Jens Schröter

Was ist Film?
Zwischenspiele zwischen André Bazin und Chris Marker

Eine seltsame Begriffsverwirrung hat entstehen können - zwischen Durchführung und wesentlicher Natur -, der zufolge ein Film je nach seinem Thema mehr Film oder weniger Film sein soll, während doch niemand auf den Gedanken verfiele, zu sagen, ein Gemälde sei, je nach seinem Sujet, mehr Bild oder weniger Bild. Paradox genug, eine autonome Kunst wie die Malerei gibt das Beispiel der Freiheit, während man im Film Terror und Purismus herrschen lassen will. Die Sehnsucht, Film zu sein und nichts als Film, ist vielleicht nur ein erstes, verlarvtes Auftauchen einer Frage: wenn es nun den Film überhaupt nicht gibt? Wenn er nur ein bequemer Sammelname wäre, um einen neuen Zustand der älteren Künste zu bezeichnen [...]

Chris Marker

Die folgenden Überlegungen werden einen früh publizierten Essay Markers, ,,Der Film von Morgen. Eine Apologie der Breitwand"1, in den Blick nehmen. Nicht zufällig wendet sich Marker in seinen Essays gerade marginalen Formen des Films, dem Trickfilm2, dem Amateurfilm3 und dem `subjektiven Film'4 zu. Entscheidend ist, daß Markers Überlegungen zum Film zwischen/gegenüber anderen Medien und das daraus resultierende Bild des ,,Films" ein die innere Heterogenität von Medien anerkennendes Modell impliziert. Eine der Wurzeln von Markers Aufgeschlossenheit für verschiedenste Medien und auch seine Tendenz, ,,unreine", bspw. durch Videobilder ,,kontaminierte", Filme zu produzieren, mag hier angelegt sein. Da zur selben Zeit die Theorie des Films ihren prominentesten Vertreter in André Bazin hatte, ist ein systematischer Vergleich zwischen Markers Texten und einigen ausgewählten Texten Bazins lehrreich. Bazin, der schon 1946 Bekanntschaft mit Marker machte, gilt im allgemeinen als Vertreter einer ontologisch-realistischen Filmkonzeption, die als solche im Widerspruch zu Markers inter-medialem Vorgehen zu stehen scheint. Jedoch ist Bazins Ansatz in vielen Punkten sehr viel komplexer, sodaß auch tiefe Verwandschaften zwischen den beiden auszumachen sind.

