrale. Nach dieser
Symbolik trägt z.B. Maria, wo sie als thronend, als Himmelskönigin
vorgestellt ist, häufig einen rothen, wo sie dagegen als Mutter erscheint,
einen blauen Mantel.“
[52]
V
Wenn für Kant aus der Perspektive der Empirie, in der die Farben
lediglich als Sinnenreiz erscheinen, keine Verbindung zum Sittlichen herstellbar
ist, so kommt die symbolische Bedeutung der Farbe auch für ihn in
den Blick; er geht darauf im Kontext der Bezüge zwischen Natur und Kunst
ein. In diesem Zusammenhang, den er im Paragraph 42 darlegt, bezieht sich Kant
auf die „Ordnung der sieben Farben von der roten an bis zur
violetten“ (172/302). [53] In
Hinsicht auf ihre symbolische Bedeutung stehen alle Farben
„gleichberechtigt“ nebeneinander und jede kann mit einer bestimmten
Idee verbunden werden. Die in Paragraph 14 vorgenommene Trennung von einfachen
Farben, sofern sie rein und damit schön sind und gemischten Farben, die
nicht schön sind, ist in Bezug auf die sinnlich-sittliche Wirkung der
Farben offenbar außer Kraft gesetzt. Entweder kann allen Farben eine
schöne Form zugesprochen werden, dann ist auch jede mit einer
sittliche Idee zu verknüpfen, oder alle Farben sind Reiz, dann kann keiner
Farbe Schönheit zukommen. Da Kant aber jeder der sieben Farben eine Idee
zuordnet, setzt er hier stillschweigend voraus, daß allen, auch den
gemischten Farben Schönheit zukommt. Kann doch allein das Schöne als
Symbol des Sittlich-Guten fungieren. Dies vorausgesetzt, „scheint die
weiße Farbe der Lilie das Gemüt zu Ideen der Unschuld, und nach der
Ordnung der sieben Farben, von der roten an bis zur violetten, 1) zur Idee der
Erhabenheit, 2) der Kühnheit, 3) der Freimütigkeit, 4) der
Freundlichkeit, 5) der Bescheidenheit, 6) der Standhaftigkeit und 7) der
Zärtlichkeit zu stimmen“ (ebd.). Kant entschärft ganz
offensichtlich im Blick auf die Natur die Trennung zwischen der schönen
Form der Farbe und deren materialer Qualität, ihrem Reiz. Reiz und
Schönheit, zwischen denen wir als Rezipienten ohne weiteres nicht
entscheiden können, werden in der Natur „zusammenschmelzend“
gedacht: „Die Reize in der schönen Natur, welche so häufig
mit der schönen Form gleichsam zusammenschmelzend angetroffen
werden, sind entweder zu den Modifikationen des Lichts (in der Farbengebung)
oder des Schalles (in Tönen) gehörig. Denn diese sind die einzigen
Empfindungen, welche nicht bloß Sinnengefühl, sondern auch
Reflexion über die Form dieser Modifikationen der Sinne verstatten, und so
gleichsam eine Sprache, die die Natur zu uns führt, und die einen
höheren Sinn zu haben scheint, in sich enthalten“ (171f./302; Hvh.
J.S.). Das Zusammenschmelzen zwischen Reiz und Schönheit setzt
voraus, daß, anders als im Paragraph 14, wo im Hinblick auf die formale
Bestimmung der Reinheit der Farbe von „der Qualität jener
Empfindungsart (ob, und welche Farbe sie vorstelle) “ (vgl. 40f./224)
– ihrer Materialität – abzusehen war, die Qualität der
Farbe, also ihr Reiz, eine zentrale Bedeutung erlangt. Die Reize der Natur
veranlassen uns zu einer Reflexion, die uns zu Bewußtsein bringt,
daß die Natur „eine Sprache ... zu uns führt, die einen
höheren Sinn zu haben scheint“
(171f./302). [54] Die symbolische
Besetzung der Farben verweist so auf Kants Auffassung des Schönen als
Symbol des Sittlich-Guten. Kant denkt die Beziehung zwischen dem Schönen
und dem Sittlichen als „Analogie“, und zwar als Analogie zwischen
dem „reinen Geschmacksurteil“ und dem „moralischen
Urteil“ (170/301). Im Urteil über das Schöne geben sich die
Einbildungskraft und der Verstand im freien Spiel „selbst das
Gesetz“ (258/353), wie es die Vernunft im Urteil über das Gute
tut: „Der Geschmack macht gleichsam den Übergang vom Sinnenreiz
zum habituellen moralischen Interesse, ohne einen zu gewaltsamen Sprung,
möglich, indem er die Einbildungskraft auch in ihrer Freiheit als
zweckmäßig für den Verstand bestimmbar vorstellt und sogar an
Gegenständen der Sinne auch ohne Sinnenreiz ein freies Wohlgefallen
finden lehrt“ (260/354; Hvh., J.S.). So wird unter dem Gesichtspunkt
der Analogie zwischen dem Schönen und dem Sittlich-Guten begreiflich,
inwiefern „selbst Farben ... unschuldig, bescheiden, zärtlich genannt