,,Der Film von Morgen" ist eine Verteidigung der Breitwand-Technologie. Marker betont, daß es nicht darum gehen könne, neuartige technische Entwicklungen mit dem Hinweis, daß mit ihnen keine ,,anständigen" Filme mehr gemacht werden könnten, abzutun. Vielmehr müsse es darum gehen, diesen ,,neuen technischen Errungenschaften mit Vertrauen zu begegnen"5. Hier zeigt sich der programmatische Impetus des Titels: Der Film ist nichts, was sich auf einen, zu einem bestimmten Zeitpunkt gegebenen, technisch-ästhetischen Komplex reduzieren ließe, er befindet sich in permanentem Werden6, sowohl, was seine technische Basis als auch die aus dieser folgenden stilistischen Formen, mithin alles aus dem man ein ,,Wesen" ablesen könnte, betrifft. Der Film von Morgen verschiebt und befragt stets den Film von Heute.
Hier scheint zunächst eine manifeste Differenz zu Bazin zu liegen, hatte dieser doch in seinem schon 1945 erschienenen Aufsatz zur ,,Ontologie des photographischen Bildes"7 aus der technischen Struktur der Photographie, der kausalen Verbindung von Bild und Referent über das Licht und ihrem Automatismus8, eine ,,Realitätsfunktion"9 des photographischen und damit auch des kinematographischen Bildes abgeleitet. Seine Argumentation beginnt mit dem Tod. ,,Der Tod ist nichts anderes als der Sieg der Zeit" (O: 21). Seiner Auffassung nach hebt die Geschichte der Abbildung überhaupt mit der Mumifizierung des toten Körpers an, um in Photographie und Film, ,,die das Verlangen nach Realismus endgültig und ihrem Wesen gemäß" (O: 23) befriedigen, ihren Höhepunkt zu finden. Das Festhalten des menschlichen Körpers in der Abbildung, der ,,Unvergänglichkeit der Form" (O: 22) als Sieg über den ,,zweiten, geistigen Tod" (O: 21) - das Vergessen - ist das, was eben jenen Realismus evoziert habe. Die Photographie erscheint ihm als Erlösung (vgl. O: 23), da mit ihr die ,,objektive" Abbildung entstanden sei, die, befreit von der ,,Hypothek einer unvermeidlichen Subjektivität", auf die Betrachter den Zwang ausübe ,,an die Existenz des repräsentierten Objektes zu glauben" (O: 24, Hervorheb. J.S.). So ,,balsamiert sie die Zeit ein" (O: 25) und bildet die ,,aufregende Gegenwart des in seinem Ablauf angehaltenen Lebens", selbst wenn die Abbildungen - wie bei sehr alten Photos - nurmehr aus ,,grauen oder sepiabraunen Schatten, phantomhaft, fast unentzifferbar" bestehen. Dadurch hat die Photographie natürlich die Malerei von ihrem ,,Ähnlichkeitswahn" (O: 23) befreit und kann das Objekt - durch das Objektiv er-blickt - ,,für (...) (die) Augen wieder jungfräulich erscheinen lassen und (...) (der) Liebe zuführen" (O: 25).
Entscheidend ist daran, daß die Photographie durch diese ,,Übertragung der Realität des Objektes auf seine Reproduktion" (O: 24) jene, über die reale Vergänglichkeit des Objektes hinaus, festhält. Obwohl Bazin zu Anfang betont, daß die Bilder heute ,,von ihrer magischen Funktion" (O: 21, Hervorheb. J.S.) und ,,von jedem anthropozentrischen Utilitarismus" befreit seien, ist der Film für ihn immer noch ,,eine sich bewegende Mumie" (O: 25). Die technischen Bilder, auf die kein, von subjektiver Hand geworfener, ,,Schatten des Zweifels" (O: 23) fällt, heben die ,,logische Unterscheidung zwischen dem Imaginären und dem Realen" (O: 27) auf. ,,Jedes Bild muß als Objekt empfunden werden und jedes Objekt als Bild". Hier kehrt die von Bazin am Anfang seiner Abhandlung noch totgesagte ,,ontologische Identität von Modell und Portrait" (O: 21), die er von den Mumifizierungs-Techniken her als endlosen Aufschub des Todes liest, zurück. Kreisförmig schließt sich der Tod um seine Argumentation, jener Tod, über den die Photographie bei Bazin definiert wird. Bazins Lesart der Photographie als ,,wichtigstes Ereignis in der Geschichte der bildenden Künste" (O: 27), einer Geschichte deren Triebfeder er im ,,Bedürfnis nach Illusion" (O: 22) sieht, denkt die Photographie in einer Art positiver Eschatologie. Schon Bazins Wortwahl: Unvergänglichkeit, geistiger Tod, Glauben, Erlöser, Jungfräulichkeit, Liebe, Überwindung von Verfall und Befreiung von Blindheit deutet auf einen quasi-theologischen Bildbegriff. In Bazins Text ist nur ein Bild abgebildet: Das heilige Leichentuch Christi aus Turin, welches Bazin tatsächlich als ,,Synthese von Reliquie und Photographie" (O: 25 [Anm.]) bezeichnet. Er betont, daß ,,[a]lle Künste [...] auf der Gegenwart des Menschen [beruhen]" während ,,die Photographie [...] Nutzen [zieht] aus seiner Abwesenheit." (O: 24): acheiropoietos! Hans Belting hat in seiner Studie über die Geschichte kultischer christlicher Kunst ausgeführt: ,,Heute würde sich der Vergleich mit der Photographie anbieten. Sollte es sich doch nicht um Kunst, nicht um Erfindung eines Künstlers handeln, sondern um größtmögliche Wahrheit der Abbildung."10. Die Photographie, deren Begründer Niepce als ,,Erlöser" bezeichnet wird, erzeugt Bilder, deren ,,irrationale Kraft (...) unseren Glauben besitzt" (O: 25). Diese Bilder ermöglichen uns einen liebevollen Blick auf die jungfräulich erstrahlenden Objekte.
Wie Jesus im christlichen Mythos einen Bund zwischen Gott und den Menschen stiften soll, stiftet die Photographie ein ,,natürliches Bild einer Welt, die wir nicht zu sehen verstanden oder nicht sehen konnten"11. Die theologische Metaphorik Bazins zeigt die Emphase mit der er die realistische Bestimmung und Funktion der Photographie aus ihrer technischen Basis herleitet. So gesehen scheint es nur konsequent, wenn Bazin immer wieder den ,,eigenen und spezifischen"12 Realismus des Kino hervorhebt. Aber Vorsicht: Gerade weil Bazin ein realistisches Kino-Konzept vertritt, steht er technischen Verschiebungen auf dem Weg zum ,,totalen Kino"13 aufgeschlossen gegenüber. Zumindest betont er stets, etwa gegen Eisenstein, Pudowkin und Alexandrow, daß die Einführung des Tons keineswegs nur zum ,,Abfilmen von Dramen"14 führe. Vielmehr habe der Ton ,,die Montage zum Realismus zurückgeführt"15. Für Bazin sind die technischen Entwicklungen der realistischen Teleologie des Mediums Film unterworfen. Dies würde die Vermutung nahelegen, daß Filme, um dieser realistischen Determination zu genügen, keine Anleihen bei Literatur oder Theater machen dürften - ,,rein" bleiben müßten. Wenn dem so wäre, wäre Bazin vielleicht einer der Vertreter von ,,Terror und Purismus"16, die Marker so attackiert. Jedoch: Es ist weit komplexer bei Bazin. Nicht nur, daß seine Diskussion der Tiefenschärfe - wir kommen darauf zurück - betont, daß diese die ,,Bildeinheit in Zeit und Raum"17 herstelle, eine Bestimmung die unmittelbar an die aristotelischen Forderungen an das Theaters erinnert: Wylers Nutzung der Tiefenschärfe sagt Bazin auch nach, daß sie Wyler die Möglichkeit gegeben habe ,,auf der Leinwand ein dramatisches Schachbrett"18 anzuordnen.
In ganz ähnlicher Weise begreift Marker die technischen Verschiebungen so, daß sie direkt bezug nehmen auf die ,,verwirrendsten Fragen [...], die der Film stellt". Eine dieser Fragen ist die ,,Einbeziehung des Theaters". Das Breitwand-Kino zwingt Marker ,,an ein geschmeidigeres, verfügbares, unbegrenzt zugängliches Theater zu denken, wahrhaft eine Erfindung der Buchdruckerkunst für das Theater". Diese Medien-Kette führt Marker zu der Frage, ,,warum die Begriffevon Theater und Film seit jeher so eng miteinander verbunden waren"19, wo es doch auch möglich gewesen wäre, den Film mit dem Jahrmarkt, dem ersten Ort seiner Vorführung oder dem Zirkus20 zusammenzuschließen. Warum das Theater? Er glaubt nicht, daß Theater und Film durch ihre gemeinsame Architektur miteinander verbunden seien, zumal eine solche Betrachtung den Film eben nur als Ableger des Theaters begreifen würde, wo er doch - wie das diesem Text vorangestellte Zitat zeigt - als ,,Sammelname", welcher ,,einen neuen Zustand der älteren Künste"21 benennt, aufzufassen ist. D.h. es geht Marker nicht um eine Genealogie, in welcher der Film nur eine Fortsetzung des Theaters mit anderen Mitteln wäre und folglich hatten - laut Marker - die ersten Filme nichts mit Theater zu tun. Auch in diesem Punkt gibt es eine Nähe zwischen Bazin und Marker, betont Bazin doch, daß ,,die Adaption, die Anleihe, die Imitation nicht in seinen [des Kinos] frühen Anfängen"22 stattfanden, sondern erst später als die filmischen Formen weit entwickelt waren. Daher ist es folgerichtig, daß Marker die vielfach beschworene ,,Treue zum Bühnenwerk" nur mehr als eine ,,Treue des Etiketts", als eine rein ,,formale Treue" auffaßt: ,,Das Theater sollte erst später kommen, und nicht als Eroberer dieser neuen Darstellungsform [des Films, J.S.], sondern selbst erobert und umgestaltet"23. Bazin formuliert: ,,Die Eroberung des theatralischen Repertoires durch den Film ist keineswegs das Zeichen von Dekadenz, sie ist im Gegenteil ein Zeichen für seine Vervollkommnung"24. Übrigens sind sich Bazin und Marker auch einig, daß die Zuwendung zum Theater oft ,,auch de[n] Weg zur faulen Bequemlichkeit"25, dem ,,abschüssigen Weg des nur Bequemen und Gefälligen"26 darstellt.
Markers These, daß ,,[d]as verfilmte Bühnenwerk [...] seine theatralische Aufgabe um so treuer [erfüllte], je mehr es sich den eigentlich kinematografischen Ausdrucksformen unterwarf"27, ist vollständig kompatibel mit Bazins Annahmen, daß der Fehler des verfilmten Theaters oft darin lag, daß es sich auf den ,,infantilen Irrtum"28 des ,,reine[n] Abfotografieren[s]"29 beschränkt habe. Die Eroberung von der Marker und Bazin sprechen, bedeutet vielmehr, daß ,,Werktreue paradoxerweise mit einer äußersten Unabhängigkeit vom Werk"30 einhergehen kann. Es geht nicht um die Adaption des Gegenstandes des Stücks, sondern vielmehr um die Adaption des Stückes selbst, insofern bereits der dramatische Text Theater sei31. Konkret bedeutet das, daß der Film über das Theater hinauszugehen habe, ,,aber um es fortzusetzen und es gleichsam von seiner Unvollkommenheit zu befreien"32 und: ,,Dank ihrer Beweglichkeit hat die Kamera die wirkliche Einheit von Zeit und Ort vorführen können"33. Die gelungene Theaterverfilmung zeichnet sich also dadurch aus, daß sie ein ,,Mehr an Theatralik"34 erzeugt, die ,,theatralischen Umstände" nicht vergessen macht, sondern sie ,,unterstreicht"35, ebenso wie manche Verfilmungen von Malerei eine ,,re-creation"36 der Malerei produzieren. Eine Konsequenz aus diesen Überlegungen ist, daß Bazin die These, daß sich Film und Theater durch die leibhaftige, physische Präsenz des Schauspielers im Theater, unterscheiden ließen, nicht anerkennt. Denn dieses Argument wurde stets benutzt, um dem `verfilmten Theater' generell seine Existenzberechtigung abzusprechen. Wieder ist es die photographische Ontologie, die, da sie ,,mehr als nur Ähnlichkeit, in gewisser Weise Identität"37 herstelle, eine ,,'Pseudo-Präsenz'"38 des gefilmten Schauspielers erzeugt, die Bazin fragen läßt: ,,Ist es nicht möglich, daß wir das, was wir verlieren, weil wir Zeuge des Geschehens sind wiedergewinnen durch die künstliche Nähe, die die vergrößernde Kamera bewirkt?"39. Entscheidend ist, daß die Trennung von ,,Durchführung und wesentlicher Natur -, der zufolge ein Film je nach seinem Thema mehr Film oder weniger Film sein soll", die ja auch Marker kritisiert40, von Bazin insoweit verworfen wird, als er betont, daß ,,Literatur und Film [...] von denjenigen verraten [werden], die sich unter dem Vorwand bestehender Forderungen der Leinwand nicht im mindesten um Werktreue bemühen"41. Doch so wie manche Romane in ihrer Adaption filmischer Erzähltechniken ,,ultra-kinematographisch"42 sind, so kann der Film ultra-theatralisch werden.