[werden]“, nämlich „weil sie Empfindungen erregen, die etwas
mit dem Bewußtsein eines durch moralische Urteile bewirkten
Gemütszustandes Analogisches enthalten“ (260/354). Dabei betont Kant
ausdrücklich, daß dieser Übergang nur als der vom
Schönen zum Sittlichen zu begreifen
ist. [55]Wenn man Kant
weiterdenkt, wäre zu fragen ob Farben nicht auch in seiner Perspektive
moralische Empfindungen zu bewirken, nicht allein im Blick auf die Natur,
sondern auch hinsichtlich der Kunst imstande sein müssen. Die Voraussetzung
dafür, daß Farben in der schönen Kunst der Malerei ein
sinnlich-sittlicher Aspekt zugeschrieben werden kann, liegt dann genau darin,
daß Farbe mehr sein muß, als bloße Illuminierung der
Zeichnung und sowohl das Auge als auch die Reflexion stimuliert –
„... in aller schönen Kunst besteht das Wesentliche in der Form,
welche für die Beobachtung und Beurteilung zweckmässig ist, wo die
Lust zugleich Kultur ist und den Geist zu Ideen stimmt“
(214/325f.). Kant – diese Behauptung sei am Ende gewagt –
hätte seinen transzendentalphilosophisch durchgeführten Versuch, den
parergonalen Doppelsinn der Farbe aufzuweisen, in der Malerei des ausgehenden
19. und insbesondere des 20. Jahrhunderts aufs Schönste bestätigt
sehen können. [56]
*
Der vorliegende Text untersuchte Kants Behandlung der Farbe in der
„Kritik der Urteilskraft“ in doppelter Hinsicht. Die doppelte
Perspektive, die Farbe als bloßen Reiz und als schön
auszuweisen, ist dabei als Konsequenz seines, in der „Kritik der reinen
Vernunft“ entwickelten, transzendental-philosophischen Ansatzes dargelegt
worden. Die Herabstufung der Farbe (oder des Tons) zum bloßen Reiz
wäre eigentlich aus seiner Trennung zwischen der Form der Sinnlichkeit und
der Materie derselben hervorgegangen, hätte Kant nicht selbst Beispiele aus
der Erfahrung angeführt, die ihm diese Einstufung zumindest fragwürdig
erscheinen ließen. An den Punkten des Textes, wo Kant einen formalen
Charakter der Farbe erwägt, rekurriert er auf die Beobachtung, daß
ein grüner Rasenplatz, das Spiel der Violine, der Gesang der Vögel, z.
B. der „schöne Schlag der Nachtigall“ (172/302) von den meisten
Menschen als schön empfunden wird. Wenn es die eigentliche Leistung Kants
ist, das Überspringen der Erfahrung in der Metaphysik, die er vorfand,
erkannt und durch seinen transzendental-philosophischen Ansatz kritisch
korrigiert zu haben, ist dann seine Bereitschaft, sich angesichts der Probleme,
die er in der Dritten Kritik entfaltet, von widerspenstigen Beispielen tangieren
zu lassen, nicht zuletzt auch ein Indiz seiner Überwindung jenes
dogmatischen Denkens, das er kritisierte?
* Ich möchte Dr. Ursula Franke ausdrücklich danken, ohne deren
konstruktive Kritik dieser Beitrag nicht zustandegekommen
wäre [.]1 Vgl. Friedrich
Kittler: „Farben und/oder Maschinen denken.“ In: HyperKult.
Geschichte, Theorie und Kontext digitaler Medien. Hrsg. von Martin
Warnke, Wolfgang Coy und Georg-Christoph Tholen. Basel 1997.
S. 83-99, hier S. 84.
[2] Immanuel Kant: Kritik
der Urteilskraft. Zitiert wird nach der Originalausgabe B von 1793 (erste Zahl).
Die zweite Zahl gibt die entsprechende Seitenzahl in Band V der Akademieausgabe
von Kants Werken an.
[3] Schon Wilhelm Windelband
( Kant: Akademie-Ausgabe, a.a.O. (Anm. 2). S. 513) hat betont, daß
Kant „mit den Erscheinungen der schönen Literatur und mit den
kunstkritischen Theorien seiner Zeit in einem ausserordentlich ausgedehnten
Maasse [sic!] vertraut gewesen
ist.“. [4] Vgl. Jacques
Derrida: Die Wahrheit in der Malerei (1978). Übersetzt von Michael
Wetzel und Dagmar Travner. Hrsg. v. Peter Engelmann. Wien 1992. S.
98f. [5] Vgl. dazu und zum
folgenden die Diskussion zwischen Jürgen Stolzenberg, Christel Fricke und
Jens Kulenkampff in diesem Band.
[6]
„Abgrenzungsstrategie“ soll das Verfahren bezeichnen, mit dem Kant
die Eigenart des ästhetischen Urteils
herausstellt. [7] Ich benutze im
Folgenden die Ausdrücke „Reflexions-Geschmack“, „Urteil
über das Schöne“ und „Geschmacksurteil“
synonym. [8] Bemerkenswert ist,
daß Kant seine Beispiele aus der Lebenswelt (Kleid, Haus, Blume) nimmt und
sich auf das alltägliche Verhalten der Menschen bezieht, das er
beobachtet.
[9] Vgl. zu Kants Bestimmung
einer „Erkenntnis überhaupt“ Beate Bradl:
„‚Erkenntnis überhaupt‘ in empirischen Erkenntnisurteilen
und reinen Geschmacksurteilen. Überlegungen zu § 21 der Kritik der
Urteilskraft.“ In: Proceedings of the eighth international Kant congress
(Memphis 1995). Vol. II. Milwaukee 1995. S. 481-488. Vgl. zur Problematik Jens
Kulenkampff: Kants Logik des ästhetischen Urteils. 2. erw. Aufl.
Frankfurt a.M. 1994. S.91-106.
[10] Kant: Kritik der
reinen Vernunft. § 10-14; vgl. Heinz Paetzold: Ästhetik des
deutschen Idealismus. Zur Idee ästhetischer Rationalität bei
Baumgarten, Kant, Schelling und Schopenhauer. Wiesbaden 1983. S.
74f. [11] So Heinz
Paetzold: a.a.O. S.
63. [12] Vgl. auch Kant:
Kritik der Urteilskraft. § 12: „Wir weilen bei der Betrachtung des
Schönen, weil diese Betrachtung sich selbst stärkt und
reproduziert“. [13] Vgl.
Heinz Paetzold: a.a.O. (Anm. 10). S. 60: „Das Subjekt erfährt
bei der ästhetischen Reflexion eine Art ‘Einstimmung’ der
Vorstellungskräfte: Das Subjekt vergewissert sich im Ästhetischen
sowohl einer Angemessenheit der Erkenntniskräfte zu einer Erkenntnis
überhaupt, als auch zu einer Angemessenheit der menschlichen
Erkenntnisvermögen zu den ‘Dingen’ selbst. Die Erfahrung dieser
doppelten Übereinstimmung löst im Subjekt ein motiviertes Wohlgefallen
(Lustgefühl)
aus.“ [14] Ebd. S.
63.
[15] Vgl. Christel
Fricke: Kants Theorie des reinen Geschmacksurteils. Berlin/New York 1990.
S. 45-48. Fricke weist daraufhin, daß sich das Geschmacksurteil nicht nur
auf eine Aussage wie „Dies ist schön“ reduzieren
läßt, sondern auch die Aussage „Dies ist nicht
schön“ als „interesseloses Mißfallen“ mit abdeckt,
für die ebenfalls allgemeine Mittelbarkeit zu beanspruchen ist. Zur
Divergenz in Geschmacksfragen, vgl. auch S.
177-182. [16] Zur
Modalität des Geschmackurteils, seiner notwendigen Beziehung auf das
Wohlgefallen, wie sie sich aus der Erkenntnis des schönen Gegenstandes
ergibt, vgl. Kant: Kritik der Urteilskraft, §
18-22. [17] Zur Problematik des
Gegenstandsbezuges im Urteil über das Schöne vgl. Jens
Kulenkampff: a.a.O. (Anm. 9). S. 140-144.
[18] Diese Bestimmung verweist
auch auf die kantische Verbindung zwischen Naturerkenntnis (teleologische
Urteilskraft) und Erkenntnis des Schönen und Erhabenen (ästhetische
Urteilskraft). Wie man von Naturphänomenen sprechen kann, als ob
sie auf einen Zweck ausgerichtet wären, d. h. ihre innere
Zweckmäßigkeit beurteilen kann ohne zu wissen, worauf diese letztlich
zielt, so beruht das Kunstschöne auf einer inneren
Zweckmäßigkeit seiner Form ohne begrifflich fixierbaren Zweck,
die ästhetisch ist. Dazu Jens Kulenkampff: a.a.O. (Anm. 9), S.
127-131. Vgl. auch Kulenkampffs Beitrag in diesem Band.
[19] Jens Kulenkampff:
a.a.O. (Anm. 9) weist darauf hin, daß es „Zweckmäßigkeit
ohne allen Zweck ... nicht geben“ kann (S. 130). Er zeigt,
daß es gerade die Unbestimmtheit des Zwecks ist (und nicht seine
völlige Absenz), die uns auffordert, eben diesen Zweck näher zu
bestimmen und so das ‘freie Spiel’ als tastende und
unabschließbare Suche anstößt. Vgl. auch Heinz Paetzold:
a.a.O. (Anm. 10). S. 63: „Indem ästhetische Rationalität auf
keinerlei Zwecke außerhalb ihrer bezogen ist, sondern den Zweck vielmehr
in sich trägt, tendiert sie dahin, sich immer wieder zu erneuern“.
[20] Vgl. Immanuel Kant:
Prolegomena zu einer jeden künftigen Metaphysik, die als Wissenschaft wird
auftreten können (1783). Akad.-Ausg. Bd. IV. Vorrede. S. 258.