Dies stellt offenbar die Frage, wie die ,,Spezifik" eines Mediums wie des Films zu verstehen ist, denn offenbar läßt sich der so verstandene Film nicht mehr starr auf sein `eigentliches' Terrain bezogen modellieren. Marker und Bazin haben ein bestimmtes ,,virtuelle[s] Bild"43 des Films, das trotz mancher Verschiedenheiten auch Nähen aufweist: Marker sieht einen ,,Drang zur Bewegung", welcher ,,der bildenden Kunst seit den Tagen der Felsenmalerei innewohn[t]"44. Das bedeutet, daß es ein Prinzip gibt - eben jenen Drang - das nicht singulär nur in einer medialen Form auftritt, sondern dieser Drang ist etwas, das alle (oder zumindest mehrere)Kunstformen rsp. Medien - vielleicht nicht immer auf dieselbe Weise - durchzieht. Dies wäre eine Form von Intermedialität, die die Vorstellung des `geschlossenen Mediums' durchbricht, eine trans-mediale45 Intermedialität. Dies besagt, daß es medien-übergreifende Strukturen oder Formen gibt, wie z.B. Narration, Fiktionalität oder die Perspektive, die in verschiedenen Medien auftreten und diese Medien vergleichbar machen. Das bedeutet aber auch, daß Medien nie völlig voneinander separiert sind, sondern auch Parallelen aufweisen, welche die Rede über absolute Mediendifferenzen verdeckt: ,,Wenn ein `Medium' Strukturen und Möglichkeiten eines anderen oder anderer Medien in sich birgt, dann impliziert dies, daß sich die Vorstellung von isolierten Medien-Monaden oder Medien-Sorten nicht mehr aufrecht erhalten läßt"46. In diesem Sinne argumentiert schon Bazin, wenn er darauf hinweist, daß gerade das von verschiedenen Kritikern gefeierte, angeblich so `reine Kino' bereits als ,,die Modifikation theatralischer Spielformen"47 verstanden werden muß. Entscheidender aber noch ist, daß Bazin ,,Erzählstrukturen"48 oder ,,dramatische Strukturen"49 im Kino findet, die es sich zu seiner eigenen Entwicklung von Literatur oder Theater `geborgt' habe. Auch der Fall, daß umgekehrt vom Film bspw. auf die Literatur Verfahrensweisen übergegangen sind, findet Erwähnung. Daß Bazin diese Anleihen des Films bei verwandten Künsten nicht im Rahmen eines Purismus vernichtend kritisiert, hat nicht nur den Grund, daß er natürlich weiß, daß Anleihen und Beeinflussungen eine Konstante in der Geschichte der gesamten Kunst darstellen50. Vielmehr ist er sich auch im klaren darüber, daß wenn sich der Film eines Verfahrens der Literatur bedienen kann und bedient, es keinen Sinn mehr hat, zu sagen, daß der Film nun `literarisch' sei: denn schließlich ist das Verfahren jetzt ja auch ein filmisches Verfahren. In diesem Sinne hat schon Boris Eichenbaum bemerkt: ,,Vor dem Hintergrund des Films nun haben viele Privilegien der Literatur ihr Monopol verloren [...] Wie das Theater hat auch die Literatur, indem sie den Film befruchtete und zu seiner Entwicklung beitrug, gleichzeitig ihren früheren Status verloren und muß in ihrer weiteren Evolution der Existenz einer neuen Kunst Rechnung tragen"51. Markers Frage über den Film: ,,Wenn er nur ein bequemer Sammelname wäre, um einen neuen Zustand der älteren Künste zu bezeichnen?"52 ist exakt in diesem Sinne verstehbar: Mit dem Auftreten des Films verschiebt sich das relationale Gefüge der aufeinander bezogenen Medien, ihre ,,Systemplätze"53. Verfahren, die eben noch spezifisch für die Literatur oder das Theater waren, treten plötzlich - womöglich noch in gesteigerter Form - im Film auf. In diesem Sinne bemerkt Marker, daß der Film ,,ihre [des Theaters und der Malerei, J.S.] Eroberungen mit seinen eigenen Mitteln vollende[t]"54. Die traditionellen Medien verlieren ihr ,,Monopol" auf die für sie spezifischen Verfahren, folglich müssen sie zukünftig anders definiert und spezifiziert werden: Sie treten in neue Zustände ein, dessen kürzester Sammelname ,,Film" ist. Und diese Verschiebung ist unaufhörlich.
Aber wie wir noch sehen werden, bleibt bei Bazin letztlich auch die Erweiterung des Films durch literarische und theatralische Verfahren an die `spezifische' Realitätsfunktion des kinematografischen Bildes gebunden55, insofern diese a) materielle und ontologische Basis des Films nicht von den b) trans-medialen, d.i. formalen, narrativen und stilistischen Strukturen, die konkrete Filme annehmen, berührt werden soll56. Letztlich sind diese Forderungen unvereinbar: Man kann nicht einerseits von einer ,,ursprüngliche[n] Polyvalenz"57 ausgehen, einer rein relationalen Spezifikation und andererseits den Realismus des Films als ,,unveränderbaren"58 ontologischen Grund behaupten. Um diese beiden Ebenen zu vereinen, bemüht Bazin immer wieder die `Dialektik'. Die Auflösung der ,,Dialektik" zwischen dem ,,filmischen Realismus einerseits und der theatralischen Konvention andererseits"59 bei Laurence Olivier zeigt, daß ,,der Erfolg des verfilmten Theaters einen dialektischen Fortschritt der filmischen Ausdrucksform voraussetzt"60. Gerade durch die Assimilation ,,der erarbeiteten Stoffe, die die angrenzenden Künste im Laufe der Jahrhunderte um ihn herum angesammelt haben", besteht für Bazin die Erwartung, daß die ,,Dialektik der Geschichte [...] diese wünschenswerte und hypothetische Autonomie"61 des Films wiederherstellen möge. Die Dialektik von Montage und homogener Einstellung wird uns noch in der `inneren Montage' wiederbegegnen.
Hier liegt allerdings eine deutliche Differenz zum Ansatz Markers: Geht es Bazin um trans-mediale Verfahren, die mit der onto-realistischen Medialität des Films ,,dialektisch" vereint werden müssen, spricht Marker explizit von einer materiellen, medialen `Enklave' im Herzen des Theaters, in welcher sich der als solcher trans-mediale ,,Drang zur Bewegung" manifestiert: In diesem Sinne ist die Aufführungspraxis des Theaters selbst, seine Pragmatik, bereits von heterogenen Momenten, von Zonen eines ,,kinematografischen Bemühens"62 durchquert, das Marker im Apparat des Opernglases verortet63. D.h. er trennt erneut nicht eine Essentialität des Theaters von seinen ,,Gebrauchsweisen", der ,,Durchführung", sondern lokalisiert gerade in seinem `Gebrauch', der Benutzung des Opernglases - gleichsam als Close-Up - den ,,Faktor" durch welchen das ,,Theater [...] abdankt"64. Dies ist zwar vereinbar mit der bereits diskutierten relationalen Verschiebungen im `System der Künste', nicht aber mit Bazins Insistenz auf der Trans-Medialität der Verfahren bei gleichzeitiger Beibehaltung des ontologischen Realismus. Marker ist hier radikaler als Bazin: Seine Frage: ,,[W]enn es nun den Film überhaupt nicht gibt?"65 wäre für Bazin wohl ein Unding gewesen.
In diesem Sinne kann auch eine ergänzende Lektüre der ,,Zone" in Sans Soleil (1982), jener Zone videographisch transformierter Bilder, vorgeschlagen werden. Die Bemerkung Hayaos, daß die Bilder nun nicht mehr ,,die transportable und konkrete Form einer Wirklichkeit, die schon unerreichbar ist," sind, verweist nicht nur auf die De-Referentialisierung der Bilder, die aus dieser als nur-Bilder hervorgehen. Sie kann auch so verstanden werden, daß in dieser Zone ein anderes Medium - das Video - in den Film als `Enklave', eindringt und daß die Bilder nun nicht mehr - wie notwendig vorher - allein auf die Wirklichkeit des kinematographischen Verfahrens der Bild-Produktion bezogen bleiben. Diese Zone ,,verunreinigt" den Film, ebenso wie das Opernglas das Theater mit einer Zone ,,kinematografischen Bemühens" versehen/versehrt hatte. Die Kino-Bilder als die ,,konkrete Form" des Apparats, der Institution Kino, sind nun nicht mehr diese konkrete Form, sondern von der Video-Technologie ,,erobert und umgestaltet"66. Eine ähnliche Bedeutung können so die Schwarzbilder in Sans Soleil oder der lange, völlig schwarze, Abspann von Le Joli mai(1963) annehmen, die als ,,Negation von Film als Licht-Bild"67 die scheinbar unfraglichste Wesens-Bestimmung einer auf der photochemischen Basis des Filmbildes errichteten Medien-Ontologie erschüttern: Das Film-Bild als Ein-schreibung des Lichts. Was wäre aber, wenn jemand mit Fixierer auf Photopapier malte und dieses dann dem Licht aussetzt - ein Bild beruhend auf der Einschreibung von Licht - aber würde man es ,,Photographie" nennen?68 Und umgekehrt: Ein Konzeptkünstler macht Photographien mit geschlossener Objektivklappe, unterzieht aber die resultierenden Bilder genau denselben Prozessen wie `normale' Photos - diese schwarzen Bilder wären keine Licht-Schrift69 und doch würden sie wohl, der ,,Treue des Etiketts"70 folgend, ,,konzeptuelle Photographie" genannt werden71. Daß La Jetée (1962/64) gerade nur aus Stills komponiert ist, ist ein weiteres Indiz, das auf Markers Skepsis gegenüber Medien-Ontologien schließen läßt. Das stehende Bild als ,,interruption of movement" ist jener ,,decisive instant when cinema seems to be fighting against its very principle, if this is defined as the movement-image"72. Insofern führt La Jetée nach Peter Wollen73 zu der Annahme: ,,movement is not a necessary feature of film". Diese Re-Definition von ,,Film" um das stehende Bild herum, etwas das auf andere Weise auch Roland Barthes anstrebte74, ,,allows La jetée to exist"75. Völlig richtig schlußfolgert Bellour, daß vorgängige Wesens-Definitionen die Existenz bestimmter Artefakte als bspw. ,,anständiger"76 Filme implizieren, während Formen, die nicht der präsupponierten Ontologie entsprechen allzu oft verdrängt und ausgeschlossen werden.
Die diskutierte Heterogenität des Theaters verknüpft Marker aber mit noch einem anderen Aspekt: der Aktivität oder Passivität des Zuschauers. An dieser Stelle verwendet Marker, ebenso wie Bazin77, sowohl das Beispiel der Schlachtszene bei Azincourt aus Laurence Oliviers Henry V. (1947) als auch Les parents terribles von Cocteau (1948)78. Die Parallelität der Beispiele drängt, mehr noch als die weiter oben festgestellten Parallelen, die Vermutung auf, daß Marker hier direkt Bezug nimmt auf Bazins Erörterungen. Markers Überlegungen heben damit an, daß einer der traditionellen Einwände gegen den Film genau darin bestand, daß er durch die anschauliche Füllung der dramatischen Handlung den Imaginations-Raum der Zuschauer reduziere und so die Zuschauer in Passivität abdränge, wohingegen im Theater der ,,Spielraum zwischen dem Appetit des Zuschauers und den physischen Möglichkeiten des Theaters" in der Präsentation gerade die Aktivität des Zuschauers erzwänge. Hiermit gibt Marker ganz offensichtlich das Paar Opposition : Identifikation, wie es Bazin bei Rosenkrantz liest, wieder. Die `Opposition' entspricht danach den aktiven Bemühungen der Zuschauer den leibhaftig vor ihnen stehenden Schauspielern im Theater eine fiktionale Existenz zuzuschreiben. Bazin faßt Rosenkrantz zusammen: ,,Das Kino beruhigt den Zuschauer, das Theater erregt ihn"79. Allerdings ist Bazin nicht glücklich mit dieser Gegenüberstellung. Er betont vielmehr: ,,[...] [E]s steht fest, daß der Film über Inszenierungsmöglichkeiten verfügt, die die Passivität begünstigen, oder aber über solche, die im Gegenteil das Bewußtsein des Zuschauers mehr oder weniger fordern"80. Diese Dichotomie von Inszenierungsmöglichkeiten ist wohlbekannt. Bazin unterschied die verschiedenen Formen der Montage - von der ,,hinterlistig[en]"81 ,,analytischen" bis zur ,,Attraktionsmontage" - und die expressionistische Bildgestaltung scharf von dem, durch die Tiefenschärfe ermöglichten ,,dialektischen Fortschritt in der Geschichte der kinematographischen Sprache"82. Während die verschiedenen Formen der Montage den Sinn ,,in das Bewußtsein des Zuschauers projizier[en]", somit ,,dem Zuschauer [die] Interpretation des dargestellten Ereignisses auf[...]zwingen"83 und damit ,,grundsätzlich und ihrer Natur nach der Vieldeutigkeit" widersprechen, führt die Tiefenschärfe ,,die Vieldeutigkeit in der Bildstruktur wieder ein"84. Die Tiefenschärfe, exemplarisch bei Jean Renoir oder Orson Welles, setzt den Zuschauer also in eine ,,Beziehung zum Bild [...], die enger als seine Beziehung zur Realität"85 ist, weswegen sie eine ,,aktivere Geisteshaltung impliziert" und ,,eine positive Mitwirkung des Zuschauers an der Regie" ermöglicht. Kurz: Bazins Realismus der Tiefenschärfe ist ein Realismus des aktiven Zuschauers, der tätig die Vieldeutigkeit der Wirklichkeit ausdeutet. Der sichtbare Filmraum, als cache86, ist nur ein beweglicher Ausschnitt aus einem größeren Raum, der aus dem Off heraus im Prinzip jederzeit ins Sichtbare treten kann. Und wir als Zuschauer können jederzeit aktiv vorausahnen, was gleich in die Sichtbarkeit treten wird. Je wahrscheinlicher unsere Ahnung desto realistischer der Film87: Der Realismus des Films ist für Bazin zentral ein ,,Realismus des Raums"88. Die Plansequenz als tätiges Durchtasten eines `vorgängig' existierenden, räumlich-zeitlich homogenen, quasi-theatralen Raums89, in welchem sich die Handelnden im Prinzip unabhängig von der Kamera bewegen könnten, entspricht unserer Aktivität der Durchforschung90 der Wirklichkeit, denn ,,[d]ie Kamera ist schließlich nichts anderes als ein Zuschauer"91. Hier zeigt sich ein weiterer Punkt, in dem Marker und Bazin sich berühren: Die Ablehnung eines radikal subjektiven Films, wie er erstmals und einzig mit The Lady in the Lake (USA 1946, Richard Montgomery) realisiert wurde. Diesem - wie Bazin sagt - ,,geradezu kindische[n]"92 Versuch hält auch Marker entgegen, daß vielmehr die sorgfältige Beobachtung bspw. eines Gesichts in einer ,,gute[n], alte[n] Großaufnahme"93 sehr viel mehr über die subjektiven Zustände der Protagonisten aussagt. Die Kamera nimmt so den ,,Blickpunkt des Zeugen"94 ein.