[21] Ebd., §
9. [22] Vgl. Kant: Kritik
der reinen Vernunft. B 5f; Hvh., J.S. Die Unterscheidung der ‘bloß
empirischen’ Eigenschaften eines gegebenen Dinges, also die Unterscheidung
zwischen den von John Locke sogenannten ‘primären’ und
‘sekundären’ Qualitäten, geht der Sache nach bis auf
Descartes zurück, der in seiner Kritik perspektivistischer Theorien der
Wahrnehmung (Kepler, Roger Bacon), für die die Farbe eine zentrale Rolle
beim Erkennen der Welt spielte, konsequenterweise Eigenschaften wie eben die
Farbe zugunsten damals mathematisch operationalisierbarer Eigenschaften wie der
Ausdehnung zurückweisen mußte. Vgl. Andreas Hüttemann:
„Die Meditationen als Abhandlung über die
Sinneswahrnehmung.“ In: Descartes nachgedacht. Hg. von A.
Kemmerling und H.P. Schütt. Frankfurt a. M. 1996. S. 24-50.
Für phänomenologisch orientierte Philosophien der Gegenwart ist dieser
Gegensatz zwischen primären und sekundären Qualitäten nicht
länger haltbar. Siehe dazu am Beispiel von Farbe und Zeichnung und in bezug
auf Descartes die Anmerkungen von Maurice Merleau-Ponty: Das Auge und der
Geist. Hamburg 1984. S. 25.
[23] Kant: Kritik der
reinen Vernunft. B 44f.
[24] Vgl. Kant: Kritik
der Urteilskraft, Vorrede zur 1. Aufl. (1790): „Eine Kritik der reinen
Vernunft, d.i. unseres Vermögens nach Prinzipien a priori zu urteilen,
würde unvollständig sein, wenn die der Urteilskraft, welche für
sich als Erkenntnisvermögen darauf auch Anspruch macht, nicht als ein
besonderer Teil derselben abgehandelt würde ...“ (B VI; Hvh.,
J.S.) Man sieht diese problematische Applikation ja auch an den vier Momenten
Quantität, Qualität, Relation und Modalität, die in den
„Prolegomena“ (vgl. § 21) die „Logische Tafel der
Urteile“ bilden und in der „Kritik der reinen Vernunft“
(§ 10) das Gliederungsprinzip der „Tafel der Kategorien“
ausmachen. Zur Problematik und Kritik der „Systematik der Analytik des
Schönen“: Jens Kulenkampff: a.a.O. (Anm. 9),
S.23-28. [25] So Jacques
Derrida: a.a.O. (Anm. 4). S. 62, der Kant diese Applikation vorwirft (S.
91). Christel Fricke (a.a.O. (Anm. 15). S. 64-71), hat dargelegt,
inwiefern Kants Auffassung der „ästhetischen Beurteilung des
Gegenstandes als Synthesis“ mit seiner
„Bewußtseins-Theorie“ verträglich ist. Vgl. auch Jens
Kulenkampff: a.a.O. (Anm. 9).
S.101-103. [26] So Heinz
Paetzold: a.a.O. (Anm. 10), S.
98. [27] Vgl. ebd. S. 102-108.
[28] Walter Biemel: Die
Bedeutung von Kants Begründung der Ästhetik für die Philosophie
der Kunst, Köln 1959. S. 53. Hervorhebung von Biemel.
[29] Vgl. zum Primat der Form
in den „zeichnenden Künsten“ z.B. Johann Georg Sulzer:
Allgemeine Theorie der schönen Künste in einzeln nach alphabetischer
Ordnung der Kunstwörter auf einander folgenden Artikeln. 2 Bde. Leipzig
1771 u. 1774. Art. Form: „Die Formen sind wegen der mannigfaltigen
ästhetischen Kraft, die sie haben, der hauptsächliche Gegenstand der
zeichnenden Künste“ (S. 395). Zum kunsttheoretischen Diskurs, der den
Vorrang der Zeichnung gegenüber der Farbe durchaus auch unter Berufung auf
Kants Diktum betonte, vgl. Werner Busch: Die Akademie zwischen autonomer
Zeichnung und Handwerksdesign. Zur Auffassung der Linie und der Zeichen im 18.
Jahrhundert. In: Ideal und Wirklichkeit der bildenden Kunst im späten 18.
Jahrhundert. Hrsg. von Herbert Beck et al. Berlin 1984 (Frankfurter
Forschungen zur Kunst Bd. 11). S. 177-192. Die doppelte Perspektive, in der Kant
die Farben betrachtet, die ich hier auszuarbeiten versuche, wird von Busch nicht
berücksichtigt (vgl. bes. S.