Aber Markers Kritik an der angeblichen Passivität des Kino-Zuschauers geht noch weiter: Er zeigt, daß man denselben Vorwurf gegen das Theater erheben könnte, und zwar von Seiten des Romans aus, der ja - da noch unanschaulicher - noch mehr imaginative Leistungen verlange95. Diese Linie zeichnet Marker nun - über das Gedicht und die Musik hinweg - fort, um an der Konsequenz dieser Argumentation anzugelangen, nämlich, daß die höchste, vollständigste und freieste Imagination des Zuschauers erreicht wäre, wenn der Rezipient nur noch dem ,,Schweigen"96, einer absoluten Leere gegenüberstünde: ,,Am Ende mündet diese idealistische Erwägung in den Begriff der totalen und prä-existenten Kenntnis des Zuschauers, die nur einer diskreten Maieutik bedarf, um offenbart zu sehen, `was sie von Ewigkeit weiß'"97. Seine Kritik an einem letztlich platonischen Modell der Bedeutungsbildung, in welchem der ideale Sinn seiner materiellen Konstitution vorausgeht, kulminiert in der Aussage, daß sich in diesem Fall die ,,Welt des Dramas von Beginn am im Besitz des Zuschauers" befindet. Mithin liegt der traditionellen Theorie der Imaginations-Freiheit, der ,,Welt des Bewußtseins", in Wirklichkeit ein radikal passives, anamnesisches, Modell des Zuschauers zugrunde. Das ,,ursprüngliche Bewußtsein" - des Menschen, der quasi-monadisch nur ,,ist" - enthält also potentiell alle Imaginationen bereits und muß sie nur noch, je nach Maßgabe der ihm durch die mediale Präsentation gelassenen Freiheit, wie eine ,,Drüse" als ,,Ausscheidung des Geistes" aktualisieren.
Dementgegen steht die ,,ursprüngliche Leere" jenes Zuschauers, der in einem unabschließbaren Werden das Drama stets neu ,,bis in die kleinste Einzelheit [..] erobert". In dieser ,,Welt der Aktion" findet eine ständige ,,Anpassung des inneren Auges an gegebene Gegenstände" statt. Diese ,,Anpassung" ist jedoch nicht passiv - da sie eine Anpassung an ,,fremde und, in gewissem Sinne, unvorstellbare" Gegenstände ist, befindet sich der Zuschauer in einem permanenten Prozeß der Selbstüberschreitung und -überschreibung. Dieser Zuschauer ist der Mensch, ,,der sich schafft". Diese überraschende Ver-wendung der Opposition aktiv : passiv führt Marker zu der konzisen Feststellung, daß hier ,,die Funktion der Einbildungskraft ihren Sinn" wechselt. In diesem Sinne ist es auch nur folgerichtig, daß die ,,Wirklichkeit mehr überrascht als die Phantasie", ist `Wirklichkeit' doch hier verstanden als ein Außen, eine Andersheit, die immer wieder irritierend in das Bewußtsein einfällt und eine Verschiebung dessen Struktur erzwingt, während die Phantasie der Bereich des deja vu, deja lu ist, in welchem zwar bereits Bekanntes permutiert und rekombiniert wird, der aber nie eine radikale Öffnung ermöglicht. Folglich kann die ,,[f]ördernste Funktion des Schauspiels" nur die ,,Neuerfindung" - nicht Ab-bildung - von Wirklichkeit sein, verstanden als ,,Konstruktion des Zufälligen", als einer kontingenten98 Andersheit, die zur aktiven Selbst-veränderung nötigt99. Die paradox anmutende Wendung von der `Konstruktion des Zufälligen' stößt uns auf einen weiteren Punkt, an welchem Bazin und Marker sich treffen können: Auch für Bazin, der sich natürlich wohlbewußt war, daß Realismus nicht Ab-spiegelung des Wirklichen heißen kann, da eine solche Abspiegelung ob der Fülle des Realen sowieso unmöglich wäre, konnte Realismus nur als ästhetische ,,Neuerfindung" möglich werden. Für Bazin steht fest, daß es ,,keinen `Realismus' in der Kunst geben kann, der nicht zuallererst und zutiefst `ästhetisch' ist"100. Daher die bereits erwähnte ,,Theatralitäts[..]funktion"101 der Tiefenschärfe. Da der durch die Tiefenschärfe und die Plansequenz erschlossene Raum als ein homogener, eben quasi-theatraler Raum in der ,,Bildeinheit in Zeit und Raum"102 verstanden werden muß, obliegt es dem Regisseur durch die Anordnung eines ,,dramatische[n] Schachbrett[s]"103 diese Einheit in der Tiefe zu konstruieren. Der filmische Realismus leugnet nicht die Montage. Er integriert sie ,,dialektisch" als ,,innere Montage" in die Einstellung: ,,Die Placierung eines Gegenstandes und seine Beziehung zu den Personen ist so, daß dem Zuschauer dessen Bedeutung nicht entgehen kann"104.
Nach diesen Überlegungen ist die einzig mögliche Schlußfolgerung, nicht nur für Bazin, sondern auch für Marker: ,,Deshalb wirken die verschiedenen realistischen Vermögen des Films: Bild, Farbe, Relief eher auf eine Steigerung der Aktivität des Zuschauers hin"105. Zwar deckt sich diese These mit der Bazins, daß der gesteigerte Realismus der Tiefenschärfe (und des Tons) dem Zuschauer mehr Aktivität einräume, jedoch ist Marker in dem ganzen diskutierten Passus radikaler als Bazin. Während Bazin eher anstrebt, den Unterschied zwischen Theater und Film zu nivellieren106, indem er darauf hinweist, daß auch Filme Inszenierungsstrategien besitzen um die Aktivität zu fördern, ähnlich wie er das bereits bei seiner Kritik des Vorteils der leibhaftigen Präsenz des Schauspielers im Theater getan hat, kehrt Marker die Hierarchie um und betont mit seiner Kritik am Modell der Sinnbildung, daß der Film um so mehr Aktivität fordere, je realistischer er sei.
Der skizzierte Streit darüber ,,ob man die Einbildungskraft als Drüse oder als Auge"107 nimmt, hat nach Marker den ,,Verdienst, die fundamentale Doppelnatur des Films und die Imperative, auf die er sich in Ermangelung von Gesetzen gründet, recht ins Licht zu setzen". Er betont nun, daß das Feld ,,Film" selbst heterogen ist und zwar sowohl in der ,,Durchführung" als auch im Bereich der über dem Film zirkulierenden ,,Studie[n], [...] Untersuchungsmethode[n], [...] Forschung[en]": ,,Unverfrorenster Empirismus herrscht noch in seinem Studium wie in seinem Schaffen". Dies bedeutet, daß eine Fülle heterogener Praktiken und Diskurse das Gebiet ,,Film" ausmachen, daß er durchsetzt ist mit ,,theatralischen", ,,malerischen"108 usw. Zonen, und daß ständige Kämpfe um seine Definition toben109. Die ,,Schaffenden lassen als Vermächtnis eine gewisse Zahl von Tricks und Rezepten zurück, die wie eine Grammatik aufgenommen werden und in Wirklichkeit noch nicht einmal eine Orthografie sind". So betrachtet gäbe es keine wesentliche Filmsprache, wie ja vielleicht auch das Scheitern der späteren, semiotischen Versuche in der Filmtheorie nahelegt110. ,,Paradox genug, eine autonome Kunst wie die Malerei gibt das Beispiel der Freiheit, während man im Film Terror und Purismus herrschen lassen will."111. Die Freiheit, von der er hier spricht, kann im Rahmen unserer Überlegungen als Freiheit vom Terror des Purismus, von den normativen Setzungen ontologischer Medientheorien verstanden werden. Er betont, ,,daß der Begriff der Freiheit nur verstanden werden kann, wenn man vorher die Grenzen der Freiheit festsetzt"112, d.h. jede geforderte Beschränkung eines Mediums auf sein ,,eigentliches" Terrain fordert die Überschreitung heraus. Die Geschichte der Malerei, die in der Phase ihrer sog. ,,Autonomie" im 20. Jhd, auch als Geschichte der permanenten Revolution gegen Medienspezifiken verstanden werden kann, dient Marker hier als Vor-Bild des Filmes. Im übrigen besteht auch hier eine Nähe zu Bazin, der immer wieder hervorhebt, daß die Erfindung der Fotografie die Malerei von ihrem ,,Ähnlichkeitswahn"113, von dem ,,was für sie ästhetisch am unwesentlichsten war"114 befreit habe. Wenn die Malerei nun von dem, was für sie am `unwesentlichsten' war befreit worden ist, legt dies den Schluß nahe, daß sie jetzt ihr `wesentlichstes' gefunden habe. Das entspricht dem Zeitgeist der fünfziger Jahre und so gesehen ist Markers Vergleich gerade zu der Zeit, als er ihn benutzte115, zweischneidig, insofern noch in den fünfziger Jahren sehr wohl ,,Terror und Purismus" im Sektor der Malerei herrschten. Clement Greenberg, überzeugt davon, ,,daß der Kompetenzbereich, der für jede Kunst einmalig und eigentümlich ist, sich mit dem deckte, was einmalig für die Natur ihres Mediums war"116, erhob mit seinem `neuen Laokoon'117 die flatness zum `reinen' Wesen der Malerei und daher war zu dieser Zeit so gut wie nichts außer Abstraktem Expressionismus als Malerei tolerabel: Unvermeidlich erhoben sich dagegen in den Sechzigern neue Strömungen wie die Pop Art oder der Nouveaux Realisme.
Man wird auch bemerken, daß sich bei Bazin erneut eine seltsame Spannung auftut. Der Eingriff eines fremden Mediums - der Fotografie - befreit die Malerei erst zu sich selbst. Einerseits kann hier das beobachtet werden, was wir weiter oben schon unter dem Stichwort der Transmedialität diskutiert hatten. Die Fotografie tritt auf, `übernimmt' ein Verfahren der Malerei, die naturalistische Darstellung des Sichtbaren, bspw. gemäß der zentralperspektivischen Verkürzung, und nimmt damit der Malerei, was bis zu diesem Zeitpunkt für sie spezifisch war. Deswegen ist es eigentlich unpräzise, wenn Bazin sagt, daß die ,,Ähnlichkeit und die Anekdote" bis dahin für die Malerei am unwesentlichsten waren: Sie waren genau am wesentlichsten, bspw. im Vergleich mit der Literatur und sind nur dadurch erst unwesentlich geworden, daß die Fotografie dieses Monopol der Malerei auf Ähnlichkeit gebrochen hat118. Jedoch warum enthüllt dieser Verzicht auf Ähnlichkeit nun das `eigentliche Wesen' der Malerei? Müsste man nicht sagen, daß die Malerei nun einfach anders geworden ist, statt eigentlicher? Uns will scheinen, daß der tiefere Grund dafür oben bereits angesprochen wurde: Da Bazin trotz der Einsicht in die wechselseitige, relationale Bezogenheit der Medien die Annahme eines photo-ontologischen Realismus nicht relativieren will, muß er implizieren, daß die anderen Medien gerade in diesem Punkt essentiell verschieden sind von den photographischen Medien: Folglich muß die ,,Ähnlichkeit" ein der Malerei un-wesentlicher Zusatz sein (und muß es - dem ,,Wesen" der Malerei gemäß - auch schon immer gewesen sein). Nur konsequent, wenn Bazin auch an dieser Stelle erneut die Dialektik bemüht, um die Spannung zwischen Relationalität und Essentialität aufzulösen: ,,Mit der Fotografie konfrontiert haben sie [die Maler, J.S.] sich zu ihr auf die einzig mögliche Weise in Widerspruch gestellt: durch die dialektische Bereicherung ihrer Bildtechniken"119.