189f.). [30] Vgl. Johann Georg
Sulzer: a.a.O. (Anm. 29), Art. Colorit: „Wär in der sichtbaren
Natur alles einfärbig [sic!], wie in den Kupferstichen, so würde sie
ohne Zweifel eines grossen Teils ihrer Schönheit beraubt sein. Denn in den
Farben liegt ein Reiz, der ofte nicht viel geringer ist, als der, der von der
Schönheit der Formen herrührt.“ (S. 209). Diese Passage bei
Sulzer ist besonders aufschlußreich, weil sie einerseits im letzten Satz
den „Reiz“ der Farbe der „Schönheit“ der Formen
gegenüberstellt und so den Vorrang der formgebenden Zeichnung
bestätigt. Im ersten Satz jedoch wird den Farben auch ein möglicher
Beitrag zur Schönheit eingeräumt. Bei Sulzer sind folglich beide
Momente angelegt, die Kant dann in der „Kritik der Urteilskraft“
klarer zu konturieren sucht. Vgl. bei Sulzer auch den Art. Farbe. – Die
Streitfrage nach dem Vorrang von Zeichnung oder Kolorit wurden in den letzten
Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts zum beherrschenden Thema in den Debatten der
Pariser Akademie, vgl. Thomas Lersch: Farbenlehre. In: Reallexikon zur
deutschen Kunstgeschichte. Bd. VII (Lfg. 74/75). München 1981. Sp.
199-210. [31] Kant: Kritik
der reinen Vernunft. B 34.
[32] Kant: Reflexionen
zur Anthropologie (Akad. Ausg. Bd. 15 (Kants handschriftl. Nachlaß).
Berlin 1913). Reflexion 672.
[33] Kant: Kritik der
reinen Vernunft. B 34. Marcus Otto: Ästhetische Wahrnehmung,
Bausteine zu einer Theorie des Ästhetischen. Berlin 1993, S. 219-228
vertritt in dieser Hinsicht die Auffassung, daß Kants Betonung der Form
als Zeichnung in Paragraph 14 der „Kritik der Urteilskraft“
ein zu „restriktiver“ Begriff der Form sei, der mit seiner
Bestimmung des Formbegriffs als „Zusammenstimmung des Mannigfaltigen zu
Einem“ (B 45f.), wie er sich aus der „Kritik der reinen
Vernunft“ herleitet, in Spannung stehe. Die erste Bestimmung des
Formbegriffs mache es Kant unmöglich, eine schöne Form der Farbe zu
denken, insbesondere, da er die Möglichkeit der schönen Form von
Farb verhältnissen ausschließe. Kant scheint zwar der
„Mannigfaltigkeit“ der Farben (und Töne) und ihrer
„Abstechung“, womit solche Verhältnisse gemeint sein
dürften, in Paragraph 14 keinen Beitrag zur Schönheit einzuräumen
(B 42f.), kommt aber später auf diese Möglichkeit, auf „ein
Wohlgefallen an der Form in der ästhetischen Beurteilung“ wieder
zurück (B 212). Selbst wenn man jedoch Otto zustimmt, daß Kant
(aufgrund der Verortung seiner Theorie der Farbe in den kunsttheoretischen
Diskursen seiner Zeit, die das Gewicht auf die Zeichnung legte), der
Möglichkeit von schönen Farbverhältnissen zuwenig Platz
einräumt, bleibt zu fragen, ob die interpretatorische
Gegenüberstellung zweier, verschiedener Formbegriffe in Kants „Kritik
der Urteilskraft“ wirklich in dieser Schärfe vorgenommen werden
muß. Otto berücksichtigt nämlich Kants Begründung der Form
der Farbe, wie sie sich aus ihrer inneren zeitlichen Verfaßtheit ergibt,
nur in zwei Fußnoten (Anm. 2, S. 305 und Anm. 12, S. 307). Man kann jedoch
den Formbegriff, wie er sich aus der „Kritik der reinen
Vernunft“ herleitet, so verstehen, daß er sowohl die räumliche
Strukturierung der Zeichnung als „Gestalt“ als auch die zeitliche
Strukturierung der Farbe umfasst. In beiden Fällen handelt es sich um
„das Formale in der Vorstellung eines Dinges, d. i. die Zusammenstimmung
des Mannigfaltigen zu
Einem“. [34] Vgl. Abraham
Wolf: A History of Science, Technology and Philosophy in the
18 th Century. New York 1961, S. 163ff. – Vor allem durch die
Untersuchung von H. E. Timerding (Kant und Euler. In: Kant-Studien 23
(1919), S. 18-64; hier bes. 62ff.) kennt man heute „Kants Verhältnis
zu Euler besser und auch die Stellen in Kants Werken und Briefen, an denen er
Euler (immer zustimmend) erwähnt oder sich indirekt auf ihn bezieht“.
So Wolfgang Breidert: Leonhard Euler und die Philosophie. In: L. E.
1707-1783. Beiträge zu Leben und Werk. Gedenkband des Kantons Basel-Stadt.
Basel 1983. S. 447-457; hier: S. 470, Anm. 33. Dabei ist Kants Bezugnahme auf
Euler zur Begründung der Schönheit von Farbe und Ton in der
„Kritik der Urteilskraft bislang wohl kaum genauer beachtet und untersucht
worden. Vgl. neuerdings zu Kants Musikästhetik Stephan Nachtsheim:
„Schön oder bloß angenehm? Zu einem andauernden
Mißverständnis der Musikauffassung Kants.“ In: Kant. Analysen
– Probleme – Kritik. Hrsg. v. Hariolf Oberer. 2 Bde.
Würzburg 1976. Bd. 1, S. 321-352. Bes. S. 338
ff. [35] Wilhelm Windelband (in:
Kant: Akademie-Ausgabe, a.a.O., Anm. 3. S. 527-529) bemerkt zum
philologischen Problem dieser seither wiederholt diskutierten Stelle, daß
der Kontext der "Kritik der Urteilskraft" und auch die Hinsicht auf Kants
frühere Schriften nur das „nicht zweifle“ als plausible Fassung
zulassen. E. v. Aster bemerkt in einer Rezension des V. und VI. Bandes
der Akademieausgabe (In: Kant-Studien. Bd. 14. 1909. S. 468-476, hier: S.
475f.), daß Windelbands Interpretation zuzustimmen ist, wiewohl Kants
gelegentlich zurückhaltende Bemerkungen zu einer Form der Farbe es nicht
unmöglich erscheinen lassen, daß „Kant zunächst doch
‚gar sehr‘ an der Berechtigung dieser Auffassung zweifelte und sich
erst während seiner Arbeit an dem Werk mehr mit ihr befreundete.“
Windelbands Lesart wird von Theodore E. Uehling (The Notion of Form in
Kant‘s Critique of Aesthetic Judgement. The Hague/Paris 1971. S. 22-24)
unterstützt. Vgl. ebenfalls den Stellenkommentar in: Kants Schriften zur
Ästhetik und Naturphilosophie. Kritische Texte mit umfassender
Kommentierung. Hrsg. v. Manfred Frank und Veronique Zanetti.
Frankfurt am Main 1996 (Werke III). S. 1331f. Wenn dagegen bei G.S.A.
Mellin (Enzyklopädisches Wörterbuch der kritischen Philosophie.
Jena und Leipzig 1799. Nachdr. Aalen 1971. Bd 2,1. S. 461) im Eintrag zu Euler
zu lesen ist: „Kant bezweifelte „gar sehr, [daß] das
Gemüth durch die Reflexion das regelmä[ß]ige Spiel der
Eindrücke der Farben und Töne wahrnehme“, so erläutert
Mellin seine, m. E. nicht haltbare, Lesart dahingehend, daß nach Kant
„bei einem Gemälde doch eigentlich die Zeichnung das Wesentliche ist,
die Farben aber bloß zum Reiz gehören“ (S. 462). Gleichwohl
folgt Mellin Kants Begründung der Schönheit der Farbe, indem er Kants
Gedankengang im Blick auf „Eulers Theorie des Vergnügens an der Musik
und dem Spiel der Farben“ (S. 461) aufgreift. – Zu der, in meinen
Überlegungen nur angedeuteten, Umbewertung des Sehens durch die
naturwissenschaftliche Forschung desselben ab dem frühen 19. Jahrhundert,
aus der u. a. folgt, daß heute die Wahrnehmbarkeit der Frequenz der Farben
bestritten würde, vgl. Jonathan Crary: Techniques of the Observer.
On Vision and Modernity in the Nineteenth Century. Cambridge, Mass./London 1990.
S. 67-72 u. 79.
[36] Eliane Escoubas:
„Zur Archäologie des Bildes. Ästhetisches Urteil und
Einbildungskraft bei Kant.“ In: Bildlichkeit. Hrsg. v. Volker Bohn.
Frankfurt/M. 1990. S. 502-542; hier S. 531f.
[37] Diese, nach heutiger
Auffassung gültige, Analogie, die von Newton vorgeschlagen wurde, nimmt
Friedrich Kittler: a.a.O. (Anm. 1). S. 84f. zum Anlaß, Hegels,
allein auf die natürliche Sprache sich stützende, Behandlung der
Farben ironisch zu pointieren und dem Vorgehen Kants polemisch entgegenzusetzen:
„In schlagendem Gegensatz zu Kant konnte Hegel nur höhnisch lachen,
wenn er auf die ‘ganz ungeschickte und auch nach den Tatsachen völlig
irrige Anwendung der Zahlenverhältnisse der Töne’ zu sprechen
kam, die zumindest in Hegels Augen Newton auf die Farben gemacht haben
sollte.“ Kittler zitiert hier: Georg Wilhelm Friedrich Hegel:
Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften [1830]. Hrsg. von Friedrich
Nicolin und Otto Pöggeler. Hamburg 1959. S. 237. – Zur
Kritik wie auch zur Faszination, die Newtons Analogie zwischen Farbe und Ton auf
künstlerisch interessierte Denker des 18. Jahrhunderts ausübte, vgl.
Wilton Mason: “Father Castel and his color clavecin.” In: The
Journal of Aesthetics and Art Criticism 17, 1 (Sept. 1958). S.
103-116.