Kurzum: Es scheint einen zentralen Unterschied zwischen Bazin und Marker zu geben, dahingehend daß Bazin trotz der Einsicht in die ,,ursprüngliche Polyvalenz"120, d.i. der irreduziblen Verflochtenheit verschiedener Medien dennoch an essentiellen Wesenbestimmungen dieser Medien, insbesondere dem photo-ontologischen Realismus des Films festhalten will. In den frühen Texten Markers hingegen ist, trotz großer Nähe zu Bazin in vielen Punkten, kein direkter Hinweis auf einen solchen Photo-Realismus zu finden. Dies erklärt vielleicht, warum Marker in seinem Werk sich nicht nur dem Film, sondern in aller ,,Freiheit"121 auch der Literatur, dem Video und den Computer-Bildern zugewandt hat. Was haben La Jetée und Sans Soleil und Level 5 (1996), was haben Junkopia (1981), Le fonde de l'air est rouge (1977) und schließlich seine neue CD-Rom Immemory (1997) gemeinsam? Vielleicht das, von ,,Chris Marker" zu sein. Und vielleicht ist dieser Name auch ein Sammelname.

1 Chris Marker, ,,Der Film von Morgen" In: Film 56. Internationale Zeitschrift für Filmkunst und Gesellschaft, Heft 2, Februar 1956, S. 67 (= FvM).

2 Chris Marker, ,,Der Trickfilm" In: DOK 50, Sondernummer ,,Film und Kultur", Stuttgart 1950, S. 75/76.

3 Chris Marker, ,,Aus dem Bereich des Amateurfilms" In: DOK 50, Sondernummer ,,Film und Kultur", Stuttgart 1950, S. 64.

4 Chris Marker, ,,Der subjektive Film" In: DOK 50, Sondernummer ,,Film und Kultur", Stuttgart 1950, S. 67/68.

5 Marker, FvM, a.a.O., S. 67.

6 Vgl. auch hier schon André Bazin, ,,Für ein unreines Kino. Plädoyer für die Adaption" [?]. In: ders., Was ist Kino? Hrsg. von Harun Farocki et al., Köln: Dumont 1975, S. 45-67 (= UK), S. 65 zur ,,Vergänglichkeit" des Kinos.

7 André Bazin, ,,Ontologie des photographischen Bildes" [1945]. In: ders., Was ist Kino? Hrsg. von Harun Farocki et al., Köln: Dumont 1975, S. 21-27 (= O). Im Haupttext sind die Seitenzahlen in Klammern angegeben.

8 Vgl. dazu David Brubaker, ,,André Bazin on Automatically Made Images". In: The Journal of aesthetics and Art Criticism, Vol. 51, No. 1, Winter 1993, S. 59-67.