[38] Wenn Kant an anderer
Stelle das „Steif-Regelmäßige (was der mathematischen
Regelmäßigkeit nahe kommt)“ als „geschmackswidrig“
bezeichnet (71f./24f.), so bezieht diese Bemerkung sich auf die geometrischen
Formen der französischen Gartenkunst, während „das
Mathematische“, auf das Kant sich im Zusammenhang mit der Musik und der
Farbe bezieht, die Arithmetik betrifft. Vgl. zur Wirkung einer Beurteilung der
Form in der Musik im Spiele vieler Empfindungen: Peter Rohs: Singend
denken – musikästhetische Überlegungen im Anschluß an
einen Begriff von C. Ph. Bach. In: ... Festschrift für Klaus Hortschansky
– hg. Zum 65. Geburtstag. Xxxx 2000. S. xxx-xxx, bes. S.
xxx [39] Vgl. Martin
Heidegger: Kant und das Problem der Metaphysik [1929]. Frankfurt/M 1991.
S. 26f. [40] Eliane
Escoubas: a.a.O. (Anm. 36). S.
534f. [41] Vgl. Leonhard
Euler: Briefe an eine deutsche Prinzessin über verschiedene
Gegenstände aus der Physik und Philosophie. Aus dem Französischen
übersetzt. Eingel. und erläutert v. Andreas Speiser (Nachdruck
der Ausgabe v. 1769-73). Braunschweig und Wiesbaden 1986. Brief 27 u. 28; Hvh.,
J.S. Vgl. zum Problem der Farbenordnung Eckart Heimendahl: Licht und
Farbe. Ordnung und Funktion der Farbwelt. Mit einem Geleitwort von Carl
Friedricht von Weizsäcker. Berlin 1961. S. 51ff.; S. 98 u. 178ff.
[42] Hier ist allerdings eine
Präzisierung notwendig. Abraham Wolf: a.a.O (Anm. 34), bemerkt:
„Euler linked the colours of the spectrum to the notes of the octave, and
he supposed, on this analogy, that beyond the violet one would pass through
purple to a second red whose frequency would be twice that of ordinary
red“ (S. 165). Demnach würde doch eine Art farbkreisförmiger
Anschluß jenseits des Violetts zurück an das Rot vorliegen. Jedoch
muß man hier zwischen dem „ordinary red“ und dem „second
red“ unterscheiden. Eulers Modell kennt immer eine lineare Folge der
Farben, die auf stets höheren Ebenen (also verdoppelten Frequenzen)
wiederkehrt. Insofern ist es vertretbar, Eulers Modell als linear zu
bezeichnen (wie auch eine Klaviertastatur linear ist, obwohl immer die gleichen,
aber eben höheren, Töne in immer der gleichen Reihenfolge
wiederkehren). [43] Im Rahmen
einer psychologischen Farbenordnung, die sich auf psychologische Theorien
stützt, ist Reinheit ein Modifikationsbegriff für die Intensität,
d. h. den Stärkegrad einer bunten Farbe. Der Reinheitspunkt ist objektiv
nicht zu ermitteln, weil es keine objektiven Wellengrößen für
die jeweilige Farbe gibt, so haben auch Tests mit Versuchspersonen gezeigt,
daß die Wahrnehmung einer reinen Farbe, ihrer Intensität, variiert.
Vgl. Eckart Heimendahl: a.a.O. (Anm. 41). S.
51-106. [44] Vgl. Hans
Schulze: Die Bewertung der Farbe als Mittel der bildnerischen Darstellung
und zur Hervorhebung des Wesentlichen in der ästhetischen Literatur
vorzugsweise Deutschlands von der Mitte des achtzehnten bis zu Beginn des
neunzehnten Jahrhunderts. Leipzig 1955 [Dissertation]. S. 86f. Schulze ahnt
etwas von dem „logischen Riß“, der Kants Überlegungen
zwischen rein-unrein und einfach-gemischt, durchzieht. Jaques Derrida:
Die Wahrheit in der Malerei..., a.a.O. (Anm. 4), S. 99 schenkt diesem Riß
keine Beachtung. Zur Inkommensurabilität verschiedener Diskurstypen bei
Kant, vgl. grundsätzlich Jean-Francois Lyotard: Der Widerstreit.
München 1987. Zur Kritik der Urteilskraft, vgl. insb. S.
217-225. [45] Vgl. Johann Georg
Sulzer: a.a.O. (Anm. 29), Art. Farbe, S. 372: „Die drey
vollkommenen Farben können nie anders, als gelb, roth und blau seyn, und
ist nur ein Begriff ihrer Vollkommenheit, nämlich wenn sie gleich weit von
allen anderen Farben sind; da hingegen die geringen und gemischten
unterschiedlicher Art seyn können, nämlich mehr von der einen oder der
andern abhangend, so von drey Farben gemischt, können unzählig
verändert werden.“ – Zu den Fragestellungen der Farbenlehre im
18. Jahrhundert sowie ihrer Verflochtenheit mit der naturwissenschaftlichen
Farbenlehre vgl. Thomas Lersch: a.a.O. (Anm. 30). Sp. 210ff.
[46] Johann Wolfgang von
Goethe: Die Farbenlehre [1810]. In: Ders.: Sämtliche Werke.
Artemis-Gedenkausgabe, Bd. 16, Naturwissenschaftliche Schriften I. (1949). Unv.