9 Vgl. Gilles Deleuze, Das Zeit-Bild. Kino 2. Frankfurt a.M.: Suhrkamp, S. 385.

10 Hans Belting, Bild und Kult. Eine Geschichte des Bildes vor dem Zeitalter der Kunst. München: Beck 1993, S. 66. Nur am Rande sei erwähnt, daß sich die Spur einer theologischen Konzeption auch in Roland Barthes' Die Helle Kammer. Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1989, wiederfindet: ,,Stets versetzt mich die PHOTOGRAPHIE in Erstaunen, und dieses Erstaunen hält an und erneuert sich unaufhörlich. Vielleicht reicht dieses Erstaunen tief in die religiöse Substanz, aus der ich geformt bin; wie man es auch dreht und wendet: die PHOTOGRAPHIE hat etwas mit Auferstehung zu tun: kann man von ihr nicht dasselbe sagen, was die Byzantiner vom Antlitz Christi sagten, das sich auf dem Schweißtuch der Veronika abgedrückt hat, nämlich daß sie nicht von Menschenhand geschaffen sei, acheiropoietos ?" (92). Gertrud Koch, ,,Das Bild als Schrift der Vergangenheit", In: Kunstforum Bd. 128, 1994, S. 195, bemerkt, daß Barthes mit ,,[...] mit André Bazin [...] die religiös gefaßte Theorie vom photographischen Bild als Reliquie [teilt]. [...] Es scheint, als haben der junge Bazin und der alte Barthes aus derselben `religiösen Substanz' geschöpft. [...] Was Bazin und Barthes im Auge haben, ist eine Begründung des ontologischen Realismus im Glauben".

11 Vgl. Paul Virilio, Die Sehmaschine, Berlin, Merve 1989, S. 58: ,,Die Welt, die wie ein unbekannter Kontinent `wiederentdeckt' wurde, erschien endlich in ihrer `ganzen Wahrheit'".

12 André Bazin, ,,Theater und Kino" [1951]. In: ders., Was ist Kino? Hrsg. von Harun Farocki et al., Köln: Dumont 1975, S. 68-110 (= TuK), S. 76.

13 Vgl. André Bazin, ,,Le mythe du cinéma total" [1946]. In: ders., Qu'est-ce que le cinéma?. Bd 1: Ontologie et Langage. Paris: Éditions du Cerf 1958, S. 21-27.

14 Vgl. Sergej M. Eisenstein/Wsewolod I. Pudowkin/Grigorij W. Alexandrow, ,,Manifest zum Tonfilm". In: Franz-Josef Albersmeier (Hrsg.) Texte zur Theorie des Films, Reclam: Stuttgart 1990, S. 45; Bazin, TuK, a.a.O., S. 70: ,,Das verfilmte Theater aber entstand nicht gleichzeitig mit dem Tonfilm" und UK, a.a.O., S. 50: ,,Der Ton bezeichnet nicht die Schwelle zu einem verlorenen Paradies [...]".

15 André Bazin, ,,Die Entwicklung der kinematographischen Sprache" (=E) [1950; 1952; 1955]. In, ders., Was ist Kino? Hrsg. von Harun Farocki et al., Köln: Dumont 1975, S. 35.

16 Marker, FvM, a.a.O., S. 71.

17 Bazin, E, a.a.O, S. 37.

18 Ebd.

19 Marker, FvM, a.a.O., S. 67.

20 Zum Zirkus, vgl. Bazin, UK, a.a.O., S. 48.

21 Marker, FvM, a.a.O., S. 71.

22 Bazin, UK, a.a.O., S. 47/48.

23 Marker, FvM, a.a.O., S. 67.

24 Bazin, UK, a.a.O., S. 61.

25 Marker, FvM, a.a.O., S. 67.

26 Bazin, UK, a.a.O., S. 46.

27 Marker, FvM, a.a.O., S. 68.

28 Bazin, TuK, a.a.O., S. 102.

29 Bazin, UK, a.a.O., S. 61.

30 Bazin, UK, a.a.O., S. 57.

31 Bazin, TuK, a.a.O., S. 75, 76, 95.

32 Ebd., S. 70.

33 Ebd., S. 81.

34 Ebd., S. 85. Vgl. Deleuze, a.a.O., S. 115.

35 Ebd., S. 77.

36 André Bazin, ,,Painting and Cinema" (=P&C) [?]. In: ders., What is Cinema? Hrsg. von Hugh Gray, Vol. 1, Berkeley: Univ. of California Press, 1967, S. 169.

37 Bazin, TuK, a.a.O., S. 86. Vgl. auch Barthes, a.a.O., S. 55: ,,[...] [I]st dies nicht der einzige Beweis ihrer [der Photographie, J.S.] Kunst? Sich als Medium aufzuheben, nicht mehr Zeichen, sondern die Sache selbst zu sein?".

38 Bazin, TuK, a.a.O., S. 87.

39 Ebd.

40 Marker, FvM, a.a.O., S. 71.

41 Bazin, UK, a.a.O., S. 59. Hervorhebungen, J.S.

42 Ebd., S. 53.

43 Ebd.

44 Marker, FvM, a.a.O., S. 68.

45 Damit greife ich auf eine Formulierung von Lars-Henrik Gass ,,Bewegte Stillstellung unmöglicher Körper. Über `Photographie' und `Film'" In: Montage/AV, 2.2, 1993, S. 69/70, zurück. In seiner Diskussion der Beziehung zwischen Photographie und Film bemerkt er zu Beginn, gleichsam als methodische These: ,,So müßte fortan nicht mehr von zwei definierbaren Seinsweisen - hier Photographie, dort Film - mit gemeinsamer ontologischer Referenz gesprochen werden; vielmehr kämen auf einer gleichsam transmedialen Ebene ästhetische Nahverhältnisse zustande, in denen z.B. ein Film einer musikalischen Komposition weitaus näher erscheinen könnte als einem anderen Film und eine Photographie einem Gemälde näher als einer anderen Photographie. [...] Abstrahierbare mediale Apriori, allgemeine Unterscheidungen zwischen `Photographie', `Film', `Theater', `Malerei', `Literatur' usw. werden somit im Gebrauch ästhetischer Mittel als aufhebbar gedacht.". Vgl. dazu auch Jacques Aumont, ,,Projektor und Pinsel. Zum Verhältnis von Malerei und Film", in: Montage/AV, 1.1, 1992, S. 77-89.

46 Jürgen E. Müller, Intermedialität. Formen moderner kultureller Kommunikation, Münster: Nodus 1996, S. 82.

47 Bazin, TuK, a.a.O., S. 68.

48 Bazin, UK, a.a.O., S. 49.

49 Bazin, TuK, a.a.O, S. 68

50 Bazin, UK, a.a.O., S. 46-48.

51 Boris Eichenbaum, ,,Probleme der Filmstilistik" In: Wolfgang Beilenhoff (Hrsg.), Poetik des Films. Deutsche Erstausgabe der filmtheoretischen Texte der russischen Formalisten mit einem Nachwort und Anmerkungen, München: Fink 1974, S. 24.

52 Marker, FvM, a.a.O., S. 71.

53 Friedrich Kittler, ,,Geschichte der Kommunikationsmedien" In: Jörg Huber/Alois Müller (Hrsg.) Raum und Verfahren. Basel: Stroemfeld/Roter Stern 1993, S. 188.

54 Marker, FvM, a.a.O., S. 68.

55 Vgl. Deleuze, a.a.O., S. 385.

56 Diese Spannung machte sich schon in der ,,Ontologie des photographischen Bildes" breit, wo Bazin im Anschluß an seine ontologische Anbindung des Films an die Fotografie konstatiert: ,,Andererseits ist der Film eine Sprache" (Bazin, O, a.a.O., S. 27).

57 Bazin, UK, a.a.O, S. 50.

58 Bazin, TuK, a.a.O., S. 96.

59 Ebd., S. 77.

60 Ebd., S. 104.

61 Bazin, UK, a.a.O., S. 67.

62 Marker, FvM, a.a.O., S. 68.

63 Vgl. schon B. Kazanskij, ,,Die Natur des Films" In: Wolfgang Beilenhoff, a.a.O., S. 80: ,,Und dem heutigen Zuschauer bringt das Opernglas, auch wenn es nicht vergrößert, den Schauspieler doch so nahe heran, daß die kleinsten Details seines Spiels völlig hinreichend hervorgehoben werden. Allerdings zerstört das Opernglas eigentlich den szenischen Eindruck [Hervorheb., J.S.], indem es mechanisch den Gesichtskreis verengt und ein Detail aus der Bühnenumgebung und dem Handlungsganzen isoliert."

64 Marker, FvM, a.a.O., S. 68.

65 Ebd., S. 71.

66 Ebd., S. 67.

67 Wolfgang Beilenhoff, ,,Licht - Bild - Gedächtnis" In: Anselm Haverkamp/Renate Lachmann, Gedächtniskunst. Raum - Bild - Schrift. Studien zur Mnemotechnik. Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1991, S. 453.

68 Vgl. Max Black, ,,Wie stellen Bilder dar?" In: In: ders./Ernst H. Gombrich/Julian Hochberg: Kunst, Wahrnehmung, Wirklichkeit. Frankfurt/M.: Suhrkamp 1977, S. 123.

69 Allerdings gilt dies natürlich nicht, insofern auch die nicht-belichteten Negative bei ihrer Umwandlung in Positive belichtet werden müssen. Von dieser zweiten Belichtung jedoch sprechen medienontologische Modelle der Photographie nie. Sie sprechen stets nur von der ersten Belichtung, die den indexikalischen Konnex des prä-photographischen Objekts an sein Bild bezeichnet. Diese ist im gegebenen Beispiel radikal aufgehoben.

70 Marker, FvM, a.a.O., S. 68.

71 Vgl. Jens Schröter, ,,Der Name der Fotografie" In: 703 Magazin, Nr. 2/1996, S. 32/33.

72 Raymond Bellour, ,,The Film Stilled", In: Camera Obscura, No. 24, 1990, S. 99. Auch für Bazin ist der Film ,,eine sich bewegende Mumie" (Bazin, O, a.a.O, S. 25). Daß La Jetée in Deleuze' sonst so ausführlichen Büchern über das Kino nicht vorkommt, mag ebenfalls hierauf zurückzuführen sein, begreift Deleuze doch gerade die ,,Bewegung" als ,,das Charakteristischste" (Deleuze, a.a.O., S. 43) des Kino-Bildes.

73 Zitiert in: Ebd., 100.

74 Roland Barthes, ,,Der dritte Sinn", In: ders., Der entgegenkommende und der stumpfe Sinn, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1990, S. 64-66.

75 Bellour, a.a.O, S. 100.

76 Marker, FvM, a.a.O., S. 67.

77 Bazin, TuK, a.a.O., S. 79/80.

78 Ebd., S. 80-85.

79 Ebd., S. 89.

80 Ebd.

81 Bazin, E, a.a.O., S. 43.

82 Ebd., S. 37.

83 Ebd., S. 30.

84 Ebd., S. 40

85 Ebd.

86 Bazin, TuK, a.a.O., S. 82; 94-96; Vgl. Bazin, P&C, a.a.O., S. 165.

87 Vgl. Edward Branigan ,,What is a Camera ?", in: Patricia Mellenkamp / Phillip Rosen (Hrsg.) Cinema Histories, Cinema Practices. Frederick, Md.: University Publications of America 1987, S. 98.

88 Bazin, TuK, a.a.O., S. 100.

89 Vgl. Deleuze, a.a.O., S. 145.

90 Vgl. Ebd., S. 141: ,,Die Zeit befreite sich damit aus ihrer Verankerung, beendete ihre Abhängigkeit von der Bewegung, während die Zeitlichkeit sich zum ersten Mal selbst zeigte, und zwar in der Form der Koexistenz großer zu erforschender Regionen"

91 Bazin, TuK, a.a.O., S. 83. Zum Anthropomorphismus der Kamera bei Bazin, vgl. Branigan, a.a.O., S. 92.

92 Ebd.

93 Marker, Der subjektive Film, a.a.O., S. 67.

94 Bazin, TuK, a.a.O., S. 83.

95 Auch Bazin bezieht Stellung zum Roman, vgl. Ebd., S. 89.

96 Marker, FvM, a.a.O., S. 69/70.

97 Ebd., S. 69. Alle folgenden Zitate im Haupttext sind - falls nicht anders angegeben - von derselben Seite.

98 Vgl. David Wellbery, ,,Die Äußerlichkeit der Schrift", in: H.U. Gumbrecht/K.L. Pfeiffer, Schrift, München: Fink 1993, S. 337-348. Wellbery weist auf die Bedeutung der Kontingenz für den gesamten Sektor des Ästhetischen hin.

99 Kaja Silverman, The Threshold of the Visible World, New York: Routledge 1996, S. 185 bemerkt über Sans Soleil: ,,It would, in short, introduce the `not me' into my memory reserve"

100 André Bazin, ,,Der kinematografische Realismus und die Schule der Befreiung" In: ders., Was ist Kino? Hrsg. von Harun Farocki et al., Köln: Dumont 1975, S. 140. Übrigens ist Bazins `Ästhetizismus' von der leninistisch-stalinistischen Linken scharf attackiert worden. Marker hat Bazin gegen diese Angriffe verteidigt. Vgl. Dudley Andrew, André Bazin, New York/Oxford: Columbia University Press/Morningside Edition 1990, S. 137.

101 Deleuze, a.a.O., S. 145.

102 Bazin, E, a.a.O., S. 37.

103 Ebd. Das Schachbrett verweist auf eine beliebte Form der Demonstration perspektivischer Tiefe - sei es als Kassettendecke in zahlreichen Gemälden oder buchstäblich als Schachbrettmusterung der Bühne im Theater des Barock.

104 Ebd.

105 Marker, FvM, a.a.O., S. 69.

106 Bazin, TuK, a.a.O., S. 89: ,,Das Theater und der Film wären dann nicht mehr durch einen unüberschreitbaren ästhetischen Graben getrennt [...]"

107 Marker, FvM, a.a.O., S. 70. Alle folgenden Zitate im Haupttext sind - falls nicht anders angegeben - von derselben Seite.

108 Vgl. hierzu Markers Aufsatz über den Trickfilm (1950a).

109 Vgl. Bazin, UK, a.a.O, S. 52: ,,Was verstehen wir im Zusammenhang mit dem uns hier interessierenden Problemkreis tatsächlich unter `Film'?".

110 Vgl. dazu Deleuze, a.a.O., S. 41-63.

111 Marker, FvM, a.a.O., S. 71.

112 Marker, Der Trickfilm, a.a.O., S. 75.

113 Bazin, O, a.a.O., S. 23.

114 Bazin, TuK, a.a.O., S. 106.

115 1956 war just das Jahr, in dem Jackson Pollock starb.

116 Zitiert in: Thierry de Duve, Kant nach Duchamp, München: Boer 1993, S. 204.

117 Greenbergs Benennung einer seiner Aufsätze: ,,Towards a newer Laocoon" (vgl. De Duve, a.a.O., S. 205; allgemein dazu S. 193-228), läßt auf die Wahlverwandtschaft mit Lessings Laokoon, vielleicht dem Urvater aller Medien-Spezifitäts-Theorien, schließen.

118 Womit wir nicht unterstellen wollen, daß sich die Malerei darauf reduzieren ließe. Welche Verschiebung auf diesem Feld die Fotografie bedeutet, ermisst sich daran, daß das ganze Feld der Portraitierung und ihrer sozio-ökonomischen Funktionen nach der Erfindung der Fotografie von ihr übernommen wurde. Vgl. John Tagg, ,,A Democracy of the Image: Photographic Portraiture and Commodity Production" In: ders., The Burden of Representation. Essays on Photographies and Histories. Houndmills u.a.: The MacMillan Press 1988, S. 34-59.

119 Bazin, TuK, a.a.O., S. 106.

120 Bazin, UK, a.a.O, S. 50.

121 Marker, FvM, a.a.O., S. 71.