Nachdr. Zürich 1977. S. 8-244; hier S. 43 (§
60). [47] Ebd. S. 201 (§
745). [48] Ebd. S. 22f. (Einl.).
S. 189f. (§ 697-705). Vgl. Goethes Farbenlehre. Ausgewählt und
erläutert von Rupprecht Matthaei. 3. Aufl. Ravensburg 1978. Bes. S.
41-56. [49] Vgl. Georg Wilhelm
Friedrich Hegel: Vorlesungen über die Ästhetik III [1835]. In:
Ders.: Sämtliche Werke. Jubiläumsausgabe in zwanzig Bänden, Hg.
v. Hermann Glockner, Bd. 14. Stuttgart 1954. S. 66. Vgl. dazu Heinz
Paetzold: a.a.O. (Anm. 10). S. 311-313; sowie Beat Wyss: Trauer
der Vollendung. München 1989. S. 75 und
83. [50] Vgl. zur Sache Werner
Heisenberg: Die Goethische und die Newtonsche Farbenlehre im Licht der
modernen Physik. In: W. Heisenberg: Wandlungen in den Grundlagen der
Naturwissenschaft. Zehn Vorträge. 9. Aufl. Stuttgart 1959. S.
85-106. [51] Goethe:
a.a.O. (Anm. 46). S. 212 u. 213. (§ 796 u. 801), ferner S. 206-218 (§
758-829). Nach Goethe enthält das Rot „teils actu, teils in potentia
alle andern Farben“, während er dem Grün die Qualität des
„Einfachen“ zuschreibt. Vgl. Johannes Pawlik: Theorie der
Farbe. Eine Einführung in begriffliche Gebiete der ästhetischen
Farbenlehre. Köln ³ 1973. S. 27 u.
pass. [52] Vgl. Hegel:
Ästhetik, a.a.O. (Anm. 49). S. 61f. Vgl. Hans Schulze: a.a.O. (Anm.
44). S. 137; sowie Goethe: a.a.O. (Anm. 46). S.
206ff. [53] Es bleibt zu
kären, ob Kant bei der „Ordnung der sieben Farben“
möglicherweise an Newtons Farbdiagramm gedacht haben könnte, das Rot,
Orange, Gelb, Grün, Blau, Indigo und Violett darstellt. Vgl. Isaac
Newton: Opticks or A Treatise of Reflections, Refractions, Inflections
and Colours of Light. London 1704 u. ö.; Nachdr. der 4. Aufl. (London 1730)
New York 1952; Nachdr. der dt. Übers. (Leipzig 1898) eingel. u. erl. von
Markus Fierz. Braunschweig / Wiesbaden 1983. 1. Buch. 2. Teil. Prop. VI. S. 100.
– Aus Kants Symbolik der sieben Farben dürfte sein persönliches
Farberleben sprechen. Vgl. zu Gefühlsbestimmungen und Erlebnisbegriffen der
Farben in ihren Gegensätzen und Spannungen Eckart Heimendahl: a. a.
O. (Anm. 41). S. 172-176. 184-219. Bes. S. 215.
[54] Vgl. zur „Sprache,
die die Natur zu uns führt“ die Überlegungen von Claudio La
Rocca: Forme et signe dans l’esthétique de Kant. In: Kants
Ästhetik. Kants Aesthetics. L’Esthétique de Kant. Hrsg. von
Herman Parret. Berlin, New York 1998. S. 530-544. La Rocca weist
daraufhin, daß der Prozeß, in dem der ‘pulsus des
Äthers’ als Anlaß für ein Geschmacksurteil dient, als ein
Prozeß des „déchiffrement“ (S. 537) mit Kant verstanden
werden kann.
[55] Christoph Wagner hebt
hervor und führt aus, daß Kant „im Kontext der Bestimmungen
seines Symbolbegriffs nach anschaulichen Analogien im § 59 der
„Kritik der Urteilskraft“ zur thematischen Deutung der Farbe einen
„methodisch bedeutsamen Fingerzeig“ gegeben habe (vgl. Ch.
Wagner: „Farbe und Thema – eine Wende in der Koloritforschung
der 1990er Jahre.“ S. 244-249, zit. S. 247). In: Zeitschrift für
Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschaft 42. H. 2 (1997). S. 181-250;
hier: siehe auch Lorenz Dittmann: „Normen und Werte in der
bildenden Kunst. Erörterungen im Anschluss an Kant.“ In: Festschrift
für Wilhelm Messerer zum 60. Geburtstag. Hrsg. v. Klaus Ertz.
Köln 1980. S. 369-381. [56]
Vgl. Lorenz Dittmann: Farbgestaltung und Farbtheorie in der
abendländischen Malerei. Darmstadt 1987. S. 261-416. Zur Darstellung des
Farbraums von Newton bis Seurat siehe John Gage: Kulturgeschichte der
Farbe. Von der Antike bis zur Gegenwart. Übers. v. Magda Moses u. Bram
Opstelten. Ravensburg 1997. S. 171-176. Vgl. zu Gage die Rezension von Christoph
Wagner: a. a. O. (Anm. 54). S. 187-219.
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